Atemwegsprobleme spielen in der heutigen Schweineproduktion eine große Rolle, da sie zu fatalen ökonomischen Verlusten führen. Gerade in der kalten Jahreszeit treten sie vermehrt auf. Ein Grund ist, dass die Erreger bei hoher Luftfeuchte, niedrigen Temperaturen sowie bewölktem Wetter länger in ihrer Umgebung überleben können. Das Vorhandensein von Erregern führt nicht automatisch zu einer Erkrankung. Schließlich verfügt das Tier über Abwehrkräfte. Doch das Immunsystem kann geschwächt sein. Ursache hierfür können eine vorherige Infektion, Mykotoxine im Futter oder Stress durch Umstallen oder eine zu hohe Belegdichte sein. Oft wird eine Mischinfektion verschiedener bakterieller, viraler und parasitärer Erreger beobachtet (siehe Übersicht 1). Wie stark das Tier infolge der Infektion erkrankt, hängt u. a. vom Infektionsdruck und der krank machenden Wirkung (Pathogenität) der entsprechenden Erreger ab. Bei der Pathogenität unterscheidet man zwischen den verschiedenen Erregern, aber auch innerhalb einer Erregergruppe. Beispiel: Es gibt verschiedene APP-Stämme, wobei nicht alle das komplette Sortiment der Pathogenitätsfaktoren aufweisen. Die krank machenden Stämme (Serotyp 1, 5, 9 und 11) scheiden alle das APX I-Toxin aus. Bei weniger krank machenden Serotypen (7 und 12) fehlen entsprechende Toxine. Bei einer Infektionen kommt es hier in der Regel zu schwächeren Infektionsverläufen. Neben der krank machenden Wirkung kommt es auf den Infektionsdruck an. Ist dieser aufgrund von Hygienemängeln hoch, kann zum Beispiel die komplette Tiergruppe erkranken. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn das Rein-Raus-Verfahren nicht konsequent umgesetzt oder vor der Neubelegung eines Abteils nicht gereinigt und desinfiziert wird. Bei der Reinigung kommt es auf Gründlichkeit an. So hat sich der Einsatz von Einweichschaum bewährt, der anhaftende Fette spaltet und somit erst ermöglicht, dass das Desinfektionsmittel wirken kann. Zudem sollten nur DVG-gelistete Desinfektionsmittel in richtiger Dosierung eingesetzt werden. Als Grundregel gilt 0,4 lGebrauchslösung/m2 zu desinfizierende Buchtenfläche. Rechnet man Wände, Decke, Aufstallung und Zuluftbereich hinzu, sind rund 1 l Gebrauchslösung/m2 Grundfläche einzusetzen. Wichtig: Reinigungsarbeiten sind immer mit geschlossener Abteiltür und eingeschalteten Lüftern zu erledigen, da sonst Nebel mit entsprechenden Erregern in Nachbar-Abteile ziehen kann, wodurch es zur Ansteckung kommen kann. Neben den Hygienemaßnahmen muss auch die Lüftung bzw. die Luftqualität eines Abteils unter die Lupe genommen werden. So können unterschiedliche Lüftungssysteme zu Differenzen bei der Keimbelastung in der Luft führen. Zum Beispiel ist die Streptokokken-Belastung in der Stallluft bei Porenlüftung doppelt so hoch wie bei einer Futterganglüftung. Insbesondere die Luftgeschwindigkeit spielt eine Rolle. Im Tierbereich darf sie nicht über 0,2 m/s steigen. Denn Zugluft macht die Schweine krank! Auch nachts, wenn alle Tiere zur Ruhe kommen, muss die Luftgeschwindigkeit angepasst sein. Dies kann gerade bei der Unterflurabsaugung zum Problem werden. Die Lösung kann eine extra Abluftklappe als Bypass sein. Ferner sind die Stalltemperaturen der Größe der Tiere anzupassen und Schwankungen im Tierbereich über 4 °C zu vermeiden. Eine optimale Temperatur im Tierbereich ist nur dann zu gewährleisten, wenn der Messfühler im Tierbereich platziert wird. Im Winter ist auf eine