Futterzusatzstoffe – früher etwas belächelt, heute in vielen Rationen unentbehrlich. Denn der Markt hat in Bezug auf Nährstoffeffizienz und Darmgesundheit einiges zu bieten.
Hier noch ein Pülverchen, da noch ein Pülverchen“- der Einsatz von Futterzusatzstoffen wurde lange als Schnickschnack abgetan. Doch das ist zu kurz gegriffen. Seit einigen Jahren sind phytogene bzw. chemische Futterzusatzstoffe feste Bestandteile vieler Futterrationen, egal ob bei Sauen, Ferkeln oder Mastschweinen.
Umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass deren Einsatz die biologischen Leistungen und die Tiergesundheit verbessern kann. Seit einigen Jahren rückt zudem der Umweltaspekt in den Fokus. Durch die Düngegesetzgebung sind die Schweinehalter dazu angehalten, die Nährstoffeffizienz ihrer Produktion zu optimieren. Auch hier können bestimmte Futtermittelzusätze einen wichtigen Beitrag leisten.
Hohe P-Verfügbarkeit
Angefangen bei dem Enzym Phytase, das aus stark N- und P-reduzierten Futterkonzepten nicht mehr wegzudenken ist. Bei diesen Rationen liegen die Phosphorgehalte teils bei unter 0,4%. Allein schon aus ernährungsphysiologischer Sicht muss der in den pflanzlichen Futterkomponenten enthaltene Phosphor bestmöglich verwertet werden. Problem ist nur, dass ein Teil davon so nicht vom Schwein verdaut werden kann. Und hier kommt dieses besondere Enzym ins Spiel.
Phytasen spalten das an Phytinsäure bzw. Phytat gebundene Phosphor auf und machen den Nährstoff für das Schwein verdaubar. Für diesen Spaltungsprozess ist ein Mindestgehalt an Phytat notwendig, der in klassischen getreidereichen Futterrationen nahezu immer gegeben ist. Gleiches trifft auf Futterrezepturen zu, die mit Rapsextraktionsschrot oder Nebenprodukten, wie z.B. Weizenkleie, angemischt werden.
Um die Freisetzung von Phosphor durch den Einsatz von Phytasen abzusichern, sollte man auch die Calciumversorgung im Blick haben. Ein hoher Ca-Gehalt im Futter bzw. ein hohes Ca:P-Verhältnis mindert die Phytaseeffizienz, da das Calcium für die Phytase unzugängliche Komplexe mit dem Phytat bildet. Zudem besteht die Gefahr, dass durch eine Erhöhung des pH-Wertes im Darm die Phytaseaktivität gehemmt wird. Da solche Störfaktoren schnell auftreten können, sind etwas höhere Phytasedosierungen immer anzuraten.
Eine andere Enzymgattung, die viel im Schweinefutterbereich eingesetzt wird, sind die NSP-spaltenden Enzyme. Sie sind in der Lage, komplexe Kohlenhydrate, sogenannte Nicht-Stärke-Polysaccharide, aus pflanzlichen Zellwänden (z.B. Cellulose) in kleinere Kohlenhydrate aufzuschlüsseln. In dieser Form stehen sie dem Tier entweder direkt als Energiequelle zur Verfügung oder werden von den Darmmikroben im Dickdarm fermentiert und erfüllen dort diesen Zweck. Zudem hat dieses Enzym einen positiven Einfluss auf die Kotbeschaffenheit.
Ruhige Tiere dank Tryptophan
Schaut man auf die Rationsergänzung mit Aminosäuren, muss es nicht zwangsläufig um die Rohproteinabsenkung gehen. So wird aktuell viel über den Einsatz von Tryptophan gesprochen. Über diese Aminosäure ist schon seit Längerem bekannt, dass sie im Stoffwechsel eine wichtige Rolle für die Bildung des Botenstoffes Serotonin inne hat.
Serotonin wird umgangssprachlich auch als „Glückshormon“ bezeichnet. Es fördert das Wohlbefinden und folglich stellt sich bei einem höheren Versorgungslevel ein beruhigender Effekt ein. Zwar ist klar, dass das Auftreten von Schwanzbeißen multifaktoriell bedingt ist. Jedoch scheinen erhöhte Tryptophanmengen im Futter in manchen Fällen ein probates Mittel zu sein, um dieser Verhaltensstörung vorzubeugen.
Präbiotika fördern gute Keime
Zu den bekanntesten Futterzusatzstoffen gehören die Prä- und Probiotika. Bei den Erstgenannten handelt es sich um längere Kohlenhydratketten, die vom Tier nur eingeschränkt verdaut werden können und so in den hinteren Teil des Darms gelangen.
