Nach 3,5 Jahren ist das Thüringer Kooperationsprojekt „Bestandssanierung“ mit dem Aufbau einer PRRS-negativen Nukleusherde abgeschlossen. Nur mit gesunden Schweinen lassen sich optimale Leistungen erzielen und können die Produktionskosten weiter gesenkt werden. Ein hoher Gesundheitsstatus verbessert zudem die Absatzchancen. Um sich hier Vorteile zu erarbeiten, sind Thüringer Schweinezüchter der Idee nachgegangen, einen genetisch hochwertigen Schweinezuchtbestand aufzubauen, der frei von PRRS, Schweineräude und den Erregern der Schnüffelkrankheit (Rhinitis atrophicans) sowie der Dysenterie ist. Es sollte dabei auf vorhandene Genetik zurückgegriffen werden. Betriebe des Mitteldeutschen Schweinezuchtverbandes e. V. (MSZV) stellten ausgewählte weibliche Zuchtläufer (Landrasse, Leicoma) im Alter von 21 bis 28 Tagen zur Verfügung. Mit der Schweinehof Ostrau GmbH wurde ein Mitgliedsbetrieb gefunden, der bereit war, den Altbestand zu räumen und die hochgesunden Zuchttiere aufzunehmen. Bestandsuntersuchung Die Aufzucht der speziell für dieses Ziel ausgewählten Tiere erfolgte nach einer fünfwöchigen Quarantänezeit in der Leistungsprüfanstalt Dornburg des Thüringer Lehr-, Prüf- und Versuchsguts GmbH Buttelstedt. Sie führte die notwendigen einheitlichen, erregerspezifischen Prophylaxemaßnahmen, diagnostische Kontrollen und die Eigenleistungsprüfung der Jungsauen von 30 bis 100 kg Lebendmasse durch. Die Erfolgschancen wurden seitens der Tierärzte eher niedrig eingeschätzt, weil ein intensives Bestands-Screening erhebliche „Instabilitäten“ in den teilnehmenden Zuchtbetrieben ergab. In allen Herden wurden Virämiker und Neuinfektionen mit US- und/oder EU-Stamm günstigstenfalls ab ca. 45. bis 130. Lebenstag nachgewiesen. In zwei Betrieben wurden bereits virämisch geborene Ferkel bzw. Neuinfektionen im Flatdeck während der betrieblichen Quarantäne festgestellt. Die Leiter der Betriebe entschieden daraufhin, keine Tiere ins Projekt zu liefern, um es nicht überdurchschnittlich zu gefährden. Das mit dem Schweinegesundheitsdienst entwickelte Screening-Programm sah so aus: Alle potenziell anzuliefernden Ferkel wurden zehn Tage vor dem Absetzen (ca. 12. Lebenstag) geblutet und diag-nostisch auf PRRS-Virus (US- und EU-Stamm) untersucht. Im Fall eines Virusbefundes (PCR positiv) wäre die ganze Gruppe von der Beschickung in die Quarantäne ausgeschlossen worden. Zusätzliche Behandlungen Impfbetriebe ließen ihre Ferkel zusätzlich auf Antikörper untersuchen. Risiken des Diagnostikprogrammes waren neben dem „diagnostisch toten Winkel“ zwischen Probenahme und Vorliegen der Befunde bzw. Einstallung der Ferkel in eine Quarantäne falsche Ergebnisse bei der PCR-Diagnostik bzw. dass bei Tieren aus Impfbetrieben maternale Antikörper gefunden werden können. Nach dieser ersten Hürde folgte in der fünfwöchigen Quarantäne am 47. Lebenstag (25. Haltungstag) wiederum eine Blutentnahme, um die PRRS-Freiheit zu bestätigen. Auch hier galt: Im Falle eines Virusbefundes wäre die ganze Quarantänegruppe nicht umgestallt worden. Diese aufwändigen Maßnahmen waren aber nur ein Teil des Projektes: Da das Ziel auch in der Eradikation toxinbildender Pasteurellen, der Brachyspira hyodysenteriae und der Räudemilben bestand, mussten zusätzliche Behandlungen sowohl der Mütter als auch der Ferkel verbindlich eingehalten werden: Endektozid-Behandlung aller Mütter zur Senkung des Parasitendrucks; Zweimalige Antibiose der ausgesuchten Saugferkel am 2. und 18. Lebenstag mittels Ceftiofur; Zweimalige Endektozid-Behandlung der Ferkel am 47. und 62. Lebenstag in der Quarantäne; Einstallprophylaxe der Ferkel in Quarantäne über 21 Haltungstage mit Tiamulin und Tetracyclin (Ausnahmegenehmigung lag vor). Hoher Gesundheitsstatus Den Erfolg des vorgegebenen Behandlungsprogrammes bestätigten die mindestens zweimaligen Einzeltierkontrollen und die Abschlussuntersuchung aller 17 Jungsauen-Verkaufsgruppen. Auf dieser Grundlage bescheinigte der Thüringer Schweinegesundheitsdienst folgenden Gesundheitsstatus : PRRS-frei: Blut untersucht über ELISA auf Antikörper; Unverdächtig bezüglich Porcine Rhinitis atrophicans. Hierzu wurden Nasentupfer mittels PCR auf toxinbildende Pasteurellen untersucht; Unverdächtig bezüglich Räude: Blut untersucht