Ferkelerzeuger und Mäster haben das Jahr 2013 mit optimistischen Preiserwartungen begonnen. Schließlich war insbesondere die zweite Hälfte des vergangenen Jahres durchaus erfreulich. Noch Mitte Januar prognostizierte die EU-Kommission einen Jahresdurchschnittspreis für Schlachtschweine von 1,90 €. Insider der Schlachtbranche erwarteten in der Grillsaison sogar Preise von über 2 €. Umso größer war die Ernüchterung. So hat das erste Halbjahr 2013 lediglich mit Durchschnittspreisen von gut 1,65 € abgeschlossen. Ebenso enttäuschend entwickelte sich der Ferkelmarkt. Trotz der Ende letzten Jahres prognostizierten Ferkelknappheit lagen die Preise um 5 bis 7 € unter der Vorjahreslinie. Offensichtlich wurden nicht wenige Marktteilnehmer mit ihrer Einschätzung auf dem falschen Fuß erwischt. So hatten viele Schlachtunternehmen im Nachgang der Dioxinkrise ihre Gefrierkapazitäten ausgebaut und bereits ab dem Winter große Mengen eingefroren. Doch der Markt entwickelte sich anders. Der lange Winter und eine unbeständige Grillsaison führten zu völlig enttäuschenden Fleischverkäufen. Ein weiterer Grund für die unbefriedigende Kaufbereitschaft der deutschen Konsumenten sind nicht zuletzt die in der zweiten Jahreshälfte 2012 deutlich angehobenen Verbraucherpreise. Erst im Juni 2013 senkten maßgebliche Discounter die Preise für Frischfleisch auf breiter Basis um 3 bis 9 %. Offensichtlich scheinen sich allerdings auch die Verzehrsgewohnheiten zu ändern. Jüngere Menschen tendieren stärker zum Geflügel- bzw. preiswerten Hackfleisch. Der zunehmende Anteil ausländischer Bevölkerungsgruppen meidet Schweinefleisch z. B. aus religiösen Gründen. Rind- und Geflügelfleisch profitieren davon. Bereits in den ersten fünf Monaten des Jahres zeigte sich mit einem Minus von 1,8 % beim Mengenabsatz eine deutliche Nachfrageschwäche für Schweinefleisch. Hingegen legte die Nachfrage von Geflügelfleisch um 7,4 % zu. Überdurchschnittlich profitierten die Hähnchen mit plus 11,2 %. Zur schwachen Inlandsnachfrage beim Schweinefleisch gesellten sich negative Faktoren beim Export – insbesondere nach Russland. So hat Moskau die eigene Produktion ausgebaut. In der Folge war das Preisniveau für Fleischexporte aus Europa bei Weitem nicht so lukrativ wie 2012. Hinzu kam, dass die Russen ihre Fleischeinfuhren durch erhebliche Handelsbeschränkungen erschweren. So besteht seit Februar ein generelles Einfuhrverbot für frisches Schweinefleisch. Insgesamt kaufte Moskau in den ersten Monaten dieses Jahres gut 15 % weniger Schweinefleisch aus Deutschland ein (siehe Übersicht 1). Zudem schwächeln in den letzten Monaten wichtige Abnehmerländer in Asien. So importierte Südkorea von Januar bis April 2013 fast 40 % weniger deutsches Schweinefleisch. Neben schwachen Impulsen von der Nachfrageseite war der Markt in den letzten Monaten geprägt von einem relativ stabilen Angebot. Entgegen den Erwartungen gingen Anfang 2013 weder das Ferkel- noch das Schlachtschweineangebot maßgeblich zurück. Dabei hatten Experten vor allem wegen der seit Jahresbeginn geltenden Pflicht zur Gruppenhaltung für Sauen mit erheblichen Bestandsabstockungen gerechnet. Zwar sind tatsächlich viele Ferkelerzeuger aus der Produktion ausgeschieden. Hierbei handelt es sich aber vorwiegend um kleinere Betriebe. Hinzu kommt der Leistungsschub in der Sauenhaltung, der das Ferkelangebot bislang recht stabil hält. Das schwierige Umfeld am