Bei Westfleisch in Coesfeld gewährleistet ein dichtes Netz aus Technik und Personal, dass jedes Tier sicher betäubt und schmerzlos getötet wird.
Um Schweinen unnötige Schmerzen zu ersparen, müssen sie in Deutschland vor dem Schlachten fachgerecht betäubt werden. Alle größeren Schlachthöfe setzen zu diesem Zweck auf die CO2-Betäubung per Back-Loader-Verfahren. Auch bei Westfleisch in Coesfeld ist eine solche Anlage bereits seit 2007 im Einsatz.
„Die Anlage funktioniert wie ein Paternoster, also ein Umlaufaufzug, mit sieben Transportgondeln“, erklärt Dr. Catharina Hölscher, tierärztliche Beraterin bei der Westfleisch. Mit jeder Gondel werden fünf bis sechs Mastschweine in einen Schacht mit Kohlendioxid abgesenkt. Das Gas ist schwerer als Luft. Nach kurzem Aufenthalt verlieren die Tiere das Bewusstsein. Die Gondel wird wieder hochgezogen, die betäubten Schweine auf einem Transportband abgelegt und dann der Tötung zugeführt.
Gruppenweise Betäubung
„Diese Methode hat den großen Vorteil, dass die Schweine gruppenweise betäubt werden können. Eine stressauslösende Vereinzelung der Tiere, wie sie bei anderen Verfahren üblich ist, findet nicht statt“, erklärt Dr. Hölscher.
Für die Betäubung müssen die Schweine laut Tierschutz-Schlachtverordnung einer Gasatmosphäre mit 80 Volumenprozent Kohlendioxid für mindestens 100 Sekunden ausgesetzt sein. Um auf Nummer sicher zu gehen, arbeitet Westfleisch mit einer deutlich höheren CO2-Konzentration sowie einer längeren Verweildauer in der Grube als gesetzlich vorgeschrieben ist. Zielwerte des Unternehmens sind mindestens 135 Sekunden bei 91 % CO2.
Gasregler und Sensoren prüfen an zwei Messpunkten kontinuierlich, ob die Gaskonzentration in der Grube hoch genug ist. Wird die Mindest-Gaskonzentration unterschritten, ertönt ein Alarm in Form eines Hupsignals. Solange das Problem nicht gelöst ist, können der Anlage keine weiteren Tiere zugeführt werden.
Entblutekontrolle per Infrarot
„Sobald die betäubten Schweine auf dem Transportband liegen, geht es zügig weiter. Denn die Betäubung ist reversibel und die Entblutung muss unmittelbar im Anschluss erfolgen“, berichtet Dr. Hölscher.
Zunächst schlingt ein Mitarbeiter dafür jedes Tier einzeln an einem Hinterbein kopfüber an der Rohrbahn auf, wobei er die Betäubung visuell kontrolliert. Nur wenn er keine Auffälligkeiten registriert, bekommt der nächste Mitarbeiter die Freigabe für die Entblutung. Dazu führt dieser ein Hohlmesser in die Halsschlagader des betäubten Schweines ein. Mit jedem Hohlmesser ist über einen Schlauch ein Stahlbecher verbunden, der das Schweineblut auffängt. Eine Infrarotkamera misst über die Erwärmung des Bechers, wie schnell und mit welcher Menge Blut sich dieser füllt.
Werden einem Schlachtschwein innerhalb von 10 Sekunden mindestens 2 Liter Blut entzogen, gilt es als tot. Wird diese Menge jedoch nicht erreicht oder die Zeit überschritten, bevor die Menge erreicht ist, wird das Schwein aus dem Schlachtprozess ausgesteuert. Der entsprechend geschulte und autorisierte Mitarbeiter überprüft dann sofort, woran es liegt und muss das Tier gegebenenfalls nachbetäuben und -stechen.
Als zusätzliche Sicherheit, dass das Schwein tot ist, dient eine Kamera, die jedes Tier auf dem Weg vom Stechkarussell zur Brühung filmt. Die Aufnahmen werden stichprobenartig überprüft. Dies ist der Nachweis dafür, dass die Schweine keine gerichteten Bewegungen mehr zeigen. Denn dies wäre ein Zeichen für noch vorhandenes Bewusstsein.
Interne und externe Audits
Westfleisch lässt sich freiwillig jährlich von dem anerkannten „Beratungs- und Schulungsinstitut für schonenden Umgang mit Zucht- und Schlachttieren“ (BSI) aus Schwarzenbek auditieren. Dabei überprüfen die Auditoren alle Stationen von der Anlieferung bis zur Entblutung hinsichtlich technischer Voraussetzungen sowie die Vorgehensweisen des Personals unter dem Aspekt Tierschutz.
Darüber hinaus sind nach Artikel 17 der neuen EU-Verordnung 1099/2009 seit 2013 in allen größeren Schlachtbetrieben sogenannte Tierschutzbeauftragte zu ernennen. Bei Westfleisch gibt es diese in allen Fleischcentern bereits seit mehr als zehn Jahren.
Die Tierschutzbeauftragte am Standort in Coesfeld ist Dora Schulze Weddeling. Ihre Aufgabe ist es, in internen Audits die Arbeitspraxis der Mitarbeiter, die technischen Gegebenheiten und die Behandlung der Schlachttiere bis zum Entbluten zu prüfen. „Ich bin dafür verantwortlich, dass das Eigenkontrollsystem funktioniert, sozusagen als Kontrolle der Kontrolle“, erklärt die junge Diplom-Agraringenieurin. Um im Falle tierschutzrelevanter Vorfälle das Einwirken anderer Mitarbeiter bzw. Hierarchie-Ebenen auszuschalten, ist sie direkt der Unternehmensleitung unterstellt.
Hohe Buchtenwände für Eber
Ein wichtiger Wirkungsbereich der Tierschutzbeauftragten ist auch der Wartestall. Auch hier muss sie alle Maßnahmen für mehr Tierschutz dokumentieren. Dies beinhaltet zum Beispiel regelmäßige Lautstärkemessungen. Für einen besseren Lärmschutz im Stall sorgen unter anderem spezielle, schwarze Styroporplatten, die senkrecht von der Decke hängen.
Seit in Coesfeld auch Masteber geschlachtet werden, hat Westfleisch den Wartebereich daran angepasst. „Weil die Eber im Allgemeinen agiler sind, haben wir ihre Buchten mit höheren Seitenwänden ausgestattet. Außerdem stallen wir sie getrennt von den Kastraten und weiblichen Tieren auf“, erläutert Schulze Wesseling.
Ist eine Gruppe sehr unruhig, gibt es die Möglichkeit, sie zur Beruhigung mit Wasser zu berieseln oder die Schlachtung vorzuziehen. Derzeit wird überprüft, ob auch der Einsatz von Lichtprogrammen sich positiv auf das Tierverhalten auswirkt und ob Strohpresslinge die Jungeber beschäftigen können.
Fazit
Bei Westfleisch in Coesfeld wird die korrekte und möglichst tierschonende Betäubung und Entblutung ständig durch ein dichtes Netz von Technik und Personal sichergestellt. Interne und externe Audits runden das Kontrollsystem ab.