In der Diskussion um mehr Tierwohl kommt immer wieder der verstärkte Einsatz von Stroh und vergleichbaren Materialien auf den Tisch. Vonseiten der Tierschützer wird der Stroheinsatz mit drei Vorteilen verbunden: Doch es gab gute Gründe, das Stroh aus den Schweineställen zu verbannen. Dieses sind nicht nur die technischen Probleme beim Einsatz von Stroh in Verbindung mit Güllesystemen. Vielmehr sind auch die negativen hygienischen Aspekte wie erhöhte Toxin- oder auch die Staub-, Ammoniak- und Fliegenbelastung und deren Nachteile für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere sind wegzudiskutieren. Letztlich wird der Einsatz davon abhängen, wie gut die Praktiker das Stroh in ihre Arbeitsabläufe integrieren und hygienische Risiken handhaben können. Um dies besser beurteilen zu können, hat die ISN einen Fragebogen zum Einsatz von Stroh und anderen organischen Materialien an ihre Mitglieder gesandt. Aus den gut 30 Antworten lassen sich einige Ergebnisse festhalten: Die Befragung zeigt, dass beim Einsatz von organischem Material eine Menge Faktoren zu beachten sind. Bei richtiger Anwendung ist Stroh vom Grundsatz her in allen Stallbereichen denkbar. Wichtig sind aber der Einsatzzweck, die Mengen und die Bedingungen im Stall – vor allem das Güllesystem. Im Wartebereich ist organisches Material insbesondere auch als Raufutter interessant, weil es zur Sättigung der Sauen beitragen kann. Im Abferkelbereich kommt die Befriedigung des Nestbautriebes hinzu. Insbesondere hier ist der Einsatz von Stroh allerdings meist schwierig und es sind alternative Varianten, wie beispielsweise Jutesäcke, vorzuziehen. Welche Strohmengen notwendig sind, hängt vom Einsatzzweck und den baulichen Gegebenheiten ab. Geht es nur um die Beschäftigung, reichen nach den Erfahrungen im Versuchs- und Bildungszentrum Haus Düsse zum Beispiel in der Mast etwa 15 g kurzgeschnittenes Stroh je Tier und Tag bei Gabe über den Düsser Wühlturm aus. Bei dieser Menge wird das Stroh meist komplett von den Tieren aufgenommen. Und der Spaltenboden bleibt weitgehend frei von Stroh. Die Güllesysteme z. B. mit Rohr- und Spülleitungen arbeiten bei diesen Einsatzmengen meist noch gut. In der Ferkelaufzucht sind die Einsatzmengen natürlich deutlich geringer. Bei den Sauen im Wartestall können Raufutter sehr gut – beispielsweise bis zu 100 g Heu je Tier und Tag – als Sattmacher eingesetzt werden. Ob das Stroh gehäckselt werden sollte, hängt vom Einsatzziel und von den Gegebenheiten im Stall ab. Stroh als Beschäftigungsmaterial muss nicht ge-häckselt werden. Die Handhabung ist dann jedoch einfacher als die von Langstroh. Geschnittenes Stroh mit etwa 5 cm Halmlänge ist nach den Erfahrungen in Haus Düsse für Funktionalität und Mengenverbrauch vorteilhaft. Auf der anderen Seite sind zu kurze Halme für die Schweine als Beschäftigungsmaterial nicht mehr so attraktiv wie Langstroh. Neben Stroh können zur Beschäftigung und als Raufutter auch Heu, Grassilage, Luzernestroh, Maissilage, getrocknete Rübenschnitzel und andere rohfaserreiche Futtermittel dienen. Diese sind in der Regel schmackhafter als Stroh und werden in größeren Mengen aufgenommen. Ob Raufutter eine Alternative sein können, ist einzelbetrieblich zu klären. Zum Beispiel ist zu prüfen, ob eine zweite Futterstelle benötigt wird bzw. wie das Material dosiert verabreicht werden kann. Wichtig ist zudem der Preis des organischen Materials und ob es zur unerwünschten Verdrängung der Hauptfuttermittel bzw. zur Senkung der Futteraufnahme kommt. Ein entscheidender Punkt ist weiterhin die Platzierung des Raufutter- bzw. Beschäftigungsmaterials in der Bucht. Denn hiervon hängt auch ab, wie gut die Tiere das Angebot annehmen. Geht es um die Beschäftigung der Tiere, sollte die Anordnung im Aktivitätsbereich sein. Optimal ist eine freistehende Aufstellung, um eine größtmögliche Zugänglichkeit