Beim Betreten des Abteils schrecken weibliche Schweine auf und spitzen die Ohren. Junge Eber hingegen sind dickfellig und stören sich kaum, wenn ein Fremder das Abteil betritt. „Auch beim Verladen sind die weiblichen Tiere ängstlicher als die Masteber und sperren sich häufiger“, hat Johann Wüllmers (35) beobachtet. „Dafür haben die Eber aber andere Macken“, schränkt der Landwirt aus dem niedersächsischen Uenzen im Landkreis Diepholz sofort wieder ein. Wüllmers ist vor mehr als einem Jahr auf die Ebermast umgestiegen. Der Mäster verfügt über 680 Plätze auf dem Stammbetrieb sowie 1 290 bzw. 1 600 Plätze in den Ställen im Außenbereich. Die zwei größeren Einheiten werden in zwei Schüben gefüllt. Die Ferkel liefert ein größerer Sauenhalter zwei Orte weiter. Dieser hält insgesamt 1 200 Sauen und beliefert zwei weitere Betriebe, die sich ebenfalls auf die Mast spezialisiert haben. Die Liefertermine und -mengen stehen im Voraus fest. Die Ferkel werden bereits auf dem Transportfahrzeug nach Geschlecht getrennt. Der Anstoß für die Ebermast kam vom Ferkelerzeuger, der zunächst seine drei Abnehmer überzeugen musste. Er wollte seinen Mitarbeitern das Kastrieren ersparen. Außerdem sollte das Risiko einer Streptokokken-Infektion gemindert werden. Denn die Kastrationswunden sind auch Eintrittspforten für Keime. Johann Wüllmers und seine zwei Mästerkollegen waren nicht abgeneigt, da sie sich mit der Umstellung auf die Ebermast niedrigere Futterkosten je Kilo Zuwachs erhofften. „Die Futterpreise werden voraussichtlich hoch bleiben. Da macht es Sinn, die Futterverwertung weiter zu verbessern“, meint Wüllmers. Doch zunächst musste die Vermarktung der Eber geklärt werden. Seit einigen Jahren arbeitet Wüllmers mit der EfQ Syke-Bassum eG zusammen. Dessen Geschäftsführer Stefan Willenborg schlug vor, die Eber an einen Großschlachter in Westfalen zu vermitteln. „Bislang bieten nur wenige Schlachtunternehmen attraktive Vermarktungs-möglichkeiten für Masteber an. Das bedeutet, dass wir im Einzelfall auch längere Transportzeiten und höhere Vorkosten in Kauf nehmen müssen, so auch in diesem Falle“, erklärt Willenborg. Neben den längeren Transportwegen müssen Sauen und Eber in vielen Fällen auch getrennt verladen werden. Hiervon ist Wüllmers derzeit zwar nicht betroffen. Doch wenn die Abnehmer mehr und mehr auf ein getrenntes Verladen bestehen, müssen die Ebermastbetriebe möglichst groß sein. Mitunter werden Sauen und Eber auch in unterschiedlichen Kanälen abgesetzt. „Trotz des gesplitteten Vermarktens müssen die Züge möglichst voll werden“, betont Vermarktungsprofi Willenborg. „Wir hatten trotz der höheren Vorkosten das Gefühl, zumindest nicht schlechter abzuschneiden als mit Börgen. Deshalb haben wir der Umstellung auf die Ebermast zugestimmt, obwohl man sich dadurch eng an den Schlachthof bindet“, erläutert Wüllmers. Nachdem die Vermarktung geklärt war, nahm der Mäster zusammen mit seinem Berater von der URS Hunte-Weser e.V. die Fütterung und Haltung unter die Lupe. Weil Eber insbesondere in der Vor- und Mittelmast sehr sensibel auf Futterumstellungen oder Qualitätsmängel reagieren, sollten die Übergänge fließend sein bzw. werden ausschließlich qualitativ hochwertige Futterkomponenten empfohlen. „Da wir schon immer ausschließlich hochwertige Eiweißergänzer in unseren Getreidemischungen einsetzen und zudem eine