Was bringt Aldis Vorstoß?

Große LEH-Ketten wollen ab 2030 nur noch Frischfleisch aus Haltungsform 3 und 4 anbieten. Was heißt das für die Erzeugerstufe? Welche Rolle spielt die Politik?

Fred Schnippe, SUS

Aldis Offensive beim Tierwohl ist ein Paukenschlag für die Branche. Ende Juni verkündete der Discounter überraschend, frisches Schweinefleisch aus der konventionellen Haltung in vier Jahren aus dem Sortiment zu streichen (Übersicht). Bis 2030 will man sogar die Haltungsform 2 bzw. ITW beim Frischfleisch auslisten. Ab dann will Aldi in diesem Segment nur die Haltungsform 3 (Außenklima) und Haltungsform 4 (Bio) anbieten.

Wettbewerb zieht nach

Der Wettbewerb reagierte umgehend. So wollen Rewe und Penny seit Juli bei den Eigenmarken nur frisches Schweinefleisch ab Haltungsstufe 2 verkaufen. Bis 2030 soll das gesamte Frischfleisch aus den Stufen 3 und 4 stammen. Obendrein will die Rewe-Gruppe bis 2025 mehr als 50% seiner Wurstwaren mindestens auf ITW-Standard hochschrauben.

Kaufland will bereits seit Juli kein frisches Schweinefleisch mehr aus konventioneller Haltung anbieten. Ausgenommen sind nur Filet und Innereien. Gleichzeitig will Kaufland den Absatz aus Haltungsform 3 und 4 bis 2023 verdoppeln. Mit seinem Wertschätze-Label ist das Unternehmen schon seit mehreren Jahren flächendeckend in den oberen Haltungsstufen aktiv.

Lidl will bis Ende dieses Jahres nahezu sein gesamtes Frischfleisch auf Haltungsstufe 2 umstellen. Gleichzeitig will man bei den Eigenmarken die Stufen 3 und 4 ausbauen. Zudem verkündete Lidl auch bei den Wurstwaren die Haltungsform auszuweisen und bis 2025 komplett auf ITW-Ware umzusteigen.

Edeka und die zugehörige Netto haben sich bisher nicht offiziell geäußert. Laut Medienberichten plant Edeka aber ähnliche Schritte wie die Wettbewerber.

Bei den Schweinehaltern stößt das unerwartete Vorpreschen von Aldi&Co. überwiegend auf Skepsis. So sind die großen LEH-Ketten für ihren schonungslosen Umgang mit ihren Erzeugerbetrieben bekannt. Vor allem die Discounter setzen auf ihre Preisführerschaft. So verspricht Aldi in seiner Tierwohl-Kampagne, dass es das hochwertige Fleisch weiter zum günstigen Discountpreis geben wird.

Bauern sind skeptisch

Viele Landwirte haben daher Zweifel, dass der Lebensmittelhandel ihre Mehrkosten für eine besonders tiergerechte Haltung fair bezahlt. Denn keine der Ketten hat bisher erklärt, welche Tierwohlboni sie bezahlen will und wie das Geld sicher bei den Bauern ankommen soll.

Die jüngsten Ereignisse um einbehaltene Zuschläge für ITW-Schweine verstärken die Zweifel. Wenn der LEH nicht einmal bereit ist, die 5,28 € Bonus für alle registrierten ITW-Betriebe zu bezahlen, wie soll dies dann bei den höheren Stufen mit noch höheren Kosten gelingen?

Woher kommt das Fleisch?

Zudem fragen sich die Schweinehalter, wie sie den aufwendigen Umbau ihrer Ställe für mehr Tierwohl so kurzfristig schaffen sollen. So geben die LEH-Ketten mit der Umstellung auf...