Dort dienen sie den nützlichen Darmbakterien, wie Hefen und Milchsäurebakterien, als Wachstumssubstrat. Während sich die nicht-pathogenen Keime im Darm stark ausbreiten, werden die krankmachende Keime, wie z.B. E. coli und Clostridien, unterdrückt. Sie können Präbiotika nur stark eingeschränkt für sich nutzen. So entwickelt sich eine ausgewogene Darmflora, die für eine gute Tiergesundheit essenziell ist. Denn der Darm spielt nicht nur eine wichtige Rolle bei der Nährstoffversorgung, er gilt auch als größtes Organ des Immunsystems.
Neben den Präbiotika auf pflanzlicher Basis werden häufig Produkte aus Hefen eingesetzt. Hierzu zählen die ß-1.3-1.6-Glukane und vor allem die Mannan-Oligosaccharide (MOS). Den MOS wird die Fähigkeit zugeschrieben, Infektionserreger, wie Salmonellen und E. coli, im Darm zu binden und dafür zu sorgen, dass sie über den Kot ausgeschieden werden. Erste Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass dieses Präbiotika reduzierend auf Clostridien wirkt.
Sporen erzeugen gute Enzyme
In den letzten Jahren sind eine ganze Reihe von Probiotika-Produkten auf den Markt gekommen, die gute Wirkungen gegen pathogene Mikroorganismen erzielen. Dabei unterscheidet man in erster Linie zwischen Milchsäurebildnern, die über den pH-Wert ein wünschenswertes Milieu im Magen-Darmtrakt herstellen, und Sporenbildnern, die direkt Substanzen wie Enzyme produzieren.
Zu den Sporenbildnern gehören zum Beispiel die verschiedenen Bacillus-Stämme. Sie bieten den Vorteil, dass die Bakterien Sporen als stabile Stadien ausbilden. Die Sporen sind hitzeresistent und unempfindlich gegenüber niedrigen pH-Werten.
Das bietet den Vorteil, dass Präparate aus Bacillussporen häufig in Verbindung mit anderen Futtermittelinhaltsstoffen, wie z.B. organischen Säuren, eingesetzt werden können. Außerdem können Bacillus-Stämme über pelletiertes Futter verabreicht werden, da die Sporen durch die hohen Temperaturen beim Pelletierprozess nicht geschädigt werden.
Da sich die Probiotika-Stämme nicht dauerhaft im Darm ansiedeln, müssen die Präparate kontinuierlich eingesetzt werden. Die Einsatzmenge bzw. -dauer hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählt die Stabilität im Futter bzw. Verdauungstrakt, die Wirkungsart und der Ist-Zustand der Darmflora.
Generell lässt sich sagen, dass gerade bei einer instabilen Darmflora die Einmischrate der Probiotika höher angesetzt werden sollte. Zu diesen Belastungssituationen zählen das Aufstallen junger Tiergruppen in der Aufzucht sowie Futter- und Klimaumstellungen. Auch nach einem therapeutischen Antibiotikaeinsatz können Probiotika helfen, wieder ein gesundes Darmmikrobiom aufzubauen.
Oregano, Paprika und Co.
Ein wachsendes Segment im Bereich der Futterzusatzstoffe sind natürliche Pflanzenstoffe, sogenannte Botanicals. In der Regel werden sie direkt als Mischungen aus Kräutern bzw. Gewürzen oder in Form von Extrakten (ätherische Öle, Tinkturen oder Oleoresine) ins Futter eingemischt. Zu den bekanntesten zählen Resveratrol (Trauben), Curcumin (Kurkuma), Thymol/Carvacrol (Oregano/Thymian) und Capsaicin (Paprika).
Je nach Ausgangspflanze bzw. Pflanzenteil dominieren eine oder mehrere Verbindungen, die auch als sekundäre Pflanzenstoffe bezeichnet werden. Der Gehalt dieser sekundären Pflanzenstoffe wird durch das Extraktionsverfahren, die Erntezeit oder die geografische Lage beeinflusst. Alternativ werden auch chemisch synthetisierte Verbindungen, die chemisch eine Kopie ihrer natürlichen Vorbilder sind, dem Futter zugesetzt.
Anders als zu den Anfängen der Botanicals steht nicht mehr unbedingt die appetitanregende Wirkung im Fokus, sondern deren antimikrobielle, antioxidative und entzündungshemmenden Wirkungen insbesondere im Darm. Neue Untersuchungen belegen sowohl das große Potenzial einiger Pflanzenstoffe in Bezug auf die Nährstoffresorption im Darm sowie die Unterstützung der natürlichen Darmbarriere gegenüber pathogenen Mikroorganismen und Toxinen. Durch den Einsatz rein chemischer Botanicals oder deren Kombination mit natürlichen Extrakten lassen sich zudem Bekämpfungsstrategien gegen bestimmte Krankheitserreger, wie Salmonellen oder E. coli, entwickeln.