Schlachtschweinemarkt strahlt auf den Ferkelmarkt aus. Vor allem im Herbst gerät der Markt stark unter Druck. Dann verkaufen insbesondere die Überschussregionen der Niederlande und Dänemarks die Ferkel deutlich unter hiesigen Marktpreisen. Hierdurch werden vor allem die klein strukturierten Betriebe im Süden aber auch in Nordwestdeutschland aus dem Markt gedrängt. Heute liegt der Selbstversorgungsgrad für Ferkel in Südoldenburg nur noch bei rund 30 %. Der Ferkelzukauf konzentriert sich auf Dänemark, die Niederlanden oder Ostdeutschland. Der in den 80er- und 90er-Jahren häufig praktizierte Zukauf aus süddeutschen Bundesländern hat stark an Bedeutung verloren. Das macht sich auch in der Ferkelbilanz bemerkbar. Zieht man von den rund 57 Mio. in Deutschland geschlachteten Schweinen die Lebendeinfuhren von 5 Mio. Tieren ab, so errechnet sich eine Brutto-Eigenerzeugung von 52 Mio. Schlachttieren. Dieses Volumen ist allerdings nur möglich, weil jährlich etwa 11 Mio. Ferkel primär aus Dänemark und den Niederlanden eingeführt werden. Bei einem Exportanteil von 1 Mio. deutschen Ferkeln ergibt sich aktuell ein deutscher Selbstversorgungsgrad von etwa 81 %. Wird die Prognose wahr, dass bis zum Jahre 2015 die Zahl der importierten Ferkel auf 15 Mio. ansteigt, dürfte sich unsere Selbstversorgung für Ferkel- preise sogar Richtung 75 % verringern. Trotz des relativ schlechten ersten Halbjahres 2013 sind die Aussichten für die zweite Jahreshälfte besser. Denn die Belastungsfaktoren scheinen sich jetzt sowohl für den Schweine- als auch für den Ferkelmarkt abzubauen. So fiel das Schlachtschweineangebot im Juli fortgesetzt kleiner aus als im Vorjahr. Während Deutschland im ersten Quartal dieses Jahres mehr Schweine als im Vorjahr schlachtete, nimmt das Angebot mit Blick auf die letzten Quartale deutlich ab. Diesen Trend zeigen auch andere EU-Länder. Viele Nachbarländer Deutschlands haben ihre Lebendeinfuhren bereits erheblich ausgedehnt. Polen fragt in den letzten Wochen wesentlich häufiger lebende Schweine in Deutschland nach. Ebenfalls läuft der Export von Schweinen nach Österreich aber auch Kroatien und Tschechien momentan gut. Dies schafft Entlastung am heimischen Markt. Auch die letzten Viehzählungsergebnisse aus dem Mai dieses Jahres zeigen eine aufschlussreiche Entwicklung. Nicht nur der gesamte Schweinebestand ist um 2,5 % gesunken, sondern vor allen Dingen die Sauenhaltung wurde mit 6,2 % stark eingeschränkt (siehe Übersicht 2). Selbst wenn sich die biologischen Leistungen in der Ferkelerzeugung weiter so positiv entwickeln, wird dies den Rückgang der Sauenbestände nicht kompensieren können. Das bedeutet, dass im Herbst bzw. Winter das Ferkelangebot nicht in dem Maße wachsen kann wie in früheren Jahren. Die weiter rückläufigen Ferkeleinfuhren aus Dänemark könnten ebenfalls zur Marktentlastung beitragen. Durch den deutlichen Rückgang der Schweinehaltung in Polen, Tschechien und der Slowakei ergeben sich derzeit neue Absatzpotenziale für dänische und niederländische Ferkel. Für die weitere Entwicklung der Ferkelpreise ist neben dem Angebot auch die Kostenentwicklung in der Mast maßgeblich. Über 60 % der Gesamtkosten der Mast bzw. über 50 % der Gesamtkosten der Ferkelerzeugung entfallen auf das Futter. Viele Mastställe – insbesondere im Süden – sind momentan nicht bzw. nicht voll belegt. Hier warten die Mäster auf die neue Ernte bzw. die von der Börse