In der Provinz Limburg steht der erste Bogenstall der Niederlande für Mastschweine. Der Stall ist für Großgruppen eingerichtet.Wir haben im neuen Stall keine Stützpfeiler oder -mauern und sind daher flexibel in der Nutzung“, erklärt Paul Deckers (45) aus Sint Odiliënberg nahe Roermond. Noch vor zwei Jahren produzierte er mit 130 Sauen in Altgebäuden Ferkel, die er nur zum Teil selbst mästete. Um die Schweinehaltung besser mit dem Ackerbau kombinierbar zu machen und seinen Betrieb weiterhin in Eigenregie führen zu können, entschied sich Deckers dafür, die Sauen abzuschaffen und sich auf die Mast zu konzentrieren. Auf der Suche nach einem nachhaltigen, relativ kostengünstigen System für 1 500 Tiere stieß er – mehr zufällig – auf den Bogenstall. „Mein Futterlieferant erzählte mir, dass ein Betrieb in Belgien dabei war, so einen Stall zu bauen. Mir gefiel die Idee der völlig freien Überspannung, bei der keine Stützpfeiler in den Abteilen stehen“, berichtet Deckers. Der Landwirt versprach sich davon neben der flexiblen Nutzung Vorteile bei der Lüftung und eine bessere Übersicht im Stall. Denn schon von Beginn an stand fest, dass die Haltung in Großgruppen erfolgen sollte. Schließlich hatte Deckers schon gute Erfahrungen mit dem Halten von Aufzuchtferkeln in Großgruppen gesammelt. Zudem engagierte sich der Landwirt im Netzwerk „Mastschweinehaltung in großen Gruppen“. Elf Bögen formen das Dach Nachdem auch die Behörden von der Innovation überzeugt waren, konnte der Bau im Frühjahr 2009 beginnen. Die Firma Booghal B.V. aus Twello übernahm die Konstruktion des Oberbaus. Fachleute der DLV-Beratungsgruppe sowie Wissenschaftler der TU Eindhoven begleiteten den Bau ebenfalls und steuerten Ideen bei. Das Ergebnis: Ein 52 m langer Stall, der über elf Bögen mit einer Spannweite von 40 m verfügt. Die einzelnen Bögen stehen auf massiven Betonfüßen und sind in der Stabilität durch Querstreben und Stahlseile verstärkt. Der eigentliche effektiv nutzbare Stall ist nur 31,8 m breit. Die Höhe beträgt rund 9 m. Die Giebel und Seitenwände des Stalles bestehen aus Sandwichpaneelen, die innen mit glasfaserverstärktem Kunststoff und außen mit Metallplatten verkleidet sind. An der Unterkante der ovalen Konstruktion sind drei Lagen durchsichtige Folie von Bogensparren zu Bogensparren straff gespannt. Der Abstand zwischen den Folien beträgt jeweils 5 cm. So entstehen zwei Lagen stillstehende Luft, die zur Isolierung dienen. „Die Folie wurde extra für diesen Schweinestall entwickelt. Sie kann so stramm gespannt werden, dass sie auch bei Unwetter nicht flattert. Ein spezielles Dachprofil mit Clipsystem, in das die Folie eingespannt wird, sorgt dafür, dass der Abstand zwischen den Folien überall gleich bleibt“, erklärt der Schweinehalter. An der Außenseite des Bogens ist so genannte Windbreaker-Gaze gespannt, die die direkten Sonnenstrahlen bricht und dazu beiträgt, dass der Stall sich im Sommer nicht aufheizt. Innen viel Platz und Volumen Wissenschaftler und Studenten der Uni Eindhoven verwendeten viel Arbeit darauf, die Isolationsleistung des Bogenstalles zu berechnen und zu optimieren. Ob der U-Wert dem Praxistest standhält und sowohl im Winter als auch im Sommer ein gutes Innenklima gewährleistet ist, soll ein Messprogramm der Uni nach der Inbetriebnahme prüfen. Die Messergebnisse liefern damit neue