Vielleicht wäre ich heute noch praktizierender Tierarzt, wenn nicht vor rund 18 Jahren die massenhaften Keulungen zur Bekämpfung der Schweinepest gewesen wären. Bei dem Seuchenzug 1997 wurden in den Niederlanden mehr als 12 Mio. Tiere getötet. Das hat mich damals tief getroffen, auch weil ich selbst eingespannt wurde und massenhaft gesunde Ferkel mit der Spritze töten musste. Die Regierung ordnete an, in den gesperrten Sauenbetrieben Saugferkel zu töten, weil sie Engpässe bei der Tierkörperbeseitigung befürchtete. Nach diesem Desaster nahm ich in England einen Job bei einem Zuchtunternehmen als leitender Veterinär an. Ein Jahr später hatten wir dort die Schweinepest. 2001 kam die MKS erst in England, dann auf dem Festland. Das war Stress pur und irgendwann zu viel für mich. Wir zogen wieder zurück in meine Heimat und ich arbeitete als freiberuflicher Berater. Dies lässt mir die Wahl, nur das zu tun, was ich vertreten kann und was meiner Seele gut tut. Schließlich liebe ich Schweine und habe als Bauernsohn Tiermedizien studiert, um kranken Tieren zu helfen. Ich sehe mich als Netzwerker und bringe Leute zusammen, um Probleme zu lösen. So kam es, dass ich mit befreundeten Tierärzten über Konzepte diskutierte, das beschädigte Image der holländischen Schweinehaltung wieder aufzupolieren. Mir wurde klar: Um den Verbraucher von Schweinefleisch zu überzeugen, ist der Fokus auf Geschmack und Genuss zu richten. Bei meinen Recherchen zum Thema Geschmack bin ich auf die alte Rasse Berkshire gestoßen. Das Fleisch dieser Schweine erhält regelmäßig beste Noten von den Sterneköchen, weil es deutlich zarter und geschmackvoller ist als übliches Schweinefleisch. Also kaufte ich einem Zuchtunternehmen reinrassige Berkshire-Tiere ab, das gerade dabei war, die Rasse aus dem Programm zu nehmen. Meine Idee war, unter dem Label „The Duke (Herzog) of Berkshire“ Qualitätsfleisch anzubieten. Aus Befragungen wusste ich, dass gerade die weibliche Kundschaft mit diesem Namen etwas Positives verbindet. Ich suchte Verbündete und schmiedete Pläne mit einem Schlachtunternehmen. Doch zum Aufbau der geplanten Integration kam es nicht, weil der Schlachthof in letzter Minute die Reißleine zog. Ich war enttäuscht, wollte aber an der Idee festhalten. Also pachtete ich einen Stall für die Berkshire-Tiere und wurde über Nacht Schweinehalter im Nebenerwerb. Ich fand Gleichgesinnte, die Qualitätsfleisch unter meinem Label produzieren wollten, zum Beispiel in Belgien und demnächst auch in Deutschland. Seit drei Jahren halte ich meine rund 20 Sauen und Mastschweine draußen in Hütten, mitten in einem Naturschutzgebiet. Wie dies gemacht wird, habe ich von englischen Betrieben gelernt. Gleichzeitig bin ich in die Öko-Mast eingestiegen, weil dies mehr Erlös je Tier bringt. Das Bio-Fleisch meiner Tiere wird in 13 Großstadt-Metzgereien verkauft. Jetzt ist das System rund und die Tierverkäufe sind mehr als ein nettes Zubrot. Doch mein Haupterwerb ist und bleibt die unabhängige Beratung. Schweine sind unsere intelligentesten Nutztiere. In den Ställen stehen empfindliche Hochleistungssportler, von denen wir Stress und Angst fernhalten sollten. Der menschliche Faktor spielt dabei eine große Rolle. Auch wollen die Tiere ihr ursprüngliches Verhalten ausleben. Ich habe in unzähligen Seminaren demonstriert, wie Schweine reagieren und wie man mit ihnen umgeht, mit Bildern, Zeichnungen und Videosequenzen. So ist auch die Serie „Schweinesignale“ entstanden. Dass die Deutschen mich gelegentlich den Schweineflüsterer nennen, ehrt mich. Durchgeknallt, wie der eine oder andere vermuten könnte, bin ich aber nicht, vielmehr durch die eigene Schweinehaltung geerdet. Davon können sich alle überzeugen. Gäste sind auf meinem Betrieb stets willkommen. Wir bieten auch für kleinere Gruppen Besichtigungstermine an. Mir kommt es darauf an, dass der Tierschutz weiterentwickelt wird. Hier sind viele kleine Details zu beachten. Das ist ein kontinuierlicher Prozess. Die Haltungsbedingungen sind in den letzten Jahren deutlich besser geworden. Doch einen Wunsch hätte ich an die Stalleinrichter: Bietet den intelligenten Tieren getrennte Stellen für Urin und Kot an. Erst durch die Vermischung entsteht der beißende Ammoniakgestank. Nach einem Stalltermin stehe ich unter der Dusche und denke: Das muss eigentlich nicht sein! Schlüsselerlebnis Pest Image aufpolieren Über Nacht Schweinehalter Als Flüsterer unterwegs Tierschutz ist ein Prozess -Heinrich Niggemeyer, SUS- Tierarzt, Schweinehalter und Berater Kees Scheepens geht unkonventionelle Wege. Sein Steckenpferd ist die alte Rasse Berkshire. Bekannt wurde er über die Serie „Schweinesignale“.