Ferkel wollen ihre Umgebung erkunden. Sie brauchen Platz und Beschäftigung. Eine zweite Ebene kann die Lösung sein.
Dr. Michaela Fels, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
Konventionelle Buchten für Aufzuchtferkel sind häufig wenig strukturiert. Sie bieten nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Erkundung und Beschäftigung. Das Flächenangebot ist zudem oft begrenzt. Dies kann das Wohlbefinden der Tiere mindern und zum Auftreten von Verhaltensstörungen führen.
Vor diesem Hintergrund ist eine Weiterentwicklung der Buchten für abgesetzte Ferkel erforderlich. Dabei ist gerade unter dem Gesichtspunkt der Vorbeuge von Verhaltensstörungen wie Schwanzbeißen die Anreicherung und Strukturierung der Haltungsumwelt entscheidend. Hier müssen neue Ansätze erprobt werden.
Zweite Ebene schafft Platz
Am Lehr- und Forschungsgut Ruthe der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover sollte ein praxistaugliches Haltungssystem entwickelt werden, das im bestehenden Betrieb umgesetzt werden kann. Das Ziel war, zum einen das Platzangebot zu erhöhen, zum anderen einen speziellen Beschäftigungsbereich einzurichten.
So entstand die Idee der zweiten Ebene, die in zwei bestehenden Abteilen eingebaut wurde. Diese erreichten die Tiere über eine Rampe mit einem Steigungswinkel von 22°. Die Ebene befand sich 60 cm über dem Boden. Seitlich begrenzt wurde sie durch 76 cm hohe Wandelemente.
Auf der erhöhten Ebene wurden acht verschiedene Beschäftigungsmaterialien angeboten, die größtenteils mit organischen Materialien wie Stroh, Zuckerrübenschnitzeln oder gepresster Melasse befüllt wurden. Darunter befanden sich u.a. eine Spielschiene mit Drehelement, ein hängender Kanister mit seitlichen Löchern, eine Beißwurst aus Feuerwehrschlauch sowie ein Kettenkreuz mit Kauelementen.
Durch den Einbau der erhöhten Ebene und der Einbeziehung des Bediengangs stieg das Flächenangebot von ursprünglich 0,3 auf 0,6 m2 pro Tier inklusive Rampenfläche. Die zur Verfügung stehende Fläche war aufgrund des Einbeziehens des ehemaligen Bedienganges allerdings nur zum Teil perforiert (siehe Übersicht 1).
Attraktiver Spielplatz
Ob die Ferkel die zweite Ebene nutzen, sollte ein Versuch zeigen. Dieser umfasste sechs Durchgänge. Pro Durchgang wurden 40 Absatzferkel je Bucht im Alter von 35 Tagen eingestallt. Die Tiere blieben im Mittel 33 Tage in den Buchten, ehe sie an die Mastbetriebe verkauft wurden. Die täglichen Zunahmen der Ferkel lagen über die gesamte Aufzuchtphase bei 572 g und bewegten sich damit in der am Lehr- und Forschungsgut Ruthe üblichen Größenordnung.
Um die Attraktivität einzelner Buchtenbereiche zu bewerten, wurden die Ferkel im Abstand von sieben Tagen jeweils 48 Stunden gefilmt. Die Auswertung ergab, dass die Ferkel die erhöhte Ebene über die gesamte Haltungsperiode nutzten. Die meisten Tiere wurden mit einem Mittelwert von 7 Ferkeln am Nachmittag auf der erhöhten Ebene gezählt, während sich nachts kaum Tiere auf der Ebene befanden.
Die höchsten Tierzahlen wurden im Bereich unter der Ebene gezählt (siehe Übersicht 2). Dieser Bereich diente den Tieren zum Liegen und wurde vor allem nachts und am Vormittag von den Tieren genutzt. Da die Tiere dort zu den Ruhezeiten eng beieinanderlagen, versammelten sich hier viele Tiere auf kleiner Fläche.
Im Gegensatz dazu waren auf der Ebene als Aktivitäts- und Spielbereich geringere Tierzahlen zu erwarten – allerdings wurden auch hier Maxima von 20 Tieren erreicht, die sich zeitweise gleichzeitig auf der Ebene aufhielten.