prognostizierten sinkenden Mischfutterpreise. Die Aussichten für fallende Futterpreise sind nicht schlecht. Seit dem Hoch im Spätherbst 2012 gaben die Mischfutternotierungen um 3 bis 4 € je dt nach (siehe Übersicht 3). Lassen sich die prognostizierten Erntemengen einfahren, dürfte es im Herbst zu deutlich sinkenden Futterkosten kommen. Dann könnten die Endmastfutterpreise auf ein Niveau zwischen 23 und 25 €/dt zurückfallen. Erfahrungsgemäß zögern dann Mäster die Aufstellung von Ferkeln nicht mehr hinaus und belegen ihre Ställe im normalen Umfang, sodass Impulse für den Ferkelmarkt erwartet werden können. Ganz entscheidend wird die Entwicklung der Ferkel- und Schweinepreise in den kommenden Monaten auch von den Exportmöglichkeiten abhängen. Über ein Viertel der von Deutschland exportierten Mengen gehen in Drittländer, davon das Gros nach Russland. Deutschland wird in diesem Jahr aufgrund des rückläufigen Verbrauchs nach wie vor einen sehr hohen Selbstversorgungsgrad von 116 bis 118 % aufweisen. Auch der EU-Selbstversorgungsgrad dürfte sich in diesem Jahr über 110 % einpendeln. Das heißt: Erhebliche Mengen unseres Schweinefleisches gehen in Drittländer wie Russland, Hongkong, China, Japan und Südkorea. Russland bereitet den Fleischvermarktern derzeit die größten Probleme. Obwohl die grassierende Afrikanische Schweinepest vermuten lässt, dass der Bedarf tendenziell ansteigen sollte, bauen die russischen Einfuhrbehörden permanent neue Hindernisse auf. Zuletzt gaben die Veterinärinspektoren an, dass deutsche Schweinehälfen vermehrt mit Enterobakterien befallen sein sollen. Angeblich droht der Bundesrepublik Deutschland eine totale Exportsperre für Schweinefleisch gen Russland. Dies würde den Markt natürlich massiv unter Druck setzen. Da die Russen weniger gefrorenes Schweinefleisch in Deutschland einkaufen, konzentriert sich die Fleischnachfrage zunehmend auf Polen. Dort erzeugt man derzeit so wenig Schweine wie seit 40 Jahren nicht mehr. Demzufolge ist die Nachfrage nach lebenden Schweinen aus Deutschland ausgesprochen groß. Sollte Russland ernst machen und Deutschland für den Export von gefrorenem Fleisch schließen, dürfte sogleich die Lebendnachfrage nach deutschen Schweinen weiter anspringen. Hierdurch kämen unsere Schlachhöfe in eine gefährliche Situation. Denn bereits jetzt ist die Auslastung in einigen Unternehmen suboptimal. Mit Blick auf die Schweinepreisnotierung bleibt zu hoffen, dass es nicht zu noch größeren Verwerfungen kommt, als dies bereits im ersten Halbjahr 2013 der Fall war. Trotz vollmundiger Ankündigungen verlief das erste Halbjahr 2013 für Mäster und Ferkelerzeuger enttäuschend. Die Aussichten für die zweite Jahreshälfte sind besser. Nach jüngsten Prognosen soll die EU-weite Schweinefleischerzeugung 2013 um 2 % sinken. Für Deutschland wird ein Rückgang der Schlachtungen um 1,5 % auf rund 57,5 Mio. Schweine erwartet. Die Angebotsverknappung wird allerdings vermutlich erst im dritten und vierten Quartal voll wirksam und dann Chancen auf höhere Erzeugerpreise ermöglichen. Zünglein an der Waage bleibt jedoch der Export. Schwacher Fleischverkauf Probleme beim Export Ferkeldefizit wächst Marktentlastung in Sicht Futterkosten geben nach Exporte geben Ausschlag Fazit -Dr. Albert Hortmann-Scholten, LWK Niedersachsen- Das erste Halbjahr ist für Sauenhalter und Mäster verhagelt. Unsere Marktanalyse weckt jetzt Hoffnung auf bessere Erlöse.