Multiphasenfütterung für gleitende Futterwechsel sorgt, brauchten wir uns in diesem Punkt nicht umzustellen“, berichtet der Landwirt. Auch in puncto Aufstallung passte es von Anfang an. Wüllmers hält seine Tiere in Buchten mit 18 bis 25 Tieren. Er füttert seine Schweine mit der Sensortechnik oder aus Automaten, die mittels Chargenmischer befüllt werden. Beide Varianten hält auch EfQ-Chef Stefan Willenborg für geeignet. Auch müssen Stress-Situationen am Futtertrog vermieden werden. „Wir empfehlen ein enges Tier-/Fressplatzverhältnis sowie klare Buchtenstrukturen“, erklärt der Fachmann. Ob die Tiere aus einem Automaten oder am Sensor- oder Quertrog gefüttert werden, ist für Willenborg eher zweitrangig. Neben einem engen Tier-/Fressplatzverhältnis sollte möglichst eine strikte Geschlechtertrennung eingehalten werden. „Dies ist auch wichtig, um Trächtigkeiten zu vermeiden. Das wollen wir auch aus ethischen Gründen nicht“, betont Willenborg. Johann Wüllmers strebt sogar eine abteilweise Trennung der Geschlechter an, um so für mehr Übersicht und Ruhe zu sorgen. Die Geschlechtertrennung schafft die Voraussetzung, auch in puncto Fütterung auf die speziellen Bedürfnisse der Eber einzugehen. Während in der Vor- und Mittelmast die Eber und Sauen nach gleicher Futterkurve versorgt werden, hat Wüllmers in der Endmast zumindest bei den Duroc-Kreuzungen einen Unterschied gemacht. „Die Eber brauchen zum Schluss 37 bis 39 MJ Energie pro Tag, während Sauen mit 36 MJ zurechtkommen“, erklärt Wüllmers. Ob die Rationierung auch bei den jetzt aufgestallten Piétrain-Kreuzungen notwendig ist, wird derzeit ausprobiert. Im direkten Vergleich zur Börgenmast setzen die Eber 10 bis 15 % mehr Protein an. Das heißt, dass auch die Eiweißversorgung angepasst werden muss. So verzichtet Wüllmers bei den Ebern auf den Einsatz des Endmastfutters und füttert das hochwertigere Mittelmastfutter mit 13,5 MJ ME und 18 % Rohprotein bis zum Schluss durch. Dadurch erhöhen sich die Futterkosten. Da aber die Futterverwertung deutlich besser ist sowie etwas höhere AutoFOM-Fleischanteile erreicht werden, wird dieser Nachteil mehr als ausgeglichen. Wüllmers weist auf einen Durchgang mit Duroc-Kreuzungen hin, der im Sommer 2012 vermarktet wurde, als die Preise oben waren. In der Ebergruppe lagen die Tageszunahmen bei durchschnittlich 954 g (Sauen: 885 g) und die Futterverwertung bei 1 : 2,47 (Sauen: 1 : 2,63). Die Eber gingen 8 bis 10 Tage eher aus dem Stall als die Sauen. Dank der fantastischen Futterverwertung fielen die Direktkosten je Tier in der Ebergruppe rund 4 € geringer aus als bei den Sauen (siehe Übersicht 1). „Wir sind auf dem richtigen Weg, auch wenn wir mit den nachgestallten Piétrain-Kreuzungen dieses Zunahmeniveau nicht ganz erreichen werden“, kommentiert der Mäster die Ergebnisse. Trotz der Vorteile auf der Kostenseite erreichen weibliche Schweine bessere Deckungsbeiträge. Dies liegt an den durchschnittlich um über 10 € höheren Erlösen je Tier, die sich mit Sauschweinen erzielen lassen. Obwohl die Eber nach AutoFOM-Klassifizierung sogar etwas besser abschneiden. Doch Wüllmers Ziel ist, die Differenz im Deckungsbeitrag zwischen den weiblichen und männlichen Schweinen möglichst gering zu halten. Während früher die Kastraten immer zwischen 8 und 10 € Deckungsbeitrag schlechter abschnitten als die Sauen, konnte der Mäster mit den Ebern die