Eine Praxisstudie zeigt: Ein hoher Feinpartikelanteil im Futter schadet der Magengesundheit nicht, wenn ausreichend Grobpartikel enthalten sind.
Magenerkrankungen sind ein weit verbreitetes Problem beim Schwein. In Studien zeigten bis zu 20% der Tiere Magengeschwüre. Leichte und mittelgradige Schäden der Magenschleimhaut treten noch deutlich häufiger auf. Die Ursachen für Magengeschwüre sind vielfältig und nicht ganz geklärt. Im Fokus stehen Stress und eine unzureichende bzw. zu feine Futterstruktur.
Krankhafte Magenveränderungen treten vor allem im Bereich der Einmündung der Speiseröhre auf. Hier ist die Schleimhaut weniger vor der Magensäure geschützt. Bei strukturarmen Rationen steigt das Risiko einer unzureichenden Schichtung des Futterbreis im Magen. Feines Futter verlässt den Magen zudem recht schnell. Beides führt dazu, dass die Magensäure stärker auf die empfindlichen Schleimhautareale einwirken kann.
Schweine mit akuten Magengeschwüren zeigen meist recht klare Symptome. Sie können plötzlich blass werden und setzen fast schwarzen, teerartigen Kot ab. Häufig treten spontane Verluste auf.
Als Sofortmaßnahme gilt die Vorlage von Heu oder Stroh sowie der Zusatz rohfaserreicher Komponenten. Zudem ist der Vermahlungsgrad des Futters zu prüfen. Eine gröbere Vermahlung fördert die Magengesundheit, drückt jedoch die Futterverwertung. Gefragt ist daher die richtige Balance aus Magengesundheit und Wachstumsleistung.
Feldstudie im Großbetrieb
Wie dies gelingen kann, sollte eine Promotionsarbeit am Institut für Tierernährung der Tierärztlichen Hochschule Hannover zeigen. Basis ist eine Feldstudie in einem Praxisbetrieb mit 11.300 Mastplätzen. Dieser sollte aufgrund seiner Hammermühle, der Futterfermentation und dem Einsatz von Altbrot sehr feines Futter und damit eine hohe Anfälligkeit für Magenerkrankungen aufweisen.
Voruntersuchungen zeigten jedoch das Gegenteil: Die Mägen waren sehr gesund. Der Praxisbetrieb erwies sich damit als höchst interessantes Positivbeispiel, um prophylaktische Maßnahmen gegen Magenprobleme ableiten zu können.
Der Betrieb hat 17er- sowie 34er-Buchten. Die Schweine werden per Sensor-Flüssigfütterung mit einem Tier-Fressplatz-Verhältnis von 3:1 versorgt. Der Mäster fermentiert eine Vormischung aus Weizen, Roggen, Triticale und Sojaschrot, die rund 50% der Gesamtration ausmacht. Mit vier der fünf Ställe nimmt er an der Initiative Tierwohl teil. In diesen Ställen ist eine Strohdusche installiert.
Futterstruktur analysiert
In der ersten Untersuchungsphase kam der Vermahlungsgrad des Futters auf den Prüfstand. Hierbei ist zu beachten, dass der Betrieb bereits 2018 seine Hammermühle auf ein Drahtsieb umgerüstet hat, um die Futterstruktur zu verbessern. Für die Untersuchung erfolgte zeitweise ein Rückbau auf das Lochsieb.
Die Partikelgrößen wurden mit einer nassen Siebanalyse ermittelt. Zunächst zu den Ergebnissen mit dem Lochsieb. Dieses hat mit den 3,2 mm großen Löchern eine offene Siebfläche von 32%. Mit dem Lochsieb wies die Vormischung aus Getreide und Sojaschrot einen Grobanteil mit Partikeln von mehr als 1 mm Größe von 47% auf. Der Feinanteil mit Partikeln unter 0,2 mm Größe lag bei 31% (siehe Übersicht 1).
Die Fermentation machte die Vormischung erheblich feiner. Der Grobpartikelanteil verringerte sich mit 18% auf weniger als die Hälfte. Während sich der Feinanteil auf 71% mehr als verdoppelte.
Die Vermahlung mit dem Drahtsieb erbrachte erwartungsgemäß eine deutlich gröbere Struktur. Das Drahtsieb mit einer Maschenweite von 3,5 mm bietet eine offene Siebfläche von 45%. Bei diesem Sieb dominierten die Grobpartikel mit einem Anteil von 65%. Der Feinanteil betrug lediglich 22%.
