Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Reklamation von Futtermitteln?
Henning Busch: Die rechtliche Aufarbeitung ist oft schwierig. Denn juristisch lässt sich der Zusammenhang zwischen Problemen im Stall und der Futterqualität meist nicht einwandfrei nachweisen. Je länger der Zeitabstand zwischen Minderleistungen bzw. gesundheitlichen Problemen der Tiere und einer Kontrolle der Futtermittel ist, desto größer ist das Problem.
Wie reagieren die Futterhersteller?
Viele Mischfutterhersteller kennen die Bedeutung der zeitlichen Abläufe und spielen bei Reklamationsanfragen be- wusst auf Zeit. In vielen Fällen ist das Futter schon ein bis zwei Wochen im Silo, bis die erste Probe ins Labor geht.
Wie lässt sich dem vorbeugen?
Im Idealfall zieht der Landwirt von jeder Futterlieferung selbst Rückstellmuster, bevor der Fahrer das Futter ins Silo füllt. Der Probenbeutel sollte mit einem Klebestreifen fest verschlossen werden. Auf dem Beutel werden Futtersorte, Probedatum und Lagerort mit einem wasserfesten Stift vermerkt.
Und wenn der Landwirt bei der Anlieferung nicht vor Ort ist?
Dies lässt sich insbesondere bei größeren Betrieben mit mehreren Standorten nicht vermeiden. Der Landwirt sollte dann unmittelbar nach der Anlieferung zusammen mit einer zweiten Person, z.B. einen Mitarbeiter, ein Rückstellmuster ziehen. Die Probe wird zusammen mit dem Lieferschein und einem Probeprotokoll aufbewahrt. Das Protokoll enthält das Probedatum, die Futtersorte und die Silonummer und wird von beiden beteiligten Personen unterzeichnet.
Was ist zu tun, wenn bereits Probleme im Stall auftreten?
Dann ist Eile geboten, um möglichst schnell belastbare Beweise zu sichern. Der Landwirt sollte umgehend mit Zeugen eine Probe aus dem Silo ziehen. Sind größere Futtermengen betroffen, empfiehlt es sich, einen unabhängigen Probennehmer, zum Beispiel von der LUFA, zu beauftragen. Parallel sollte der Landwirt die Rückstellmuster vom Hersteller anfordern. Die Vor-Ort-Probe und das Rückstellmuster gehen zusammen ins Labor.
Sind Rückstellproben immer verfügbar?
Die Hersteller sind verpflichtet, zumindest von jeder größeren Futterlieferung eine Rückstellprobe zu ziehen und über einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Erfolgt das nicht, kann dies als Beweisvereitelung gewertet werden. Die Beweisanforderungen und Möglichkeiten sind dann im Gerichtsverfahren für den Landwirt besser.
Wie verlaufen gerichtliche Auseinandersetzungen?
Die Reklamation von Futtermitteln vor Gericht ist vielfach sehr zäh und langwierig. Ein Kernproblem ist, dass der rechtliche Rahmen wenig Regelungen zur Qualität von Futtermitteln und deren Auswirkungen auf die Nutztiere bietet. Hinzu kommt, dass die Hersteller in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen mitunter verschiedene Regelungen zur Produktqualität verschachteln, die sie in Haftungsfragen wenig angreifbar machen.
Können bessere Verträge dem vorbeugen?
Theoretisch kann der Landwirt mit seinem Futtermittellieferanten zusätzliche Vereinbarungen treffen. Hierin könnte zum Beispiel stehen, dass der Rohproteingehalt im Gegensatz zum EU-Futtermittelrecht nur um maximal 0,5 Prozentpunkte von der Deklaration abweichen darf. Ob sich der Verkäufer darauf einlässt, ist aber fraglich. Besser sieht es bei der Futtermittelbestellung im Internet aus. Denn hier verknüpft der Hersteller mit seinem Produkt nicht selten eine bestimmte Qualität bzw. Auswirkung auf die Tiere.
Was heißt das für die Praxis?
Bei Zweifeln an der Futterqualität sollte der Landwirt umgehend Kontakt mit seinem Lieferanten aufnehmen. Im Idealfall findet man schnell eine einvernehmliche Lösung. Leider bieten die Hersteller oft Kulanzregelungen an, die für die Landwirte kaum akzeptabel sind. Hier gilt es geschickt zu verhandeln. Je besser die Datengrundlage der Futterproben, desto besser sind die Karten des Käufers.