Formfleisch und so genannter geklebter Schinken stehen in der Kritik. Was muss sich ändern? In jüngster Zeit stand so genanntes Formfleisch in der Kritik von Presse und Fernsehen. Wer Lachs- und Rohschinken aus Fleischteilen zusammenklebt, täuscht den Verbraucher, so der Vorwurf. Doch nicht nur Schweinefleisch ist betroffen. So besteht längst nicht jedes Cordon Bleu aus einem Stück Hähnchenfleisch. Stattdessen steckt oft ein Verschnitt von Puten- und Hähnchenfleisch in der Verpackung. Dabei ist Formfleisch ein alter Hut. Früher wurde ein solches Produkt erhitzt, damit das Eiweiß im Fleisch denaturiert und die Fleischstücke zusammenkleben. Heute werden die Fleischteile mit Hilfsstoffen zusammengefügt. Einer dieser Hilfsstoffe ist das Enzym Transglutaminase. Es wird z.B. in der Brühwurst- und Kochschinkenherstellung eingesetzt, um einen knackigeren Biss oder bei aufgeschnittenem Kochschinken einen besseren Scheibenzusammenhalt zu erzielen. Für industrielle Nutzung wird es aus dem Bakterium Streptomyces mobaraensis gewonnen. Auch das aus Schweineblut gewonnene Enzym Thrombin, welches Blut gerinnen lässt, wird bei der Verarbeitung von Formfleisch eingesetzt. Keine Gesundheitsgefahr! Beide Enzyme sind aktuellen Erkenntnissen zufolge nicht gesundheitsschädlich! Dennoch gibt es eine große Diskussion, weil die Verwendung dieser Enzyme nicht immer auf den Produkten vermerkt ist: Brühwürste, Fertiggerichte, aber nun auch Rohpökelwaren wie Rohschinken können mittels des Enzyms zusammengeklebt worden sein, ohne dass es der Verbraucher merkt. Und genau das darf nicht sein. Dem Verbraucher vorzugaukeln, er kaufe ein Stück gewachsenen Schinken, wenn es sich in Wirklichkeit um zusammengeklebte Schinkenstücke handelt, ist nicht die feine Art. Dabei schreibt die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung eindeutig vor, jegliche Zutaten zu benennen. Transglutaminase gilt als Zutat und nicht nur als Verarbeitungshilfsstoff, weil sie nicht zu einem „unbeabsichtigten, technisch unvermeidbaren Rückstand“ führt, sondern maßgeblich an der Herstellung von Formfleisch beteiligt ist. Transglutaminase müsste korrekt als „Stabilisator: Transglutaminase“ in der Zutatenliste aufgeführt sein, argumentiert Dr. Detlef Horn vom Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Rhein-Ruhr-Wupper. Deklariere man dann noch die Art der Herstellung als „Formfleisch-Nussschinken, aus Schinkenstücken zusammengefügt“, wäre der Verbraucher ausreichend informiert. Nach derzeit gültigem nationalen Recht besteht bei Lebensmittelenzymen keine Zulassungspflicht, auf EU-Ebene aber durchaus. So hat das Europaparlament im Mai 2010 die Zulassung des aus Schweineblut gewonnenen Enzyms Thrombin als Lebensmittelzusatzstoff vorerst gestoppt mit der Begründung, die Anwendung führe zu einem „unvertretbar hohen Risiko der Verbraucher-Irreführung“. Weiterhin angewendet werden darf Thrombin allerdings als Verarbeitungshilfsmittel, weshalb sich für Deutschland wohl kaum etwas ändert. Bleibt festzuhalten In puncto Formfleisch ist die Industrie nicht immer ihrer Deklarationspflicht zu Inhaltsstoffen und Herstellungsart nachgekommen. Dies ist zu kritisieren und hat zu Verbrauchertäuschungen geführt. Nicht zu begründende Zulassungsstopps für einzelne Hilfsstoffe bei der Verarbeitung sind allerdings die falsche Reaktion auf die Verwirrungen um Formfleisch. Letztlich soll der Verbraucher entscheiden, ob es Formfleisch oder ein gewachsenes Stück Fleisch sein soll!