Wer in Dänemark neu bauen will, muss umweltschonende Konzepte vorlegen. Kim Knudsens Maststall spart Energie und senkt die Emissionen.
Michael Werning, SUS
Für den Dänen Kim Kjaer Knudsen liegt die Zukunft in der Schweinehaltung. Gemeinsam mit Vater und Bruder hat er das Familienunternehmen in den letzten Jahren dynamisch ausgebaut. Mittlerweile werden auf fünf Standorten rund 2450 Sauen gehalten und über 90000 Mastschweine pro Jahr produziert. Damit zählen Knudsens zu den größten Schweinehaltern des Landes.
Auch in den kommenden Jahren will der Betrieb weiter wachsen, doch steigende Umweltauflagen schränken die Entwicklungsmöglichkeiten stark ein. „Wer erweitern will, muss beim Stallbau neue Wege gehen“, ist Kim Knudsen überzeugt.
Erster Stall dieser Art
Genau das hat der 30-Jährige getan, als vor gut zwei Jahren auf einer der Betriebsstätten in Vanløse, zentral gelegen auf der Insel Seeland, ein Maststall gebaut werden sollte. Dort stand bereits ein Stall und das Ammoniak-Kontingent auf diesem Standort war weitestgehend ausgeschöpft. „Mit einem herkömmlichen Baukonzept hätten wir dort jährlich nur 12000 Mastschweine erzeugen dürfen“, so Knudsen.
Zu wenig für den ehrgeizigen Jungunternehmer. Er suchte nach Möglichkeiten, das Potenzial des Standortes besser auszuschöpfen. Dabei stieß er auf das neue Intellifarm-Konzept der Stallbaufirma Agrifarm. Das existierte bis dahin zwar nur auf dem Papier. Die Energieeinsparungen und die verschiedenen Ansätze zur Verminderung der Emissionen überzeugten dennoch nicht nur Knudsen, sondern auch die Behörden. „So erhielten wir schließlich die Erlaubnis für eine Jahresproduktion von knapp 22000 Schweinen“, schildert der Landwirt.
Bereits kurz nach Erteilung der Baugenehmigung für einen Stall mit 5300 Mastplätzen begannen im Oktober 2014 die Bauarbeiten. Knapp neun Monate später konnte Knudsen die ersten Tiere aufstallen.
Freie Zuluftführung
Dass der Stall nicht „von der Stange“ ist, sieht man auf den ersten Blick. So ist das Gebäude mit 51 m nicht nur ungewöhnlich breit. Beide Dachseiten sind durch eine Fensterreihe unterbrochen. Diese kann ebenso wie die Fensterreihe entlang der Stallwand nach innen geöffnet werden (siehe Abbildung).
„Wir setzen auf eine freie Zuluftführung. Die Frischluft gelangt durch die Fenster in die Abteile, steigt die Decke entlang und fällt dann angewärmt in die Buchten“, erläutert Knudsen das System. Die Fensterfront im Dach übernimmt dabei eine Doppelfunktion. Im Sommer wird sie als Abluft-, im Winter als Zuluftöffnung genutzt.
Die natürliche Ventilation spart viel Energie. Um Zugluft zu vermeiden, ist aber eine feine Justierung der Zuluftöffnungen notwendig. In Knudsens Stall erfolgt dies vollautomatisch anhand diverser Messwerte und Parameter.
So werden die Außentemperatur, die Windrichtung und -geschwindigkeit sowie im Stall die Luftfeuchtigkeit bzw. die Konzentration an CO2 gemessen. Darüber hinaus fließen die aktuelle Stallbelegung und das Durchschnittsgewicht der Tiere mit ein. „Die Luftraten pendeln im Winter zwischen 45000 und 75000 m3/h. Im Sommer sind es maximal 100000 m3/h“, berichtet der Junglandwirt.
Weitere positive Nebeneffekte des Lüftungskonzeptes sind viel Licht und Ruhe in den acht Großraum-Abteilen. „Der Fensteranteil liegt bei 12 % der Stallgrundfläche und lärmende Lüftermotoren erübrigen sich. Die Arbeitsatmosphäre ist dadurch super“, freut sich Kim Knudsen.
Heizen mit Güllewärme
Weil die Frischlufttemperaturen im Winter für kleinere Tiere allerdings zu niedrig sind, verfügen die Buchten über mit Warmwasser beheizte Liegeflächen. Dieser planbefestigte Bereich nimmt ein Viertel der Bodenfläche ein.
Um die Wärme im Liegebereich zu halten, hat Knudsen darüber höhenverstellbare Abdeckungen verbaut. Zu Beginn der Mast sind sie vollständig heruntergeklappt. „Über einen vorprogrammierten Stellmotor wird die Abdeckung dann täglich ein stückweit hochgezogen. Am 60. Tag ist sie wieder komplett oben“, erklärt Knudsen.
Zusätzlich zum geschützten und beheizten Liegekessel sind auf Höhe der unteren Fensterreihe Rippenrohre in-stalliert. Durch sie wird die einströmende Frischluft erwärmt. Aufs Jahr gesehen pendeln die Abteiltemperaturen zwischen 15 bis 20°C.
Erzeugt wird das Warmwasser durch die Abwärme der Gülle, die komplett unterm Stall gelagert wird. Zu diesem Zweck hat Knudsen in den Güllekanälen Kühlschlangen verlegt. Durch den Einsatz von Wärmetauschern kann so bis zu 54°C warmes Wasser gewonnen werden. Das macht den Betrieb nicht nur unabhängig von Gas- oder Ölpreisen. Die Gülle wird dadurch um bis zu 6°C heruntergekühlt und emittiert so rund 20% weniger Ammoniak.