über ELISA auf Antikörper gegen Sarcoptes-Milbe; Unverdächtig bezüglich Dysenterie: Kotproben untersucht auf Brachyspira hyodysenteriae über PCR; Salmonellen-kontrolliert und in Kategorie I eingestuft: Hierfür wurde Blut auf Antikörper untersucht. Der Empfängerbetrieb, die Schweinehof Ostrau GmbH, hat beginnend ab Juni 2008 insgesamt 583 Jungsauen und sechs Eber in seinen geräumten Bestand übernommen. Im April 2009 wurde der Bestand „geschlossen“, d.h. er reproduziert sich jetzt selbst. Hohe Leistungen, geringe Veterinärkosten Die Schweinehof Ostrau GmbH wirtschaftet im Drei-Wochen-Rhythmus. Mit Hilfe des Sauenplaners wurden die ersten 15 Abferkelgruppen ausgewertet, davon sieben Jungsauengruppen. Die Abferkelrate betrug 88 %, und es wurden 29,5 insgesamt geborene bzw. 27,4 lebend geborene Ferkel je Sau und Jahr erreicht. Ferner wurden weniger als 8 % der Ferkel tot geboren. Die Saugferkelverluste betrugen 8,1% über alle Gruppen. Von den 411 DL-Jungsauen, die bisher einen ersten Wurf realisierten, wiesen 84 % mindestens 10 geborene Ferkel auf (siehe Übersicht 1). Nach Sauenplanerauswertungen betrug die Wurfgröße im ersten und zweiten Wurf 13,3 Ferkel gesamt bzw. 12,3 Ferkel lebend geboren. Im dritten Wurf erreichten die Sauen im Schnitt 13,8 insgesamt geborene Ferkel je Wurf bzw. über 13 lebend geborene Ferkel je Wurf (siehe Übersicht 2). Das mittlere Geburtsgewicht aus Jungsauenwürfen betrug 1,4 kg, während die Ferkel aus den zweiten Würfen im Mittel 1,6 kg wogen. Ferkel aus dem dritten Wurf brachten ebenfalls im Schnitt 1,6 kg auf die Waage. Eberhard Stahr, Geschäftsführer der Schweinhof Ostrau GmbH, positionierte sich zum Bestandssanierungsprojekt so: „Entscheidend für uns war, dass wir trotz guter biologischer Herdenleistungen mit über 25 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr auf der Stelle traten.“ Hinzu kamen Tierarzt- und Medikamentenkosten von ca. 150 € je Sau und Jahr. Seine Erwartungen an den Bestands-austausch fasste er wie folgt zusammen: Reduzierung der Tierarzt- und Medikamentenkosten ; Senkung der Tierverluste; Bessere Futterverwertung; Senkung des Arbeitsaufwandes. Und die Effekte der Bestandssanierung sind spürbar. Per 31.10.09 lassen sich die Einsparungen beim Aufwand für die Tiergesundheit auf 33 000 € (76 €/Sau) beziffern. Addiert man die Kostenreduzierung im Bereich Aufzucht/Mast, ergibt sich eine Gesamtersparnis von 85 000 €. Selbst vorsichtig kalkuliert dürfte sich der Aufwand der Sanierung nach spätestens drei Jahren amortisiert haben. So zeichnet sich ab, dass sich die Bestandssanierung für den Betrieb rentieren wird. Auf die Frage nach einer Wiederholung der Entscheidung antwortet der Betriebsleiter mit einem uneingeschränkten „Ja“. Zuchtorganisation profitiert Der Neuaufbau einer besonders leistungsstarken und hochgesunden Nukleusherde in der Schweinehof Ostrau GmbH bietet dem Zuchtverband MSZV neue Möglichkeiten am Zuchtschweinemarkt. Bereits im Sommer 2009 konnte eine größere Anlage aus dem SPF-Bestand der Schweinehof Ostrau GmbH repopuliert werden. Die kommende Sanierung eines sächsischen Betriebes wurde bereits vereinbart. Mit Aufnahme der Jungsauenproduktion wird ein Ferkelerzeuger mit adäquatem Gesundheitsstatus über die Schweinehof Ostrau GmbH remontiert. Bezüglich des genetischen Nutzens betont Dr. Gunter Hallfarth, Geschäftsführer des MSZV, wie wichtig es für die Züchtervereinigung ist, sich mit dem Sanierungskonzept auseinander zu setzen. Er schätzt, dass eine Reihe leistungsstarker Landrassegenealogien für die Landeszucht erhalten bleiben und damit die züchterischen Möglichkeiten breiter werden. Unter Wahrung der hohen genetischen Anforderungen kann sich der Zuchtfortschritt deutlich progressiver entwickeln. Fazit Das Projekt „Bestandssanierung“ konnte mit dem Abschluss des neuen Nukleusbestandes in der Schweinehof Ostrau GmbH erfolgreich abgeschlossen werden. Die Sanierungsziele (PRRS-, RA-, Dysenterie-, Räude-frei) wurden erreicht. Damit liegt der Gesundheitsstatus der Herde deutlich über dem der Ausgangsherden. Die Wurfgröße bei den Jungsauen der Deutschen Landrasse entspricht den Erwartungen. Sie stellen eine sehr gute Basis zur Erzeugung leistungsfähiger F1-Sauen für die Ferkelproduktion dar.