Neues Pestvirus bei Schafen könnte Schweinen gefährlich werden

Wissenschaftler des Instituts für Virologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover (TiHo) haben bei kleinen Wiederkäuern eine neue Pestivirusspezies entdeckt, die eine erstaunlich enge Verwandtschaft mit der Klassischen Schweinepest (KSP) besitzt. In Blutproben von türkischen Schaf- und Ziegenherden waren Forschern der mit der TiHo kooperierenden Universität Ankara Antikörper aufgefallen, die in einem hohen Maße mit KSP-Viren reagierten. Der Fund habe auf eine mögliche Infektion der Tiere mit KSP hingedeutet, womit das Virus auf andere Spezies übergegangen wäre, erläuterte Institutsleiter Prof. Paul Becher. Gegen diese Theorie hätten allerdings die klinischen Symptome der infizierten Tiere gesprochen; diese hätten auf eine Infektion mit dem bei Schafen und Ziegen vorkommenden Border-Disease-Virus schließen lassen. Nach Angaben von Becher wurden in einer Studie die kompletten Genome von zwei Virusisolaten aus den betroffenen Beständen entschlüsselt. Diese zeigten, dass die Viren Vertreter einer neuen Pestivirusspezies seien. Genetisch sei diese mit der Schweinepest ähnlich eng verwandt wie mit der Border-Disease. Außerdem habe man herausgefunden, dass Antikörper, die nach einer Infektion mit den neu entdeckten Pestiviren entstünden, den KSP-Virus-spezifischen Antikörpern ähnlicher seien als denjenigen nach Infektionen mit dem Border-Disease-Virus. Damit seien die Antikörper gegen diese neu entdeckten Viren mit herkömmlichen, serologischen Testmethoden nicht von solchen nach einer Infektion mit KSP zu unterscheiden, stellte Becher fest. Für die KSP-Überwachungsprogramme, aber auch für die wissenschaftliche Begleitung von Impfkampagnen, seien diese Tests jedoch unverzichtbar. Eine Übertragung von solchen Pestiviren auf Schweine und deren Ausbreitung in Haus- und Wildschweinen wäre damit ein ernstes Problem für die etablierten KSP-Bekämpfungsstrategien. Allerdings konnte Becher zunächst Entwarnung geben, denn experimentelle Infektionen an Schweinen hätten keine Hinweise auf eine effiziente Virusvermehrung und Ausscheidung geliefert; auch hätten sie keine Krankheitssymptome ausgelöst. Dennoch seien diese neu entdeckten Viren mögliche Kandidaten für einen Wirtswechsel, auch wegen der hohen Mutationsrate. „Sie könnten dann zu einem großen Problem werden“, warnte Becher.  (AgE)