Immer mehr Verbraucher achten auf die sensorische Beschaffenheit des Fleisches. Hierauf sollten zukünftige Verkaufsstrategien ausgerichtet werden. Der Inlandskonsum von Schweinefleisch ist leicht rückläufig. Dazu beigetragen haben unter anderem die vielfältigen Lebensmittelskandale, die das Vertrauen der Verbraucher in die Fleischprodukte stark geschwächt haben. Deshalb wird beim Fleischverkauf heute verstärkt auf Transparenz und zum Teil auch auf Regionalität geachtet. Gleichzeitig steigt der Anteil an Verbrauchern, die den Genusswert in den Vordergrund rücken. Das Stück Fleisch soll nicht nur appetitlich aussehen, sondern auch schmecken! Um dies sicherzustelen, ist der Fokus stärker auf die sensorische Beschaffenheit des Fleisches auszurichten. Bislang wird die Qualität der Schlachtkörper meist auf den Muskelfleischanteil des Schlachtkörpers reduziert. Die Fleischqualität als solche wird bei der Bezahlung nicht berücksichtigt. Sie wird neben dem Nähr- und Gebrauchswert auch über den Genusswert definiert. Der Genusswert wiederum wird über Parameter wie Aussehen, Konsistenz und schwer zu objektivierende Indikatoren wie Geschmack und Geruch des Fleisches bestimmt. Geschmack und Geruch werden auch als Aroma bezeichnet. So verbindet der Verbraucher mit der Farbe die Merkmale Frische und Geschmack. Farbveränderungen, wie beispielsweise bei extrem blassem oder auffallend dunklem Fleisch, verursachen ökonomische Verluste, die im Bereich der US-Fleischindustrie jährlich ca. eine Milliarde Dollar ausmachen. Informierte Verbraucher achten zusätzlich zur Farbe auf die Marmorierung des Fleisches. Denn die Aromastoffe sind fettlöslich, so dass der intramuskuläre Fettgehalt (IMF-Gehalt) Auswirkungen auf den Geschmack hat. Ab einem Wert von 2 bis 2,5 % IMF werden die Unterschiede spürbar. Neben dem Aussehen des Fleisches legt der Verbraucher großen Wert auf das Aroma. Die chemischen Prozesse bei der Entstehung des Aromas sind sehr komplex. Bisher wurden ca. 800 Substanzen bestimmt, die im Fleisch vorhanden sind und beim Erhitzen aktiviert werden können. Die Konsistenz des Fleisches stellt den dritten wichtigen Faktor der Sensorik dar. Häufig wird der Konsistenzbegriff mit physikalischen und sensorischen Bezeichnungen wie beispielsweise Druckfestigkeit, Härte, Elastizität und Zartheit in Verbindung gebracht. Die Zartheit ist Experten zu Folge dabei das wichtigste Merkmal beim Verzehr. Die Schweinehalter bzw. die -züchter waren bislang darauf bedacht, möglichst keine Tiere mit offensichtlichen Fleischfehlern bereitzustellen. Die wichtigsten Fleischqualitätsmängel sind in Übersicht 1 aufgeführt. Dazu zählen unter anderem PSE- und DFD-Fleisch. So ist das blasse PSE-Fleisch beispielsweise wenig geschmacksintensiv und zudem mikrobiologisch instabil. DFD-Fleisch hingegen ist trocken und dunkel. Auch ist bekannt, dass ein zu geringer IMF-Gehalt sowie ein zu hoher Gehalt ungesättigter Fettsäuren negative Auswirkungen auf den Geschmack haben können. Sollen die sensorischen Eigenschaften des Fleisches nachhaltig verbessert werden, müssten die Hebel vor allem in der Produktionsstufe angesetzt werden. Denn sowohl die eingesetzte Genetik als auch die Fütterung und das Management haben Einfluss: Zucht: Um PSE-Fleisch und hohe Tropfsaftverluste zu vermeiden, sind auf der Sauenseite stressstabile Linien einzusetzen. Auch wird seit einigen Jahren erfolgreich an reinerbig stressstabilen Piétrain-Varianten gearbeitet, die den stresslabilen Linien vorzuziehen sind. Werden Duroc-Eber angepaart, fallen bei den Endprodukten nachweislich höhere IMF-Gehalte an. Allerdings sind die Schlachtkörper in der Regel etwas stärker verfettet. Eine Optimierung des IMF-Gehaltes wird somit nur zu realisieren sein, wenn die Erlösminderung aufgrund geringerer Muskelfleischprozente ausgeglichen wird. Fütterung: Der IMF-Gehalt lässt sich auch durch spezielle Fütterungsverfahren positiv beeinflussen. So kommt es zu einer Steigerung, wenn in der Ration Sojaextraktionsschrot durch Süßlupinen ersetzt wird. Untersuchungen zeigen, dass eine verminderte Lysinzulage in der Ration sowie eine eiweißreduzierte Diät ohne den Zusatz von synthetischen Aminosäuren ebenfalls mit einem höheren IMF-Gehalt verbunden sind. Allerdings haben