Erkenntnisse über die optimale Anordnung der Folien und die Konstruktion eines solchen Folienstalles insgesamt. Der Stall bietet Platz für sechs Mastgruppen à 250 Tiere und wurde im Februar mit den ersten Tieren belegt. Pro Schwein stehen 0,9 m2 Fläche zur Verfügung. Jedes Abteil ist komplett mit Spaltenboden ausgelegt. Nur im Liegebereich hat Deckers auf den Spalten spezielle Betonplatten platziert. So kommt er auf einen Anteil planbefestigten Bodens von 20 %. Vorgeschrieben sind in Holland eigentlich 40 % der Buchtenfläche. Doch als einer von fünf niederländischen Schweinehaltern, die Mastschweine in Großgruppen halten, erhielt er vom Landwirtschaftsministerium eine Sondergenehmigung. Diese erlaubt ihm, den Anteil geschlossenen Bodens erst schrittweise mit den Jahren auf den geforderten Wert anzuheben. Um in den Fressbereich zu gelangen, müssen die Tiere durch eine Wiege- und Selektionsstation. Auf Basis des gemessenen Gewichts wird das Schwein in einen der beiden Fressbereiche geschleust oder direkt zum Schlachten ausselektiert. Im Aktivitätsbereich bekommen die Tiere Beschäftigungsmaterial angeboten, z.B. Taue aus Sisal und Scheuerbürsten. Jedes der sechs Abteile hat ein Volumen von beinahe 1 700 m3. Das entspricht pro Schwein 6,7 m3 Luftraum. Bogenstall etwas günstiger Weil der Stall vollständig unterkellert ist, kommt die Zuluft über Einlassventile an den Seitenwänden in das Abteil. Die Klappen werden per Computer gesteuert. Die verbrauchte Luft wird über den Abluftkanal, der über dem Zentralgang liegt, zum Luftwäscher abgeführt. Das Dach des Bogenstalls ist recht aufwändig und kommt nicht wesentlich günstiger als ein reguläres Dach. Dennoch glaubt Deckers, dass man etwa ein Fünftel der Baukosten sparen kann. Konkrete Zahlen kann er nicht nennen, da in seinem Fall die Europäische Union und das Landwirtschaftsministerium den Bau als Innovation bezuschusst haben. „Die Kosten waren für mich auch nicht das Hauptargument, sondern vor allem der Tageslichteinfall, der den Stall zu einem angenehmen Arbeitsplatz macht. Zudem ist es auch möglich, einen guten Teil der Arbeit beim Bau in Eigenleistung zu erledigen“, weiß der Landwirt. Weitere Vorteile sind die recyclebaren Materialien und die Flexibilität bei dieser Bauform. „Durch die freie Überspannung bin ich auch in den Möglichkeiten der Inneneinrichtung weitgehend frei. Ich überlege, irgendwann vielleicht zwei Abteile zu einer großen Tiergruppe von 500 Schweinen zusammenzulegen“, erklärt Deckers. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Erstmal gilt es, die Ergebnisse der ersten Tierdurchgänge abzuwarten. Auch die Animal Science Group der Universität Wageningen will die Leistungen des Betriebes verfolgen. Ihre Aufgabe ist zudem, das Wohlbefinden der Tiere und die Wirtschaftlichkeit zu beurteilen und dazu Empfehlungen zu entwickeln. Das Interesse am Bogenstall ist jedenfalls riesig, wie der Andrang am Tag der offenen Tür bewies. Mehr als 700 Besucher informierten sich über das neue Konzept. Fazit: Das Konzept des Bogenstalls für Großgruppen in der Mast hat mit seinem hohen Lichteinfall und seiner Flexibilität großes Potenzial.Wenn nun in der Praxis bewiesen werden kann, dass Baukosten, Wirtschaftlichkeit und Tierleistungen stimmen, wird die Anzahl Bogenställe für Schweine in Zukunft sicher stark steigen. Mareike Schulte