Dr. Robert Tabeling, Veterinärgesellschaft BHZP Stress und falsches Futter schlagen auf den Magen. Magengeschwüre bei Schweinen bleiben oft unerkannt, können jedoch zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen. Wie beugt man diesem Problem vor? M agengeschwüre treten häufiger auf als gemeinhin angenommen wird. In Problembetrieben können bis zu 80 % der Mastschweine Veränderungen an der Magenschleimhaut aufweisen. Je nach Schwere der Magengeschwüre fressen die Schweine schlecht, sind blass und erreichen in der Mast nicht die angestrebten Zunahmen. Bei hochgradigen Entzündungen besteht die Gefahr, dass das Geschwür aufbricht und das Tier innerlich verblutet. Auch bei den Sauen sind Magengeschwüre weit verbreitet. Aktuelle dänische Untersuchungen zeigen, dass 45 % der geschlachteten Sauen Veränderungen am Magen aufwiesen. Auf den untersuchten Betrieben waren Magengeschwüre die dritthäufigste Ursache für Sauenverluste. Die Geschwüre sind typischerweise am Magenanfang am Übergang von der Speiseröhre zum Magen zu finden. Probleme mit feinem Vermahlungsgrad Das Problem Magengeschwüre tritt weltweit bei jungen und alten Tieren auf. Die genauen Ursachen sind bislang nicht vollständig geklärt. Sicher ist, dass Magengeschwüre oft auf unterschiedliche Fütterungsfehler zurückzuführen sind. Die Probleme treten offensichtlich jedoch vor allem dann verstärkt auf, wenn gleichzeitig gravierende Haltungsmängel hinzukommen. Die wichtigsten Risikofaktoren sind in Übersicht 1 aufgeführt. Zu den fütterungsbedingten Ursachen zählt der Vermahlungsgrad des Futters. Dieser kann zusammen mit der Getreideart die Häufi gkeit und Schwere von Magengeschwü ren wesentlich beeinfl ussen. Gerade hohe An teile von sehr fein vermahlenen Weizen und Gerste tauchen immer wieder in Rationen auf, die in Problembetrieben verfüttert werden. Nach neueren Untersuchungen wird der Effekt der Feinvermahlung so beschrieben, dass der Mageninhalt sehr fl üssig ist und rasch entleert wird. Als Ergebnis dessen wird beobachtet, dass die Schichtung des Mageninhaltes verloren geht und im Bereich zum Übergang zur Speiseröhre, der besonders empfi ndlich ist, zu niedrige pHWerte auftauchen, so dass diese ungeschützte Region geschädigt wird. Dabei hat die Feinvermahlung des Getreides durchaus Vorteile. Denn sie sorgt dafür, dass der Mehlkörper von den an der Oberfl äche arbeitenden Verdauungsenzymen möglichst vollständig verdaut werden kann. So wird der energetisch volle Futterwert im Dünndarmbereich aufgeschlossen. Eine hohe Futterverwertung ist eine Voraussetzung für eine hohe Wirtschaftlichkeit in der Mast. Jedoch bereitet diese optimale Zerkleinerung den vor- und nachgelagerten Organen Magen und Dickdarm (Nahrungsbrei als Grundlage für die Zusammensetzung der Keime) Probleme. Die Wirtschaftlichkeit der feinen Vermahlung kann dann abnehmen, da Magengeschwüre und Imbalanzen in der Darmfl ora Tiergesundheit und Leistung negativ beeinfl ussen. Auch im Sinne des Tierschutzes sollte hier abgewogen werden. Doch nicht nur der Vermahlungsgrad spielt eine Rolle, sondern auch die Verabreichungsform des Futters. So hat die Pelletierung in puncto Futteraufnahme und -hygiene durchaus Vorteile. Doch gerade bei hohem Maisanteil in der Ration werden durch diese Bearbeitung die Stärkebestandteile verkleistert, was als besonders kritisch angesehen werden muss. Übersicht 2 zeigt Ergebnisse einer Untersuchung, die diese Problematik verdeutlicht. Immer wieder werden auch Zusatzstoffe diskutiert, die das Entstehen von Magengeschwüren begünstigen bzw. vor beugen sollen. Während ein Selen- oder Vitamin EMangel sich durchaus auf die Ent stehung und