Aromen für den Geschmack
Eine besondere Rolle spielen natürliche und synthetische Aromen als sogenannte sensorische Zusatzstoffe. Deren Einsatz hat immer einen Effekt auf Geruch und Geschmack des Futters. Und das macht man sich vor allem dann zunutze, wenn die Futterakzeptanz bzw. -aufnahme gesteigert werden soll.
Um ein Futter näher an die Geschmackspräferenz der Schweine heranzubringen, eignen sich je nach Altersgruppe unterschiedliche Zusatzstoffe. Beim Absetzen sind das vor allem milchähnliche Aromen (Milch-, Karamell- und Vanillenoten), die das Ferkel an die Milchernährung durch die Sau erinnern.
In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Memory-Effekt. So hat sich gezeigt, dass Ferkel mehr fressen, wenn ihrem Futter das gleiche Aroma zugesetzt wird, wie dem Laktationsfutter der Sau. Bei dieser Art von Prägung haben die Ferkel früh von der Sau gelernt, dass dieses bestimmte Futteraroma unbedenklich und zum Fressen geeignet ist.
Im Mastbereich werden dagegen deutlich weniger Aromen eingesetzt, als in der Ferkelfütterung. Dennoch ist auch hier die Auswahl sehr groß, wobei Praxiserfahrungen zeigen, das Mastschweine oft fruchtige Aromen, wie z.B. rote Früchte, präferieren.
Häufig wird auf solche Aromen zurückgegriffen, um weniger schmackhafte Futterkomponenten in der Ration zu überdecken. So eignen sich manche Aromen aufgrund ihrer chemischen Struktur sehr gut dazu, saure bzw. bittere Geschmacks- und Geruchsfragmente zu überdecken. Außerdem können Aromen Futterübergänge erleichtern. Die sind immer heikel, gerade wenn aus technischen Gründen keine Futterverschneidung möglich ist.
Niedriger pH-Wert gewünscht
Ein Futterzusatzstoff, der falsch dosiert sogar zu einer sinkenden Futteraufnahme führen kann, sind die organischen Säuren und ihre unterschiedlichen Bindungsformen. Richtig eingesetzt wirken sie allerdings gesundheits- und leistungsfördernd, weshalb sie zum Standard in modernen Futterkonzepten zählen. Dabei besteht ihre Kernaufgabe entweder darin, den pH-Wert im Magen-Darmtrakt des Tieres oder im Futter zu senken.
Ein niedriger pH-Wert im Magen-Darmtrakt unterstützt die Verdauungsprozesse und ist die Säurewirkung, die in der Schweinefütterung besonders im Fokus steht. Denn durch verstärkte Enzymaktivitäten von z. B. Proteasen und Phytasen wird die Proteinverdaulichkeit bzw. P-Freisetzung maßgeblich gesteigert. Zudem sorgt ein saures Milieu dafür, dass sich die Darmzotten im Dünn- und Dickdarm gut entwickeln und Nährstoffe besser verdaut werden.
Das macht den Säureeinsatz gerade bei abgesetzten Ferkeln sinnvoll. Zu diesem Zeitpunkt durchleben die Tiere eine Stresssituation, gleichzeitig ist der Verdauungsapparat noch nicht voll ausgereift und es erfolgt die Futterumstellung von Milch auf festes Futter.
So kann es beim Absetzen passieren, dass der pH-Wert im Magen des Ferkels mehrere Tage bei 5,0 oder höher liegt und sich pathogene Keime vermehren. In der Folge kommt es dann häufig zu Durchfall. Damit in diesem Fall eine Säurezugabe ihre Wirkung entfalten kann, ist es entscheidend, dass die Pufferkapazität des Futters, welche häufig durch Mineralstoffe beeinflusst wird, gering gehalten wird.
Zahlreiche Studien haben zudem die positiven Auswirkungen von Säuren auf die Leistung gezeigt. So wurde bei Sauen eine Zunahme der Rückenspeckdicke sowie höhere Geburts- und Absetzgewichte der Ferkel und bei Mastschweinen bessere Tageszunahmen nachgewiesen. Diese Ergebnisse lassen auf eine verbesserte Nährstoffverwertung schließen. Darüber hinaus führt die effektivere Verdauung von Eiweiß auch zu einer geringeren Stickstoffausscheidung und damit zu einer geringeren Umweltbelastung.
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