Die Preissprünge beim Futter kosten Nerven. Mit einem neuen Kontraktmodell können Schweinehalter den Preis für ihr Mischfutter an der Börse langfristig absichern.Noch vor fünf bis zehn Jahren zerbrach sich kaum ein Schweinehalter den Kopf darüber, wie und zu welchem Preis er das Futter für seine Tiere einkaufen könnte. Lange Jahre waren die Preise für Getreide als Hauptkomponente des Futters in etwa stabil und galten als gut abschätzbare Größe in der betrieblichen Kostenrechnung. Doch die neuerliche Verwendung von Getreide als Treibstoff sowie die wachsende Kaufkraft von Schwellenländern wie China und Indien ließen die globalen Getreidevorräte schrumpfen und gleichzeitig die Getreidepreise wiederholt in die Höhe schießen. Heute sind die Märkte für Agrarrohstoffe und mit ihnen die Futterpreise von starken Schwankungen geprägt. Das bereitet selbst gestandenen Landwirten schlaflose Nächte. Schließlich macht das Futter aktuell in der Ferkelerzeugung rund 44 % der Vollkosten und in der Mast rund 41 % der Vollkosten aus. Dabei gehen die Betriebe beim Futtermitteleinkauf unterschiedlich vor. Der Großteil der Schweineproduzenten kauft das Mischfutter am freien Markt zum Tagespreis, nimmt die Menge direkt ab und lagert sie ein. Eine weitere Möglichkeit für den Ferkelerzeuger oder Mäster ist, Futtermittel in einem so genannten „Kontrakt“ zum Beispiel für sechs Monate zu einem festen Preis von einer Futtermittelfirma einzukaufen. Der Landwirt nimmt die Ware zum vereinbarten Zeitpunkt ab. Die Bezahlung erfolgt nach der Lieferung. Allerdings kann es sein, dass der Schweinehalter als potenzieller Käufer für einen weit in der Zukunft liegenden Termin keinen Futter-Verkäufer am Kassamarkt findet. Auch aktuell bietet kaum ein Mischfutter-Händler für so weit in der Zukunft liegende Termine Kontrakte an. Denn den Futterhändlern ist das Marktrisiko, seit die Rohstoffpreise so schwanken, selbst zu groß. Bei drei bis sechs Monaten ist in der Regel Schluss. In bestimmten Situationen kann es für Schweinehalter jedoch vorteilhaft sein, Futtermittelpreise noch länger im Voraus zu planen und abzusichern. Zum Beispiel dann, wenn ein neuer Stall gebaut werden soll und die Bank zur Kreditfinanzierung eine umfassende Liquiditätsplanung fordert. Eine Möglichkeit besteht darin, für die einzelnen Futterkomponenten Kontrakte an der Börse abzuschließen. Doch das ist vielen Landwirten zu kompliziert. Sie fühlen sich mit den Details bei Börsengeschäften überfordert und halten ihre Abnahmemengen für zu gering. Deshalb bietet zum Beispiel der Landhandel Rudolf Peters aus Winsen bei Hamburg seinen Kunden seit nun drei Jahren ein eigenes Kontraktmodell zur Preisabsicherung an. Nach dem Prinzip „Linke Tasche – rechte Tasche“ kann der Schweinehalter damit starke Preisschwankungen beim Futter mit den Differenzen aus dem Future-Handel an der Börse ausgleichen. Ein so genannter Pekraft-Future des Landhandels Rudolf Peters setzt sich aus 50 t Weizen zum NYSE-Euronext-Preis (Paris) und 12,5 t Sojaschrot zum fob-Hamburg-Preis zusammen. Die Zusammensetzung wurde so gewählt, dass sie in etwa einem Mittelmastfutter mit 13,2 MJ ME/kg entspricht. Da es die einzigen längerfristig (an der Börse) planbaren Mischfutter-Komponenten sind, beschränkte man sich auf Weizen und Soja. Die Mindestmenge, die ein Schweinehalter kaufen kann, beträgt also einen Future bzw. 62,5 t. Mindestens die gleiche Menge, die der Schweinehalter in Futures kauft, muss er dem Landhandel auch später in Form von Mischfutter, wie er es für seinen Betrieb braucht, abnehmen. Dabei ist es möglich, sich sein Futter bis zu eineinhalb Jahre im Voraus zu einem festen Preis zu sichern. Als Dienstleistung informiert der Futtermittelhandel seine Kunden über das aktuelle Marktgeschehen – online und telefonisch. Außerdem unterhält der Landhandel für den Landwirt ein Börsenkonto und hinterlegt dort Sicherheiten. Das ist Voraussetzung, um an der Börse handeln zu dürfen. Für diesen Service erhebt der Landhandel eine Gebühr von 5 € je Tonne gehandeltem Future. Entscheidet sich der Schweinehalter dafür, Futures zu kaufen oder glattzustellen – was jederzeit möglich ist –, genügt ein Anruf bei Kundenbetreuerin Hanna Chaves und er erhält im Anschluss eine schriftliche Bestätigung. Sind die Rohstoff-Preise im Kontraktzeitraum gestiegen, kann der Landwirt mithilfe des Gewinns an der Börse die gestiegenen Futterpreise ausgleichen. Ergibt sich hingegen eine negative Differenz, so kann der Landwirt in dieser Situation mit niedrigen Mischfutterpreisen rechnen. j Das heißt, der Schweinehalter sichert sich gegen das Preisrisiko beim Futter ab, indem er ein entsprechendes Gegengeschäft am Warenterminmarkt eingeht. Das funktioniert, weil die Korrelation