zu erreichen. In Buchten mit weniger als 20 Tieren ist die Montage in einer Trennwand sinnvoller. Die Materialien sollten natürlich nicht direkt durch die Spalten fallen. Falls die Dosiertechnik diese Funktion noch nicht erfüllt, reicht oft schon eine kleine zusätzliche Bodenplatte aus. Wie viele Beschäftigungs- bzw. Futterstellen benötigt werden, hängt wieder vom Material und von der Dosiertechnik ab. Beispielsweise reicht ein Düsser Wühlturm für etwa 50 Tiere aus. Nicht zuletzt ist beim Einsatz von Stroh oder anderem organischen Material auf die Verträglichkeit mit dem Güllesystem zu achten. Denn insbesondere direkt unter den Automaten oder Raufen kann sich Stroh im Güllekanal ablagern und zu Verstopfungen führen. Güllesysteme mit Spülmöglichkeit sind daher sehr hilfreich. Hierzu zählen Spülleitungen, Mixer in Slalomsystemen oder Schiebersysteme. Die Erfahrungen zeigen, dass zu häufiges Ablassen der Gülle eher schädlich für die Funktionalität ist. Wird die Gülle abgelassen, ist darauf zu achten, dass keine Strohnester verbleiben. Sonst bildet sich hier schnell eine Brutstätte für Fliegen. Das Hygienerisiko der organischen Materialien ist ohnehin nicht zu unterschätzen. Insbesondere in der Sauenhaltung können Pilztoxine und ähnliche Gifte sehr schnell zu Problemen wie Umrauschern und Aborten führen. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass Materialien wie Stroh, Heu, Mais usw. hygienisch einwandfrei geerntet, gelagert und verabreicht werden. Auch was mögliche Schadstoffbelastungen angeht, ist Vorsicht geboten. Hier müssen die Schweinehalter in jedem Fall darauf achten, dass besonders Zukaufsmaterialien wie Torf, Jute usw. für die Verwendung im Stall geeignet sind. Zudem besteht noch Untersuchungsbedarf in puncto Krankheits- und Seuchenübertragung durch organische Materialien. Der Einsatz von Stroh und ähnlichem organischen Material ist auch in modernen Ställen mit Spaltenboden grundsätzlich machbar. Unverzichtbar ist aber, dass sich die Einsatzmengen exakt steuern und begrenzen lassen. Sonst drohen Verstopfungen im Güllesystem. Zudem muss das Material wie Stroh regional verfügbar und hygienisch sein. Auch darf es keine Schadstoffe enthalten. Umfrage zum Stroheinsatz Wie viel Stroh ist verträglich? Was leisten Heu, Gras & Co.? Vorsicht Verstopfungsgefahr Fazit Stroh dient als Beschäftigungsmaterial. Es kann helfen, Aggressionen und Kannibalismus vorzubeugen. Stroh dient als Raufutter. Aufgrund des hohen Rohfaseranteils kann es die Sättigung und Zufriedenheit fördern. Stroh fungiert als Einstreumaterial im Liegebereich. Es soll dazu beitragen, den Liegekomfort zu erhöhen. Nahezu alle Einsender setzen Stroh als organisches Material zumindest teilweise ein, vereinzelt auch Heu, Grassilage, Luzerne und andere Rohfaserträger. Die Ferkelerzeuger nutzen organisches Material im Wesentlichen im Wartestall, gefolgt vom Deckzentrum und der Ferkelaufzucht. Die Mäster setzen Stroh überwiegend nur als Beschäftigungsmaterial ein. Das organische Material stammt fast ausschließlich aus eigener Erzeugung. Es wird vorwiegend per Hand verteilt. Mit Ausnahme der Sinnesprüfung wird die hygienische Qualität des Materials so gut wie nie untersucht. Die Praktiker geben die Kosten für die Gabe in einer sehr weiten Spanne von wenigen Cent bis 5 € pro Schwein an. Als wichtigsten Vorteil sehen die Einsender die größere Ruhe der Tiere. Die am meisten genannten Nachteile sind Probleme mit dem Güllesystem. Weitere Mankos sind die Belastung mit Staub, Ammoniak und Fliegen. Etliche Einsender befürchten zudem Fruchtbarkeitsprobleme durch hygienische Mängel (Toxine) im Stroh. -Dr. Karl-Heinz Tölle, ISN-Projekt GmbH, Tobias Scholz, Landwirtschaftskammer NRW- Die Diskussion um mehr Tierwohl bringt Stroh wieder ins Gespräch. Doch funktioniert der Einsatz in modernen Ställen mit Spaltenboden überhaupt?