Interessant ist auch die Partikelgrößenverteilung des extern vermahlenen Altbrotes, das am Ende des Mischvorgangs beigefügt wird. Das Altbrot zeigt einen Grobanteil von 32% bei gleichzeitig hohem Feinanteil von 46%. Dies erklärt sich dadurch, dass dem Brot zur Verbesserung der Fließeigenschaften Getreidespelzen beigemengt sind. Zudem enthält das Brot wenig zerkleinerte Körner aus Vollkornwaren. Der Anteil besonders großer Partikel mit mehr als 3,15 mm Größe ist daher im Altbrot im Vergleich zu anderen Futtermitteln um das Zehnfache erhöht.
Abschließend wurden die Partikelgrößen des trogfertigen Futters bestimmt. Sie bezieht sich auf die Vermahlung mit dem Drahtsieb, da dies die bewährte Methode im Betrieb ist. Je nach Mastphase lag der Grobanteil des fertigen Futters bei 29 bis 34%. Während der Feinanteil zwischen 54 und 58% ausmachte.
Ist der Magen gesund?
Im nächsten Schritt kam die Magengesundheit auf den Prüfstand. Hierzu wurden am Schlachthof 272 Mägen mit dem neunstufigen Magenscore nach Borgelt bonitiert. Hier steht die Note 0 für gesunde Mägen. Während die Note 5 die größte Schleimhautschädigung in Form eines Magengeschwüres kennzeichnet.
Die Schlachtbefunde bestätigten die guten Daten der Voruntersuchung. So erhielten 213 Schweine einen Magenscore zwischen 0 und 1. Das entspricht einem Anteil von 78%. (siehe Übersicht 2). Wobei der Score 0,5 mit geringfügigen Veränderungen der Schleimhaut mit 166 Tieren mit Abstand am häufigsten war. Es ist zu betonen, dass tief greifende Veränderungen in Form von Magengeschwüren kein einziges Mal auftraten. Der mittlere Score von 0,9 bestätigt die hohe Magengesundheit.
Um den Einfluss der Strohgabe auf die Mägen zu bewerten, wurde eine Versuchsgruppe mit 450 Tieren gebildet. Bei ihnen stoppte der Betrieb die Strohzufuhr in den letzten drei Wochen vor der Vermarktung. Die 100 aus dieser Gruppe untersuchten Mägen zeigten ebenfalls eine hohe Gesundheit. So war der durchschnittliche Magenscore mit 0,88 praktisch identisch mit der Kontrollgruppe.
Stärke und Stroh im Kot
Zusätzlich wurde der Strohgehalt im Kot ermittelt. Stroh ist für Schweine nahezu unverdaulich. Die Strohmenge im Kot lässt deshalb Rückschlüsse zu, wie viel Stroh die Tiere gefressen haben.
Die zugrunde gelegte Modellkalkulation zeigt, dass die Strohaufnahme unabhängig von der Körpermasse mit weniger als 0,2 g je Tier und Tag sehr niedrig ist. Der Strohanteil macht unter 0,01% der Futteraufnahme aus. Bei diesen Mengen sind weder Vorteile für die Magengesundheit noch Nachteile bei der Verdaulichkeit des Futters zu erwarten.
Der Kot wurde zusätzlich auf seinen Stärkegehalt untersucht. Dies zeigt, wie gut die Tiere das Futter verwerten konnten. Im Praxisbetrieb kam es nur zu geringen Stärkeverlusten von 15 bis 19 g je kg Trockenmasse über den Kot. Das spricht für eine gute Futterverwertung.
Fokus auf Grobpartikel
In dieser Praxiserhebung zeigten die Tiere bei einem Futter mit einem Grobanteil von 31% und einem Feinanteil von mehr als 32% keine Einbußen in der Magengesundheit. Ausschlaggebend ist hier der hohe Grobpartikelanteil. Dieser konnte offensichtlich die von hohen Feinanteilen ausgehenden Risiken für die Magenerkrankungen kompensieren. Das heißt: Bei der Bewertung von Siebanalysen sollte nicht allein der Feinanteil im Fokus stehen, sondern zusätzlich der Anteil grober Partikel.
Basis für die gute Futterstruktur ist insbesondere der Austausch des Lochsiebes der Hammermühle gegen ein Drahtsieb. Vorteilhaft ist zudem, dass der Betrieb nur etwa die Hälfte seiner Futterkomponenten fermentiert. Denn das begrenzt die Partikelzerkleinerung durch die Fermentation.
Somit gelang der Balanceakt, die Magengesundheit auf hohem Niveau zu halten, ohne vermehrte Nährstoffverluste über den Kot in Kauf nehmen zu müssen.
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Dr. Katrin Schmitz, Tierzentrum Krefeld