Grundtemperatur der Zuluft von mindestens 5 °C zu achten, um hohe Schwankungen im Abteil zu vermeiden. Die relative Luftfeuchtigkeit im Abteil sollte zwischen 40 und 80 % liegen. Bei Werten über 80 % wird ein zusätzlicher Nährboden für Krankheitserreger geschaffen. Bei zu trockener Luft kommt es zum Austrocknen der Atemwege. Dann können die kleinen Flimmerhärchen nicht mehr optimal arbeiten, die für die Reinigung der Zuluft im Respirationstrakt verantwortlich sind. Oder die trockene Luft führt zu kleinen Schleimhautrissen. Diese können sich entzünden und somit den Erregern das Anhaften erleichtern. Dies kann zu entsprechenden Lungenentzündungen führen. Gleiches gilt bei zu hohen Schadgaswerten: Ammoniak stört die Zilienfunktion des Lungenepithels und ist somit ebenfalls Wegbereiter für Atemwegserreger. Der NH4-Gehalt in der Stallluft sollte unter 20 ppm liegen. Werden die Tiere trotz aller Vorsorge krank, ist schnelles Handeln erforderlich. Häufig kommt es bei einer Infektion mit Atemwegserregern zu klinischen Symptomen wie Niesen, Husten oder Flankenschlagen. Da anhand der Klinik in der Regel nicht eindeutig auf den ursächlichen Atemwegserreger geschlossen werden kann, sind weitergehende diagnostische Untersuchungen erforderlich. So können zum Beispiel pathologische Veränderungen Rückschlüsse auf gewisse Krankheitserreger bzw. Erregergruppen geben. Diese sind in der Sektion (Einzeltier) oder bei Schlachtlungenchecks (Gruppe) zu beurteilen. Pathologische Veränderungen unterteilt man in Entzündungen des Brustfells, Spitzenlappenentzündung, begrenzte nekrotische Veränderungen in der Lunge und sogenannte interstitiellen Entzündungen des Lungengewebes. Die Verdachtsdiagnose muss jedoch noch mithilfe des direkten oder indirekten Erregernachweises bestätigt werden. Bei dem indirekten Nachweis werden im Blut Antikörper nachgewiesen, welche zeitverzögert nach erfolgter Infektion vom Immunsystem gebildet werden. Problematisch ist, dass nicht zwischen Impf-, Maternal- und Infektionsantikörpern unterschieden werden kann. Bei dem direkten Nachweis wird der Krankheitserreger mittels Anzucht (Bakterien) oder der PCR (Viren) nachgewiesen. Als Probenmaterial eignen sich Nasentupfer, Tonsillengeschabsel, Proben von Lungengewebe und Lungenspül-Flüssigkeiten. Letztlich wird eine Diagnose durch die Kombination unterschiedlicher Diagnostikmaßnahmen getroffen. Atemwegserreger besiedeln die Lunge und vermehren sich, wodurch das Lungengewebe geschädigt wird und mit einer Entzündung reagiert. Hierdurch kommt es zu Fieber und zu einer reduzierten Futteraufnahme. Durch die Lungenentzündung wird vermehrt zäher Schleim gebildet, welcher den Erreger schützt, sodass er sich weiter vermehren kann. Ansatzpunkte einer effektiven Atemwegsbehandlung ist die Hemmung der bakteriellen Erregervermehrung mittels Antibiotikum, eine Linderung der Lungenentzündung und des Fiebers mittels Entzündungshemmers und die Gabe von Schleimlösern. Antibiotikum: Bei Atemwegsinfektionen handelt es sich in der Regel um Mischinfektionen mit verschiedenen viralen und bakteriellen Erregern. Da in der Tiermedizin nicht gezielt gegen Virusinfektionen behandelt werden kann, sollte eine spezifische antibiotische Behandlung auf Grundlage von Diagnostik stattfinden. Ein Antibiotikum sollte über einen ausreichend langen Zeitraum von mindestens zwei Tagen nach Abklingen der Symptome und in ausreichend hoher Dosierung gegeben werden, um die