Eine auf die Sauengrundlage abgestimmte Eberauswahl wird immer wichtiger. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund neuer Abrechnungsmasken.Seit einigen Monaten sind neue Klassifizierungsformeln bekannt, die ab Oktober angewendet werden. Die Schlachtbranche wird zeitgleich neue Abrechnungsmasken einführen. Diesen Einschnitt nehmen etliche Mäster und Sauenhalter zum Anlass, die genetische Ausrichtung und die Eberfrage neu zu diskutieren. Bei uns in Deutschland hat sich die Mehrzahl der Ferkelerzeuger für den Einsatz von Ebern der Rasse Piétrain entschieden. Somit stellt sich die Frage, welcher Piétrain aus welchem Zuchtprogramm am besten zur Sauengrundlage passt. Auch wenn die Leistungsprofile der angebotenen Piétrain-Herkünfte ähnlich sind, zeichnet sich die eine durch viel Wuchs, die andere durch viel Fleisch aus. Allerdings lassen sich die Zuchtwerte von Ebern unterschiedlicher Herkünfte nicht so ohne Weiteres vergleichen. Während es in der Rinderzucht über die Verbände hinweg große Datenpools und gemeinsame Zuchtwertschätzungen gibt, führt in der Schweinezucht jede Zuchtorganisation ihre eigene Zuchtwertschätzung durch. Somit ist der Ferkelerzeuger auf die Aussagen der Zuchtunternehmen bzw. auf Erfahrungsberichte aus der Praxis angewiesen. Oft entscheidet schlicht und einfach auch die Verfügbarkeit. Denn die KB-Stationen haben oft nur Piétrains aus bestimmten Programmen im Angebot. Neben dem Piétrain wird alternativ auch der Duroc eingesetzt. Seine Stärke ist die Wüchsigkeit. Schlachtversuche zeigen jedoch, dass es Probleme mit dem Schinkengewicht und der Bauchqualität geben kann. Wer vor der Frage steht, Duroc- oder Piétraineber einzusetzen, kann die Leistungsunterschiede in diversen Warentests oder Versuchsberichten als Anhaltspunkt nehmen. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die zu vergleichenden Ebergenetiken am besten nur an einer Sauenherkunft angepaart worden sind. Wenn die Entscheidung für ein bestimmtes Zuchtprogramm bzw. eine Eberherkunft gefallen ist, werden innerhalb dieses Rasseblocks die passenden Eber für den Betrieb ausgesucht. Die Zuchtwerte von Ebern einer Herkunft sind miteinander vergleichbar, da sie aus einer Zuchtwertschätzung stammen. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Sicherheit der ausgewiesenen Zuchtwerte variieren kann. Die Jungeber weisen oftmals sehr hohe Zuchtwerte auf, die jedoch nur auf Basis der Informationen aus der Eigenleistung oder den Verwandten berechnet worden sind. Die Sicherheit ist in diesen Fällen nur bei 30 bis 40 % anzusiedeln. Eine zusätzliche Nachkommenprüfung erhöht die Genauigkeit. Dies ist besonders dann der Fall, wenn Leistungen von vielen Nachkommen zur Verfügung stehen. Die Sicherheit der Zuchtwerte nachkommengeprüfter Eber beträgt 70 bis 80 %. Um die Einheitlichkeit der Ferkel zu verbessern, setzen einige Betriebe bewusst wenige KB-Eber ein. Diesen Betrieben wird empfohlen, sich ausschließlich für Eber mit sicheren Zuchtwerten zu entscheiden. Dies sind Vertreter der nachkommengeprüften Mittelklasse oder Top-Genetik-Eber. Zwar sind Jungeber züchterisch im Schnitt genauso hoch einzustufen wie die geprüfte Mittelklasse. Und man hat die Chance, zukünftige Top-Genetik-Eber ohne den Zuschlag einzusetzen. Doch das Risiko, eine Minusvariante zu erwischen, ist genauso groß. Deshalb sollten Betriebe, die vermehrt Jungeber-Sperma einsetzen, das Risiko streuen