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Kein Plan beim Tierschutzplan

Berlin muss endlich für Planungssicherheit sorgen. Ein Kommentar von Paul Hegemann, BRS.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir feilt weiter eifrig an seinem Tierschutzplan. Derzeit peitscht er seinen Gesetzesentwurf für die Tierhaltungskennzeichnung durch Bundesrat und Bundestag. Gemeinsam mit Bundesbauministerin Klara Geywitz treibt er die Änderung des Baugesetzbuches voran. Özdemir macht Druck bei der Anpassung der TA Luft. Der grüne Minister handelt und hat damit bereits im ersten Amtsjahr mehr Dynamik entwickelt als seine beiden Vorgänger zusammen.

Mit seinen zahlreichen Aktivitäten will Özdemir Zielkonflikte auflösen. Das ist grundsätzlich richtig so! Der Bau neuer Tierwohlställe z. B. funktioniert nur, wenn das Baugesetzbuch das zulässt. Leider aber steckt der Teufel wie so oft im Detail. So auch beim Tierhaltungskennzeichnungsgesetz: Sollte sein Gesetzesvorhaben im Dezember auch vom Bundestag ver­abschiedet werden, droht privatwirtschaftlich organisierten Labeln Ungemach. Die Zukunft vieler etablierter Tierschutzlabel, die vom Ferkel bis zur Ladentheke denken, steht spätestens dann auf dem Spiel, wenn sich der Handel auf das verpflichtende staatliche Label beruft und seine freiwilligen Zahlungen einstellt. Warum Özdemir bei seinen Plänen die Wirtschaft nicht mit ins Boot holt, bleibt sein Geheimnis. Damit hat er eine große Chance vertan, denn das Haltungsform-Modell des Handels ist beim Verbraucher mittlerweile etabliert.

Ebenso schwer wiegt, dass der Minister die Ferkelerzeuger bei ­seinen Planungen weiterhin stoisch ignoriert. Anstatt ihnen Zukunftsperspektiven zu bieten, werden Sauenhalter vertröstet und mit immer neuen Auflagen konfrontiert. Die Reißleine zuerst ziehen die Familienbetriebe – also genau die Betriebe, welche die Gesellschaft sich so sehnlichst wünscht.

Auch bei den geplanten Änderungen zum Baugesetzbuch muss man genau hinschauen. Hier soll es nach den Vorstellungen des Ministers nur Änderungen geben, wenn das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz verabschiedet wird. Die Pläne sehen zudem vor, dass Landwirte ihre Stallgrundfläche nicht erweitern und die Tierart nicht wechseln dürfen. In den Genuss der baulichen Erleichterungen sollen zudem nur Betriebe kommen, die die Haltungsformen „Frischluft“, „Auslauf/Freiland“ oder „Bio“ umsetzen. ITW-Betriebe oder Schweinehalter mit ­QS-Ware sollen außen vor bleiben. Heißt im Klartext: Die konven­tionelle Tierhaltung hat künftig keinen Platz mehr. Spätestens jetzt wird klar, dass Özdemirs Tierschutzplan der Plan fehlt. Denn angesichts explodierender Lebenshaltungskosten brauchen wir die konventionelle Schweinehaltung mehr denn je!