Schwere von Magengeschwüren auswirken kann, stehen organische Säuren bislang nicht im Verdacht, Magengeschwüre in ihrem Entstehen zu unterstützen. Nicht nur die Rationsgestaltung und die Futterstruktur spielen eine Rolle, sondern auch das Fütterungsregime. So sind der Futterentzug wie auch die Fütterungsfrequenz an der Entstehung von Magengeschwüren beteiligt. Auch werden Umstellungsphasen als risikoreich im Bezug auf die Entstehung von Magengeschwüren gewertet. Eine Risikogruppe sind Jungsauen. Sie sind besonders dann gefährdet, wenn sie in die Gruppenhaltung eingegliedert werden. Insbesondere bei fehlender Erfahrung mit der Fütterungstechnik stehen diese Tiere unter enormer Belastung. Auch die Zeit nach dem Einstallen in den Abferkelbereich bis zur Geburt ist hier zu nennen. In dieser Phase müssen sich die Sauen oftmals auf anderes Futter einstellen sowie an andere Fütterungszeiten und -technik gewöhnen. Zudem ist die Geburt für die Sau ein zusätzlicher Stressfaktor, der Auswirkungen auf den Verdauungstrakt haben kann. Stressfaktoren ausschalten Die Aufnahme von genügend Rohfaser wirkt hingegen positiv auf die Vorbeuge und die Heilung. Die Beobachtung, dass sich an Magengeschwüren erkrankte Tiere in eingestreuten Krankenbuchten wieder erholen können, fußt vor allem auf die damit verbundene zusätzliche Rohfaseraufnahme. Denn durch die Haltung in Systemen mit Stroheinstreu wird, im Gegensatz zur Haltung auf vollperforierten Böden, eine weitere Aufnahme von Rohfaser, die eine Struktur aufweist, ermöglicht. Auch saisonale Faktoren und der Keimdruck beeinfl ussen die Entstehung und Schwere von Magengeschwüren. So treten Magengeschwüre insbesondere bei großen Temperaturschwankungen im Herbst/Frühjahr oder bei durch eine Krankheit geschwächten Tieren auf. In Problembetrieben sind alle stressverursachenden Einfl üsse in puncto Haltung kritisch zu beleuchten. So sind Tiere in Großgruppen oder aus überbelegten Buchten anfälliger als Tiere, die weniger Stress ausgesetzt sind. In der Sauen- und Mastschweinehaltung scheint sich auch ein häufi ges Gruppieren und Transportieren der Tiere negativ auszuwirken. Dies vor allem dann, wenn Futterentzug hinzukommt. Inwieweit neben mechanischen Aspekten der Schichtung des Nahrungsbreies auch die bakterielle Magenfl ora am Anfangsbereich des Magens einen Einfl uss bei der Entstehung der Schäden hat, ist unklar. Vor etwa 20 Jahren entstand die Theorie, dass beim Menschen ein Bakterium (Helicobacter pylori) hauptverantwortlich für Magengeschwüre sei. Die Bedeutung dieses Erregers bei der Entstehung von Magengeschwüren wird beim Schwein zurzeit noch unterschiedlich gedeutet. Während einige Untersuchungen diesen Erreger mit den selteneren Veränderungen im mittleren Magenabschnitt in Verbindung sehen, ist seine Bedeutung bei den hier behandelten Geschwüren am Magenanfang wohl eher gering. Eine abschließende Beurteilung kann jedoch noch nicht erfolgen. Auch genetische Ursachen werden mit Magengeschwüren in Verbindung gebracht. Bei den aktuellen Zuchtausrichtungen bei Schweinen mit schnellem Wachstum und geringem Rückenspeck wurden Magengeschwüre mit höherer Frequenz beobachtet. Blässe und schwarzer Kot sind erste Zeichen Tiere mit Magengeschwüren zeigen Blässe und sind appetitlos, matt und abgemagert. Gelegentlich sind die Geschwüre schmerzhaft und die Schweine reagieren mit Zähneknirschen. Oft ist auch ein Erbrechen von blutigem Mageninhalt zu beobachten. Plötzlich verendete Tiere können in den Magen verblutet sein. Bei akutem Ver lauf ist teerfarbiger Kot zu beobachten. Chronisch kranke Schweine können zusätzlich Verstopfung zeigen. Wird blutiger Kot