eiweißreduzierte Diäten negative Auswirkungen auf andere Kennzahlen, so dass ohne finanziellen Ausgleich die Verbesserung der Sensorik über die Fütterung wenig attraktiv ist. So muss mit geringeren täglichen Zunahmen und Muskelfleischanteilen, einem höheren Futterverbrauch und einer längeren Mastdauer gerechnet werden. Vergleichsweise einfach kann die Fettsäurenzusammensetzung des Fleisches über den Gehalt an Polyensäuren im Futter gesteuert werden. Auch eine über die Grundversorgung deutlich hinausgehende Vitamin-E-Zugabe reduziert unerwünschte Aromaabweichungen, indem die Oxidation von Phospholipiden und Triglyceriden sowie die Bildung von Oxidationsprodukten des Cholesterins unterbunden werden. Management: Mit zunehmender Mastdauer und höherem Schlachtgewicht steigen der IMF-Gehalt, der Tropfsaftverlust und die Leitfähigkeit des Fleisches. Das Fleisch wird dunkler und röter. Haltungssysteme hingegen haben nur geringe Auswirkungen. So ist es in Bezug auf PSE- und DFD-Bildung ohne Bedeutung, ob die Tiere im Stall oder auf der Wiese gehalten wurden. Zudem hat die Haltung der Tiere keine bzw. kaum Auswirkungen auf den IMF-Gehalt des Fleisches. Auch bei der Marmorierung konnten nur geringe Abweichungen zwischen Stall-, Freiland-, Spaltenboden- und Strohhaltung beobachtet werden. Bleibt festzuhalten: Über spezielle Maßnahmen in der Produktion lässt sich der Genusswert des Fleisches weiter optimieren, auch wenn Nachteile z.B. bei der Mastdauer oder dem Klassifizierungsergebnis in Kauf genommen werden müssen. Diese verbesserten Qualitäten der Produkte sind allerdings durch die gezielte Einbindung in das Marketing entsprechend auszuloben und an den Endverbraucher zu kommunizieren. Nur so wird der Kunde die bessere Qualität auch entsprechend honorieren. Dies findet bisher kaum statt. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Unternehmen der Fleischbranche zwar innerhalb ihres Produktions- und Verarbeitungsprozesses auf sensorische Prüfverfahren zurückgreifen. Allerdings dienen solche Maßnahmen vor allem der Sicherstellung der Produkt- und Prozessqualität und dem Ausschluss von sensorischen Fehlern. Auch zeichnet sich diese Form der „Haus-Sensorik“ durch einen geringen Grad an Professionalität aus. Sehr häufig entscheiden einzelne Mitarbeiter aus den Bereichen Qualitätssicherung und Produktentwicklung über die sensorische Qualität der Produkte. Dabei müsste man sich mehr an den Bedürfnissen der Verbraucher orientieren. So ist es sinnvoll, zusätzlich weitere sensorische Tests mit ungeschulten Konsumenten durchzuführen, die spontane Urteile über die Beliebtheit des Produktes abgeben. In dieser Hinsicht besteht erhöhter Nachholbedarf innerhalb der Branche. Damit hier Fortschritte erzielt werden, müsste der Bereich Sensorik als eigenständige Institution in die Unternehmen der Fleischbranche integriert werden. Dies ist durch den Aufbau einer hauseigenen Sensorik-Abteilung möglich. Alternativ ließe sich dieser Bereich an ein geeignetes Sensoriklabor als Dienstleister auslagern. Das Ziel ist die regelmäßige Verkostung und Bewertung der Produkte durch speziell geschultes Personal. Nur so lassen sich sensorische Profile für die Produkte erstellen, die dann mit denen der Konkurrenzprodukte verglichen werden könnten. Sensorische Eigenschaften des Fleisches wie Farbe, Aroma sowie Konsistenz sind ein wichtiger Bestandteil der Fleischqualität. Durch Managementmaßnahmen wie spezielle Fütterungsverfahren, Einsatz von ausgewählter Genetik und Mastdauer kann die Fleischsensorik optimiert werden. So lässt sich nicht nur das Image von Fleisch verbessern und der Fleischverbrauch stabilisieren, sondern zusätzlich ungenutzte Preispotenziale ausschöpfen. Dies setzt voraus, dass in den Fleisch verarbeitenden Betrieben dem Aspekt Sensorik mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird und die Auslobung des Genusswertes mit in das Marketing von Fleisch- und Wurstwaren einfließt. Lösungsansätze sind die Einrichtung einer Sensorik-Abteilung oder das Auslagern dieser Arbeit an ein externes Sensorik-Labor. Aussehen und Konsistenz sind Kaufkriterien Hebel für hohen Genuss Einflussfaktoren in der Mast Marketing anpassen Fazit -Antonia M. Riedl und Tim Obermowe, Georg-August-Universität Göttingen-