Fleischkonsum im Wandel

Schweinefleisch ist zwar mit Abstand die beliebteste Fleischsorte in Deutschland. Doch gerade pflanzliche Alternativen können immer mehr Verbraucher für sich gewinnen.

Michael Werning, SUS

Angetrieben vom großen Erfolg der Discounter und dem Konsumhunger der sogenannten Boomer-Generation bewegte sich der Fleischkonsum der Deutschen rund um den Jahrtausendwechsel zwischen 60 und 62 kg. Gute Zeiten insbesondere für die wachstumsfreudige Branche rund ums Schweinefleisch. Das erfreute sich seinerzeit mit weitem Abstand der größten Beliebtheit und erreichte mit einem Verzehr von mehr als 40 kg im Jahr 2010 seinen Höhepunkt. Mit der steigenden Nachfrage zog auch die Schweinefleischerzeugung bzw. -verarbeitung an. Im Rekordjahr 2015 wurde die Marke von 60 Mio. Schweineschlachtungen nur knapp verfehlt.

Wenige Jahre später ist an diese Zahlen nicht mehr zu denken. Zwar verzehrte der durchschnittliche Bundesbürger nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) im Jahr 2020 noch 57,3 kg Fleisch (siehe Übersicht 1). Das Schweinefleisch steht dabei aber nur noch für einen Anteil von knapp 33 kg. Tendenz weiter sinkend.

An Beliebtheit verloren

Die Gründe für diese Abkehr sind vielfältig. Die Diskussionen um bessere Haltungsbedingungen und Tierrechtlerkampagnen haben dem Image der deutschen Schweinehaltung sicherlich nicht gut getan. Doch sie reichen als Erklärung nicht aus, warum das Schweinefleisch überproportional an Zuspruch verloren hat. Andere Faktoren greifen tiefer und sind teils durch den Ausbruch der Coronapandemie weiter befeuert worden.

Viele Menschen saßen im Homeoffice und über mehrere Monate musste die Gastronomie schließen. Zwangsläufig wurde in den eigenen vier Wänden mehr gekocht als zu normalen Zeiten und man setzte sich intensiver mit dem Thema Ernährung auseinander.

Von dem veränderten Verbraucherverhalten profitierten andere Fleischsorten. Denn während weniger Schweinefleisch gekauft wurde, wuchs die Nachfrage insbesondere nach Geflügelfleisch. Dessen Konsum steigt bereits seit Jahren kontinuierlich an und lag in 2020 bei über 13 kg pro Kopf.

Hähnchenfleisch ist fettarm, proteinreich und gilt dadurch als gesündeste Fleischsorte. Hinzu kommt, dass es leicht zuzubereiten ist und in fast allen Kultur- und Religionskreisen auf dem Speiseplan steht. Das ist nicht nur wichtig bezüglich der Nachfrage der privaten Haushalte, sondern auch der Versorgung von Kantinen, Kindergärten und Schulen.

In Großküchen spielt das Rindfleisch eher eine untergeordnete Rolle. Dafür hat es sich sowohl im Gastrobereich als auch in den Privathaushalten vor allem als Premiumprodukt etabliert. Die seit Jahren stabile Verzehrmenge von rund 10 kg pro Bundesbürger fußt inzwischen vor allem auf der Nachfrage nach Steaks. Große Bratenstücke werden dagegen immer weniger nachgefragt, da in immer mehr Haushalten das Know-how für die Zubereitung von traditionellen Schmor- und Kochgerichten fehlt.

Zahl der Flexitarier wächst

Ein zweiter wichtiger Faktor ist der Umstand, dass immer mehr Deutsche eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit einem gemäßigteren Fleischkonsum verbinden. Wie weit diese Einstellung mittlerweile verbreitet ist, macht eine aktuelle Studie der international tätigen Unternehmensberatung Kearney...