beobachtet und sind die Tiere blass und matt, ist aber auch der Einfl uss von infektiösen Ursachen (z. B. akute Lawsonieninfekion) wie auch von möglichen Vergiftungen (z. B. Überdosierung von Kupfersulfat) oder Folgen von Medikationen (z. B. früher ASS-Einsatz) in Betracht zu ziehen. Beim Auftreten von wiederholten Verlusten sind Sektionen anzuraten, da oft erst nach einer Sektion die Symptome am lebenden Tier den Veränderungen im Magen zugeordnet werden können. Erst nach Stellung der korrekten Diagnose ist es möglich, eine gezielte Therapie und Prophylaxe einzuleiten, welche die bestehende Problematik begrenzt und einem Auftreten von Neuerkrankungen vorbeugen hilft. Machen Sie die Siebanalyse! Stark betroffene Tiere sollten geschlachtet werden. Tiere mit geringerer Schwere an Veränderungen sollten akut mit Vitamin K über das Ergänzungsfuttermittel und Eisendextran versorgt werden. Zur Vorbeuge wird empfohlen, zwei Monate lang zusätzlich 100 g Vitamin E je t Futter zu verabreichen. Liegt der Verdacht nahe, dass Sekundärinfektionen beteiligt sind, sollten Antibiosen in ausreichender Dauer und Höhe erfolgen. Auch sind die Fütterungs- und Haltungsbedingungen zu überprüfen und ggf. diese zu optimieren, um den Heilungsprozess bei den geschädigten Tieren zu unterstützen und einem neuen Auftreten vorzubeugen. Bei klinischen Symptomen sind die Tiere am besten in eine eingestreute Bucht umzusetzen. Das Futter sollte grob vermahlen werden. Positive Erfahrungen wurden mit Rationen gemacht, die Anteile an Hafer enthielten. Um die Ursachen des Problems ausfi ndig zu machen, sollte die Teilchengröße des Futters überprüft werden. Bei schrotförmigem Futter ist dies einfach, da hier mit einfachen Siebsystemen entweder vor Ort oder im Labor eine schnelle Beurteilung möglich ist. Hierfür existieren verbindliche Methoden sowie Orientierungswerte zur Beurteilung. In der Übersicht 3 ist eine Einschätzung des Vermahlungsgrades in Mischfuttern für Schweine bei trockener Siebfraktionierung wiedergegeben, das für schrotförmige Mischfutter geeignet ist. Schwieriger wird es, wenn z. B. Mischfutter pelletiert oder gebröselt vorliegt. Die hier vorgestellte Siebanalyse auf dem Betrieb kann nicht weiterhelfen. Vielmehr muss eine Futterprobe eingesandt und eine so genannte nasse Siebanalyse durchgeführt werden. Das Problem ist, dass es für die Durchführung und Beurteilung keine verbindlichen Vorgaben gibt. Es wäre daher wünschenswert, wenn Futtermittelindustrie und Labore in Zusammenarbeit mit der LUFA und Hochschulen eine Standardmethode für die nasse Siebanalyse mit festem Beurteilungsschema erarbeiten würden. Liegen akute Probleme mit Magengeschwüren vor und sollen die Teilchengrößen untersucht werden, ist das Anliegen zuvor mit dem Mischfutterhersteller zu besprechen. Zusammen mit dem Tierarzt und dem Berater ist in einem Vorgespräch zu klären, welche Untersuchungen notwendig sind, welches Institut diese durchführen soll und wer die Kosten trägt. Bei der Mischfutterherstellung ist es ratsam, eine Vermahlung zu wählen in der 20 bis 25 % der Partikel größer als 1 mm sind. Wir halten fest In vielen Betrieben sind Magengeschwüre ein Problem, auch wenn diese oft zunächst unerkannt bleiben. Neben anderen Faktoren können vor allem Fütterungsfehler zusammen mit Haltungsstress die Auslöser sein. Betroffene Tiere sollten in Krankenbuchten umgestallt und behandelt werden. Stark betroffene Tiere sollten zum Schlachter gehen. Bei der Ursachenforschung liefert die Siebanalyse des Futters wertvolle Hinweise. Darüber hinaus sind alle Stressfaktoren bei Fütterung und Haltung zu prüfen und ggf. auszuschalten. - Tabeling,Robert -