Den Lauf- und Fressbereich nutzten die Tiere zu allen Beobachtungszeitpunkten in nahezu gleichem Maße. Die Nutzung der Flächen auf und unter der Ebene nahm bis zur fünften Woche geringfügig zugunsten des Lauf- und Fressbereichs ab. Das war vermutlich dadurch bedingt, dass mit zunehmendem Alter bzw. zunehmender Größe der Tiere weniger Ferkel gleichzeitig auf bzw. unter der Ebene Platz fanden.
Trittsichere Rampe
Verletzungen beim Auf- oder Abstieg traten zu keiner Zeit auf. Die Rampe aus Spaltenbodenelementen erwies sich bei dem gegebenen Steigungswinkel als trittsicher und wurde über die gesamte Haltungsdauer von den Tieren genutzt.
Bei der Untersuchung der Ferkel auf äußere Verletzungen wurden nach vorgegebenem Schema Boniturnoten vergeben. Für den Vergleich standen zwei Ferkelgruppen zur Verfügung, die in herkömmlichen Buchten untergebracht waren. Die Auswertungen zeigten hier keine Unterschiede zwischen Versuchs- und Kontrolltieren.
Regelmäßig wurde auch der Verschmutzungsgrad der Bucht erfasst. Im Laufe der ersten beiden Durchgänge verdreckten die Buchtenecken unter der Ebene zusehends. Auch auf der erhöhten Ebene wurde ein gesteigerter Verschmutzungsgrad beobachtet. Zusätzlich war der planbefestigte Boden im Bereich der Buchtenecken verschmutzt.
Hierauf wurde mit einer Auszäunung der Buchtenecken im planbefestigten Bereich reagiert sowie mit einem Befeuchten des gewünschten Kotplatzes im Laufbereich außerhalb der Ebene in den ersten Tagen nach der Einstallung. Durch diese Maßnahmen gelang es, dass die Ferkel den Kotplatz am gewünschten Ort anlegten. In den folgenden Durchgängen hielten die Tiere die Ebene weitestgehend sauber.
Keine dicke Luft
Hinsichtlich des Stallklimas zeigte der Einbau der erhöhten Ebene keine nachteiligen Auswirkungen. Der Stall verfügte über eine Unterdrucklüftung mit Zuluftöffnungen an der Stirnseite des Gebäudes. Die unter und auf der Ebene gemessenen Ammoniakwerte lagen während der gesamten Haltungsphase in allen Durchgängen unter dem Grenzwert von 2 ppm.
Die Luftgeschwindigkeiten waren sowohl in den Sommer- als auch in den Winterdurchgängen auf der Ebene geringfügig höher als in den übrigen Buchtenbereichen mit Maxima von 0,15 m/s.
Auch unter der Ebene war mit Luftgeschwindigkeiten von 0,07 m/s bis 0,1 m/s ein ausreichender Luftaustausch gegeben. Die Luftbewegung befand sich in dem für Jungtiere empfohlenen Bereich von etwa 0,1 m/s. Temperatur und Luftfeuchte unterschieden sich zwischen den Bereichen auf und unter der Ebene kaum. Hier wirkte sich sicherlich der Aufbau der Ebene aus Spaltenbodenelementen positiv aus, wodurch ein Luftaustausch zwischen den Bereichen auf und unter der Ebene gegeben war.
Fazit
In zwei Ferkelabteilen wurde eine erhöhte Ebene eingebaut. Dadurch konnte das Platzangebot für die Ferkel bei gleicher Grundfläche vergrößert werden. Auf dem Plateau wurden Beschäftigungsmaterialien angeboten.
Die Ferkel nahmen die erhöhte Ebene als Beschäftigungsbereich insbesondere nachmittags gern an und hielten diese weitgehend sauber. Der Bereich unter der Ebene diente vorwiegend als Ruhebereich und wurde demnach vorzugsweise in der Nacht frequentiert.
Die biologischen Leistungen, das Auftreten von Hautläsionen sowie das Stallklima wurden durch den Einbau der zweiten Ebene nicht negativ beeinflusst.