15% Abluft wird gereinigt
Schwerpunktmäßig entlüftet wird über den First, der im Zusammenspiel mit den Fensterfronten entsprechend geöffnet bzw. geschlossen wird. Ganz ohne Zwangslüftung kommt Knudsen aber nicht aus. Es gelangt zwar der Großteil der Stallluft ungefiltert ins Freie. Rund 15 % wird allerdings unterflur abgesaugt und über den Abluftkanal unterhalb des Zentralganges zu den Abluftwäschern geführt. „Allein der Luft direkt über der Gülle rechnen wir 75% der Gesamt-NH3-Emissionen an. Deren Filterung ist daher mit Abstand am effektivsten“, erläutert Kim Knudsen.
Vor jeder Giebelseite hat er zwei Wäschertürme installiert. Die in Modulbauweise errichteten Abluftwäscher bestehen aus mehren Filterpaketen und sind in ihrer Größe genau auf seinen Stall zugeschnitten. Die individuelle Auslegung und Verteilung der Luftströme ist von großer Bedeutung.
Für einen hohen Wirkungsgrad ist eine Luftgeschwindigkeit von höchstens 3 m/s optimal. „Je langsamer die Luft den Wäscher passiert, desto besser“, so Knudsen. Eine sensibel ausgelotete Luftrate macht sich also auch hier bezahlt.
Die Luftreinigung erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Im ersten Schritt wird durch den Zusatz von Schwefelsäure 89 % des gasförmigen NH3 zu flüssigem Ammoniumsulfat umgewandelt. Im zweiten Schritt wird mithilfe von Natriumhydroxid eine Geruchsverminderung von ca. 74 % erreicht.
Vom Reinigungsprozess übrig bleibt ein Waschwasser, welches in einem separaten Edelstahltank gelagert wird. Bei Knudsen sind das pro erzeugtem Schwein gut 40 l. Gerechnet auf eine Jahresproduktion von gut 20500 Mastschweinen beläuft sich der Gesamtanfall auf ca. 834 m3.
Wäscher kostet 1 €/Schwein
Das Filterwasser ist für Knudsen kein Abfallprodukt. „Mit bis zu 5,8 kg Stickstoff (N) und 6,1 kg Schwefel (S) pro m3 eignet es sich gut als Pflanzendünger“, erklärt Knudsen. Er düngt damit die eigenen rund 1150 ha Acker, auf denen vornehmlich Wintergerste, Weizen und Raps angebaut werden.
Den Düngerwert des Filterwassers zieht der Däne deshalb von den Kosten der Abluftreinigung ab. Als Erklärung für die vergleichsweise niedrigen Reinigungskosten von 1 € pro erzeugtem Schwein reicht das aber noch nicht aus.„Zentrales Element der Kostendegression ist das verhältnismäßig geringe Luftvolumen, das die Filter durchläuft“, erklärt Knudsen.
Beginnend bei den kleinerdimensionierten Abluftwäschern über das geringe Waschwasseraufkommen bis hin zum niedrigen Stromverbrauch von 12 kWh/pro Mastplatz und Jahr gehen damit niedrige Betriebskosten einher. Hinzu kommt, dass die Landwirtschaft als einzige Industrie in Dänemark keine Stromsteuern zahlen muss. Der junge Schweinehalter bezieht seinen Strom aktuell für 13 Cent/kWh.
Rund 2,5 Mio. € investiert
Profitiert hat der Däne auch von der 20%-Investitionsförderung, die er dank der umweltschonenden Bauweise erhielt. „Dadurch konnten wir die Baukosten auf 490 € je Mastplatz drücken. Für Dänemark ein durchschnittliches Kostenniveau“, so der Unternehmer.
Knudsen hat die Gesamtinvestitionen von gut 2,5 Mio € nicht bereut. Vor allem deshalb nicht, weil er die vorhandene Betriebsstätte weiterentwickeln konnte. So wurde im Zuge des Stallneubaus der alte Maststall für die Ferkelaufzucht umgebaut.
Rund die Hälfte der dort aufgezogenen Ferkel müssen nun nicht mehr transportiert, sondern können direkt in den angrenzenden Maststall umgestallt werden. „Gerade wenn man mehrere Standorte betreibt, ist das eine enorme Arbeitserleichterung“, betont Junglandwirt Knudsen.
Dass er im neuen Stall auch in Bezug auf Leistung und Gesundheit der Tiere einen Schritt nach vorne gemacht hat, bestätigt Knudsen zusätzlich. So liegen die Tageszunahmen mittlerweile bei 950 g. Die Futterverwertung von 1:2,55 lässt sich ebenfalls sehen.
„Ich bin überzeugt, dass sich die Schweinehaltung durch umweltschonende Baukonzepte weiterentwickeln kann“, so der Jungunternehmer. Deshalb baut er gerade knapp 15 km vom ersten Standort entfernt den selben Stall dieser Art noch einmal.
Fazit
Um seine Schweinehaltung weiter ausbauen zu können, entschied sich Kim Knudsen für ein energiesparendes und emissionsarmes Baukonzept.
Der Stall wird mit einer Kombination aus natürlicher und mechanischer Ventilation gelüftet. Nur 15 % der Luft wird unterflur abgesaugt und gefiltert. Damit erreicht Knudsen eine Reduzierung der NH3-Emissionen um 70%. Mit Kosten von rund 1 € pro Schwein ist Knudsens Abluftreinigung sehr kostengünstig.
Geheizt wird durch den Wärmeentzug in der Gülle. Der Wärmeaustausch reduziert ebenso wie die freie Lüftung den Energieverbrauch und mindert zusätzlich die Emissionen.
Da Knudsen auch mit der Leistung und Gesundheit der Tiere sehr zufrieden ist, baut er aktuell den nächsten Stall dieser Art.