Entstehung von Resistenzen zu verhindern. Entzündungshemmer: Bei einer Lungenentzündung kommt es durch die Schwellung des Gewebes zwischen Lungenbläschen und Lungengefäß zu einer Zunahme der Diffusionsstrecke. Dies führt zu einer schlechteren Sauerstoffsättigung des Blutes und somit zu Leistungseinbußen. Zudem wird ein über das Blut wirkendes Antibiotikum den in den Lungenbläschen sitzenden Erreger in einer geringeren Konzentration erreichen. Entzündungshemmer wirken fiebersenkend, was die Futteraufnahme steigert. Hierdurch nehmen die Tiere schneller die über das Futter verabreichten Medikamente auf; die Verlusttage werden minimiert. Beim Einsatz der Enzündungshemmer ist auf genaue Dosierung nach Tiergewicht sowie auf die Wartezeit zu achten (siehe Übersicht 3). Schleimlöser: Oft kommt es durch die Entzündung zu einer vermehrten Produktion von Schleim, in dem Atemwegserreger regelrecht eingeschlossen werden. Dies verhindert den Heilungserfolg. Gezielt können hier Präparate mit dem Wirkstoff Bromhexin oder ätherische Öle eingesetzt werden. Vorbeugende Maßnahmen sind besser als Behandlungen, da jede Atemwegsinfektion zu enormen ökonomischen Verlusten führt. Durch eine Impfung können Antibiotika eingespart werden. Mittels Impfung kann das Tier gezielt gegen bakterielle und virale Erreger geschützt werden. Das Prinzip der Impfung ist, dass ein Erreger abgetötet oder abgeschwächt wird und das Schwein nach Gabe des Impfstoffes Abwehrstoffe gegen den speziellen Erreger produziert. Diese können nach erneutem Keimkontakt schnell und effektiv den Erreger bekämpfen. Wogegen sollte geimpft werden? Diese Frage lässt sich nur betriebsindividuell beantworten, da jeder Betrieb eine unterschiedliche Ausgangssituation hat. Für die Beantwortung sind die Lage des Betriebes und das Erregervorkommen entscheidend. Liegt der Betrieb isoliert, dann können Impfungen gegen Erreger, welche nicht in dem Betrieb nachgewiesen werden, eingespart werden. In schweinedichten Regionen hingegen sollten gewisse Impfungen zum Standardprogramm gehören. Eine generelle Impfung der Ferkel gegen PCV-2 und Mykoplasmen ist ratsam, da das Risiko für eine Infektion mit entsprechenden ökonomischen Verlusten zu hoch ist. Den Erfolg einer annähernd flächendeckenden Circo-Impfung zeigt die gesunkene Nachweisrate von PCV-2 in Flatdecktieren nach der Einführung der Impfung im Jahre 2006 (siehe Übersicht 4). Wenn man sich hingegen die Untersuchungsergebnisse auf Influenzaviren ansieht, zeigt sich ein Anstieg der Nachweishäufigkeiten in den letzten fünf Jahren (siehe Übersicht 5). Somit wird heute in schweinedichten Regionen empfohlen, die Sauen gegen Influenza zu impfen, um den Infektionsdruck im Flatdeck zu mindern. Davon profitiert letztendlich auch die Mast. An der Entstehung von Atemwegserkrankungen sind verschiedene Faktoren beteiligt. In der heutigen Schweineproduktion führen Atemwegserkrankungen zu hohen ökonomischen Verlusten. Daher sind Schweine mit Atemwegserkrankungen auf der Grundlage von Diagnostik schnell und effektiv zu behandeln. Impfungen sind ein effektiver Schutz gegen Atemwegserreger. Unterschiedliche Infektionsverläufe Infektionsdruck mindern Stallklima in Ordnung? Schnelle, effektive Diagnose So kranke Tiere behandeln Impfen beugt vor Fazit -Dr. Torsten Pabst, Dülmen - Kranke Lungen können zu verminderten Zunahmen, verlängerter Mastdauer und hohen Verlustraten führen. Impfungen bieten einen effektiven Schutz.