Differenz auf 6 bis 7 € Direktkosten-freie Leistungen (DKfL) verringern. Dieses Ergebnis ermutigt Wüllmers, weiter am Ball zu bleiben. „Wer sich fütterungstechnisch auf die Ebermast einstellt und es schafft, die Masttiere bei optimalem Gewicht zu vermarkten, kann profitieren“, ist sich Johann Wüllmers heute sicher. Aus Willenborgs Erfahrung läuft die Ebermast am besten in großen Einheiten und festen Ketten. Geschlossene Systeme mit 200 Sauen hingegen sind oft zu klein, um die Züge bei gesplitteter Vermarktung der Masttiere voll zu bekommen. Allerdings muss der Mäster das typische Aufreiten der Eber akzeptieren. Während die Tiere in der Anfangs- und Mittelmast nur selten aufspringen, wird dies zum Mastende häufiger beobachtet. Es führt im Einzelfall zu Hautabschürfungen und Lahmheiten. „Oft werden die Eber erst nachmittags aktiv. Nach unseren Erfahrungen haben die Piétrain-Kreuzungen eine empfindlichere Haut und sind demzufolge auch häufiger von Hautverletzungen betroffen als Duroc-Schweine“, so Wüllmers. Doch das größte Problem stellt sich nach dem ersten Ausstallen der Vorläufer ein. Noch während des Verladens kämpfen die Eber in den ersten Buchten bereits die neue Rangfolge aus. Das Verletzungsrisiko ist dann sehr groß. „Die Tiere lassen sich kaum ablenken. Man kann nur hoffen, dass sich die Eber nicht verletzen oder gar ausfallen“, erklärt der Unternehmer. Wenn der Mäster verbissene oder lahme Schlachtschweine abliefert, sind dies häufig Eber. Dies kann zu Beanstandungen am Schlachthof führen. Die Klassifizierung der Masteber läuft ausschließlich über AutoFOM. Bei den weiblichen Schweinen hat der Landwirt die Wahl zwischen AutoFOM und FOM. Wichtig: Wer Eber liefert, muss entsprechend als Masteberbetrieb registriert sein. Zudem muss Wüllmers die Eber mit einem „Z“ kennzeichnen. Hierfür hat er sich ein zweites Schlageisen zugelegt. Auch Binneneber müssen mit einem „Z“ gekennzeichnet sein. Sollte der Binnen-eber versehentlich bei den weiblichen Tieren aufgestallt und nicht als Masteber gekennzeichnet werden, wird dieser mit deutlichen Abzügen belegt. Noch erklären sich die Abnehmer von Eberfleisch bereit, auch für Schlachtkörper mit Geruchsabweichung den vollen Preis zu bezahlen. Das Risiko geht momentan zulasten der Schlachthöfe. Auch Wüllmers Abnehmer weist die Beanstandungen lediglich auf der Abrechnung aus, ohne dass dies Konsequenzen hat. Die Rate liegt zwischen 3 und 10 %. Sollten jedoch eines Tages die Mäster am Risiko beteiligt werden, könnten sich beachtliche Verluste aufsummieren. „In diesem Falle müssten die Eber grundsätzlich besser bezahlt werden, damit es sich für uns Mäster rechnet“, so Wüllmers. Nachdem die Vermarktung geregelt war, passte Wüllmers die Fütterung der Eber speziell in der Endmast an. Nach ersten Ergebnissen verwerten die Eber das Futter besser als Sauen, so dass der Mäster auch ökonomisch profitieren kann. Allerdings erfordert die Ebermast einen höheren Aufwand für die Logistik. Auch steigt das Verletzungs- und Ausfallrisiko speziell in der Endmast. Anstoß kam vom Ferkelerzeuger Eber sind Mimosen Hochwertigeres Futter Deckungsbeitrag verbessern Beanstandungen vermeiden Fazit -Heinrich Niggemeyer, SUS - Johann Wüllmers hat festgestellt, dass die Ebermast mehr Sorgfalt erfordert. Unterm Strich kann der Mäster dennoch dank der besseren Futterverwertung profitieren.