52 % Aufgabequote – Ferkelerzeugung am Scheideweg

Kastration, Kupierverzicht, Kastenstand - die deutsche Ferkelerzeugung steht vor großen Herausforderungen. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) nahm dies als Anlass um mithilfe einer Umfrage das Stimmungsbild auf den Sauenbetrieben einzufangen und die Ergebnisse heute auf einer Pressekonferenz in Osnabrück vorzustellen. Insgesamt nahmen an der Befragung 645 Betriebe teil. Die durchschnittliche Bestandsgröße der Teilnehmer liegt bei 379 Sauen. Die Mehrheit ist in Niedersachsen und NRW ansässig, aber auch viele im Süden liegende Betriebe beantworteten die Fragen.

Dabei ging es im Wesentlichen darum, ob die Betriebsleiter in der Sauenhaltung eine Zukunft sehen oder sie einstellen wollen. Erschreckendes Ergebnis: 52,1 % der befragten Schweinehalter wollen in den kommenden zehn Jahren ihre Sauen abschaffen! Dabei ist eine klare Abhängigkeit zwischen Betriebsgröße und Ausstiegsquote zu erkennen. So wollen fast 85 % der Betriebe unter 150 Sauen aufgeben – mehr als ein Drittel davon schon in den nächsten zwei Jahren. Andererseits wollen knapp 80 % der Sauenhalter mit 600 und mehr Sauen in der Produktion bleiben. "Außerdem kristallisiert sich heraus, dass viele der befragten Kombibetriebe die Ferkelerzeugung einstellen und auf die Mast setzen wollen", so ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.

Die Gründe für einen Ausstieg sind vielfältig. Mit der Möglichkeit zur Mehrfachnennung dominieren mit Werten von um die 50 % vor allem die zukünftigen Auflagen zum Kupierverzicht, zur Haltungsform speziell in der Abferkelung sowie der Kastration. Auch die fehlende Perspektive und die gesellschaftliche Kritik an der modernen Schweinehaltung spielen eine gewichtige Rolle. Bemerkenswert ist, dass nur 22 % der Sauenhalter ökonomische Beweggründe anführen.

Entsprechend der hohen Aufgabebereitschaft ist der Investitionswille gering. Lediglich 12 % der Betriebe gaben an, in den kommenden zehn Jahren Geld in die Sauenhaltung investieren zu wollen. Tendenziell sind das eher die größeren Betriebe, wobei selbst in der Kategorie 600 Sauen und mehr nur 18 % Investitionen planen. Henning Schulte-Uffelage aus Hilter am Teutoburger Wald machte auf der Pressekonferenz deutlich, warum auch hier der Investitionswille klein ist. Der Landwirt hält selbst gut 600 Sauen. Ihm würde die Umsetzung der neuen Haltungsauflagen einen Millionenbetrag kosten, da er viele verschiedene Produktionsbereiche neu strukturieren müsste. "Nur um genauso viele Tiere zu halten, wie vorher. Das ist betriebswirtschaftlich kaum zu rechtfertigen", stellte er klar.

Für die ISN senden die Umfrageergebnisse klare Alarmsignale aus. "Vor allem die Summe der immer neuen Auflagen zermürbt die Sauenhalter", erklärte Dr. Karl-Heinz Tölle von der ISN. Hinzukommt der Investitionsstau. Ohne technischen Fortschritt und neue Ställe sinkt schleichend die Wettbewerbsfähigkeit und die Ferkelimporte aus Dänemark und Holland dürften neue Höhen erreichen. Daher fordert die Interessengemeinschaft die Politik auf, den Sauenhaltern durch rechtliche Planungssicherheit und Möglichkeiten der Weiterentwicklung wieder eine Perspektive zu geben. Außerdem müssen für brennende Problemfelder, wie den Kastenstand und die Kastration, praktikable und europaweit akzeptierte Lösungen her.