und nicht alles auf eine Karte setzen. Da je nach Umfang und Qualität der Prüfungen die Sicherheit der Zuchtwerte variiert, wird gefordert, den dazugehörigen Sicherheitskoeffizienten mit auszuweisen. Bislang haben nur der Verband und die KB-Stationen aus Bayern diesen Vorschlag aufgegriffen. Die Besamungseber werden oftmals nach ihren Gesamtzuchtwerten rangiert. Um jedoch die richtigen Eber für die eigene Sauenherde bzw. den vorgegebenen Vermarktungsweg der Schweine zu finden, sollte man sich die Einzelzuchtwerte für die wichtigen Merkmale anschauen. Bei vielen KB-Stationen und Zuchtverbänden erfolgt die Darstellung der Zuchtwerte tierindividuell im Balkendiagramm für alle ökonomisch relevanten Merkmale wie z.B. Zunahme, Futterverwertung und Magerfleischanteil. Somit sind die Stärken eines Ebers auf den ersten Blick klar zu erkennen und ermöglichen die optimale Auswahl des passenden Endproduktebers für den Ferkelerzeugerbetrieb. Lässt es der Vermarktungsweg zu und werden auch etwas flacher bemuskelte Schweine gut bezahlt bzw. bringt die Sau bereits genügend Fleisch mit, sollten Vatertiere mit einem hohen Zuchtwert für „Zunahme” und „Futterverwertung“ eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang ist auch die Schlachtkörperlänge von Interesse, die bei einer Stationsprüfung ausgewiesen wird. Viele Ferkelerzeuger werden jedoch insbesondere auf die Schlachtkörperqualitäten achten wollen. Hier liefern der Teilzuchtwert für Fleischanteil bzw. die Teilzuchtwerte für die AutoFOM-Teilstücke wichtige Anhaltspunkte. In einigen Programmen wird zusätzlich zu den wirtschaftlich relevanten Merkmalen wie Tageszunahme, Muskelfleisch-anteil und Futterverwertung auch auf die Fleischqualität geachtet. Hier liefert z. B. der Teilzuchtwert „Tropfsaftverlust” wertvolle Hinweise und sollte bei den Überlegungen berücksichtigt werden. Um abzusichern, dass man bei den Spermalieferungen auch die Wunscheber bekommt, sollte man eine Vorbestellung aufgeben. Viele KB-Stationen haben sich inzwischen auf diese Situation eingestellt und verfügen über entsprechende EDV-Programme zur Verwaltung der Vorbestellungen. Die Sperma-Vorbestellung sollte regelmäßig alle sechs Monate überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Dabei sollten immer auch die neuesten Zuchtwerte und Rangierungen der Eber berücksichtigt werden. Aktuelle Ergebnisse werden meist zeitnah im Internet veröffentlicht. Hilfreich sind auch Eberlisten bzw. -pools, die von den Besamungsstationen oder Vermarktungsorganisationen zusammengestellt werden. Hier greift der Ferkelerzeuger auf Eber eines definierten Typs zurück. So werden Listen von Ebern zusammengestellt, die Mindestanforderungen z. B. in puncto Fleischigkeit erfüllen oder bei der Nachkommenprüfung mit überdurchschnittlichen Zunahmen abgeschnitten haben. Im Nachgang zur Einführung neuer Klassifizierungsformeln und Abrechnungsmasken wird oft auch die Frage nach dem richtigen Eber gestellt. Über die Eberauswahl kann schnell auf die neue Vermarktungssituation reagiert werden. Dabei werden die Zuchtwerte für die wichtigen Merkmale Zunahme sowie Muskelfleischanteil bzw. AutoFOM-Kennzahlen verglichen und entsprechende Eberpools gebildet. Die Zucht-, Beratungs- und Besamungsorganisationen bieten hier wertvolle Hilfe an. Ebergenetik wechseln? Jungeber: Risiko streuen Auf Teilzuchtwerte achten Wunscheber vorbestellen Fazit -Heinrich Niggemeyer, SUS-