In Westpolen steigt die Zahl der ASP-infizierten Wildschweine rasant an. Erstmals traf die Seuche dort die Hausschweine. Wie geht es weiter?
Fred Schnippe, SUS
Die Fallzahlen zur Ausdehnung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Polen sind dramatisch. Bis Redaktionsschluss (23. März) gab es dieses Jahr mehr als 1400 ASP-Ausbrüche bei Wildschweinen. Das ist mehr als das Doppelte wie im selben Zeitraum des Vorjahres.
Gefährlich für Deutschland ist die weitere Zuspitzung der ASP-Situation in Westpolen. Seit dem Erstausbruch im November letzten Jahres musste Warschau die direkt an Deutschland grenzenden Restriktionszonen mehrfach ausdehnen. Die Pufferzone misst inzwischen fast 200 km Durchmesser.
Gleichzeitig reißt die Zahl der Neu-Infektion bei Wildschweinen nicht ab. Allein bis Anfang März wurden in der direkt an Deutschland grenzenden Provinz Lubus sowie der Nachbarprovinz Großpolen mehr als 250 ASP-Fälle bei Schwarzwild gemeldet. Nach den Funden in direkter Grenznähe zu Deutschland dehnte sich das Geschehen zuletzt vor allem nach Nordosten aus. Damit dringt das Virus immer weiter in die Schweinehochburg in Großpolen vor.
Mitte März trat das Virus erstmals in Westpolen auch bei Hausschweinen auf. Die nur gut 60 km von Deutschland entfernte Großanlage mit mehr als 23 700 Schweinen wurde gekeult.
Viele Wildschweine, viel Wald
Doch warum gelingt es Warschau nicht, das Virus zumindest im Westen des Landes aufzuhalten? Hier kommen mehrere Faktoren zusammen:
- Die für die Wildschweine verantwortlichen Jagd- und Forstbehörden sind halbstaatlich und genießen große Freiheiten. Die Behörden haben sich lange stark kommerziell orientiert. Wildschweine wurden oftmals durch ausländische Jäger erlegt – Stichwort Devisenjagd. Eine radikale Bejagung im Sinne der Seuchenpräventation ist damit schwer vereinbar.
- Die gewaltige Größe der ASP-Gebiete erschwert die Bekämpfung. Allein das Sperrgebiet in Westpolen umfasst inzwischen rund zwei Mio. Hektar!
- Die ASP-Gebiete weisen riesige Waldgebiete auf, die über 50% der Fläche ausmachen. Wildschweine finden hier hervorragende Lebensräume und sind lebend oder tot nur sehr schwer auffindbar.
- Die wiederholt milden Winter mit entsprechend gutem Nahrungsangebot steigern die Reproduktionsrate auf bis zu 250%. Das heißt: Wo heute 100 Wildschweine leben können es ohne Jagd im nächsten Jahr 350 sein.
- Polens Westen weist nach früheren Erhebungen der Veterinärbehörde mit rund 1,5 Wildschweinen je Quadratkilometer die höchste Populationsdichte im Land auf. Allein in der an Deutschland grenzenden Provinz Lubus könnten mehr als 20000 Wildschweine leben.
Jagd stark vermindert
Das größte Problem dürfte aber sein, dass die Jagd auf Wildschweine in den ASP-Restriktionszonen stark reduziert oder fast zum Erliegen gekommen ist. Dies hat auch damit zu tun, dass die Jäger Wildschweine aus dem Sperrgebiet nicht mehr außerhalb der Zone verkaufen und bei strikter Umsetzung nur in der Familie verzehren dürfen. Hierdurch ist der Preis für Wildschweinefleisch in den betroffenen Gebieten von umgerechnet 1 € auf weniger als 30 ct/kg eingebrochen.
Hinzu kommt, dass jedes Wildschwein in den Sperr- und Beobachtungsgebieten vor dem Verzehr auf ASP-Erreger beprobt werden muss. Alle Jäger müssen die Tiere in behördlich festgelegte Kühlhäuser bringen. Aufgrund des Mangels an Kühlzentren sind teilweise weite Fahrtwege von mehr als 50 km zurückzulegen.
Zudem muss jeder Jäger Begleitpapiere ausfüllen und mitunter etliche Tage auf die Freigabe des Wildstückes warten. Die hohen Auflagen und niedrigen Fleischpreise haben vielen Jägern die Lust auf Wildschweine verhagelt.
Zwar gibt es bislang keine offiziellen Zahlen zur Wildschweinestrecke. Doch Jäger aus Westpolen berichten bereits über stark gesunkene Abschusszahlen. „In unserem 14000 ha großen Revier schießen wir normalerweise 400 bis 500 Wildschweine im Jahr. Im jetzt abgeschlossenen Jagdjahr liegen wir aufgrund der ASP-Restriktionen 50% darunter“, berichtet ein Jäger.
Kommt der feste ASP-Zaun?
Für Deutschland bleibt das von Westpolen ausgehende ASP-Risiko daher groß. Dass Sachsen bis Mitte März wie Brandenburg einen 128 km langen Schutzzaun im Grenzgebiet gebaut hat, ist richtig. Experten sind sich aber einig, dass der mobile Elektrozaun mit unter 1 m Höhe nur begrenzt schützt.
Weitere Hoffnungen ruhen daher auf einem festen ASP-Zaun, den Deutschland auf polnischer Seite im Grenzgebiet errichten möchte. Geplant ist ein massiver Wildschutzzaun, der auf et-wa 200 km Länge das gesamte ASP-Gebiet in Westpolen nach Deutschland abschotten soll.
Hierzu haben sich Politiker und Seuchenexperten beider Länder bereits intensiv ausgetauscht. Wobei Deutschland sowohl finanzielle Mittel als auch Hilfspersonal für den Zaunbau zugesagt hat. Bisher gibt es allerdings keine abschließende Bewertung von polnischer Seite.
Fazit
- In Westpolen breitet sich die ASP bei Wildschweinen weiter rasant aus.
- Erstmals traf es im Westen auch die Hausschweine.
- Die Sperrgebiete wurden nochmals Richtung Großpolen ausgeweitet.
- Das riesige ASP-Gebiet mit viel Wald erschwert die Seuchenbekämpfung.
- In den Restriktionszonen stockt die Wildschweinjagd.
- Der geplante massive ASP-Zaun in Grenznähe lässt weiter auf sich warten.
- Für Deutschland bleibt das Seuchenrisiko hoch.