zwischen dem physischen Markt für Weizen und dem dazugehörigen Future-Preis sehr hoch ist. Ein Beispiel: Ein Mäster kauft im Februar zwei Pekraft-Futures Mischfutter à 62,5 t. Wir nehmen an, dass der Preis am Terminmarkt zu diesem Zeitpunkt bei 200 €/t liegt. Der gleiche Preis liegt zu diesem Termin auch theoretisch am Kassamarkt für die Ware vor, nur gibt es dort ja keine Abgeber. Im September dann kauft der Mäster 125 t Futter vom Landhandel und verkauft am selben Tag seine zwei Kontrakte wieder. Denn er hat ja jetzt die Ware erhalten. Für die Zeit zwischen Future-Kauf und Future-Verkauf gibt es zwei Szenarien: Entweder der Preis ist gefallen oder der Preis ist gestiegen. Wir nehmen zunächst an, der Preis ist gefallen und liegt im September beim Kauf der physischen Ware am Kassamarkt bei 170 €/t. Dann bekommt der Mäster das Futter also zu einem günstigeren Preis, als den, den er im Februar hätte zahlen müssen. Im gleichen Atemzug ist aber auch der Warenterminmarkt gefallen, da sich beide Märkte parallel entwickeln. Aus diesem Grund haben auch seine gekauften Futures an Wert verloren, nämlich genauso viel wie auch die Ware am Kassamarkt billiger geworden ist. Der Preis des Futures liegt also bei 170 €/t. Durch das Glattstellen des Futures hat er somit einen Verlust von 30 €/t am Warenterminmarkt erlitten. Er hat aber im Gegensatz dazu auch die Ware am Kassamarkt um 30 €/t billiger erhalten als in seiner Ursprungskalkulation. Im zweiten Szenario ist die Situation genau umgekehrt. Wäre der Preis zum Beispiel auf 250 €/t gestiegen, müsste der Landwirt zwar „real“ tiefer in die Tasche greifen, um seine 125 t Futter zu bezahlen. Doch da der Wert seiner Futures um etwa den gleichen Wert, nämlich 50 €/t, geklettert ist, kann er den höheren Preis am Kassamarkt mit dem Gewinn an der Börse ausgleichen. In diesem Fall würde der Landwirt also zum Abnahmezeitpunkt im September für die 125 t Mischfutter 31 250 € bezahlen müssen. Gleichzeitig hat er mit dem Future-Handel einen Gewinn von 125 x 50 € = 6 250 € gemacht. Davon sind allerdings noch die Gebühren von 125 x 5 € = 625 € abzuziehen. Das heißt, unter dem Strich hat er je Tonne Futter 205 € ausgegeben. Die Preisabsicherung eignet sich daher in erster Linie für Betriebsleiter, die ihre Liquidität lange im Voraus möglichst genau planen möchten bzw. müssen, weil sie bei Dritten in der Schuld stehen. Doch wer an der Börse handeln will, muss den Markt intensiv beobachten und bei günstigen Gelegenheiten flink zugreifen. Denn die Warenterminbörsen reagieren sehr schnell. Innerhalb weniger Stunden kann sich der Preis zum Beispiel um 10 €/t verändern (siehe Übersicht 1, Seite 61). Landwirte, die nicht motiviert sind, ein „Gefühl für den Markt“ zu entwickeln, sollten besser die Finger davon lassen. Für alle anderen ist der richtige Zeitpunkt für den Einstieg dann erreicht, wenn mit dem gehandelten Futterpreis die Vollkosten gedeckt werden können. Bei der derzeit hohen Preissituation geht es jedoch meist eher darum, seine variablen Kosten sicher begleichen zu können. Dazu muss man natürlich seine Produktionskosten genau kennen. Es gilt: Zuschlagen, wenn man mit dem Preis leben kann! Denn sind die Kosten mit dem abgesicherten Preis gedeckt, kann man der aktuellen Marktentwicklung wesentlich entspannter entgegentreten. Trotzdem empfehlen Experten, nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern sich sein Mischfutter in Teilmengen abzusichern, um bei günstigeren Preisentwicklungen nicht komplett gebunden zu sein. Das machen auch die aktuell 15 Kunden mit Pekraft-Futures vom Landhandel Peters so. Sie splitten ihre Mengen und sichern etwa alle zwei, drei Monate neue Teilmengen ihres Futterbedarfs ab. „Insgesamt sichern die meisten Kunden nicht mehr als 50 % der Gesamtmenge über diese Methode ab“, haben Hanna Chaves und Matthias Kutsche, Leiter der Futtermittelabteilung der Firma, die Erfahrung gemacht. „Auch bei den aktuell angebotenen Preisen auf hohem Niveau kann sich der Future-Handel unter Umständen noch lohnen“, erklärt Hanna Chaves. „Dann nämlich, wenn man Prognosen glaubt, die eher noch höhere Preise vorhersagen.“ Mithilfe des Kontraktmodells eines norddeutschen Landhandels können Schweinehalter sich den Preis für Mischfutter lange im Voraus sichern. Dadurch können sich insbesondere Betriebe mit hohem Fremdkapitaleinsatz vor Liquiditäts-Engpässen schützen. Doch es geht nicht, ohne sich intensiv mit den Marktmechanismen zu beschäftigen. Sofern der Betrieb über ausreichend Liquidität verfügt, ist es meist günstiger, schwankende Futterpreise selbst abzupuffern. Strategien beim Futterkauf Futures kaufen Börsengewinn gleicht Preisanstieg aus Märkte im Auge behalten Fazit -Mareike Schulte, SUS-