Futter sollte möglichst resourcenschonend eingesetzt werden. Die Böseler Goldschmaus zahlt einen Effizienzbonus an ihre besten Betriebe.
Michael Budde, NLW, Dr. Gerald Otto, Goldschmaus Gruppe
Es klingt zunächst widersprüchlich, dass einem Mäster vonseiten des Schlachtbetriebes ein Bonus für Futtereffizienz gewährt wird. Hat der Mäster nicht schon einen deutlichen Vorteil durch das eingesparte Futter?
Eine Verbesserung der Futterverwertung um 0,1 Punkte bedeutet immerhin ca. 9 kg Futterersparnis je Mastschwein. In der Summe entspricht dies bei kalkulierten mittleren Futterkosten von 0,25 € je kg Futter bereits einem Vorteil von etwa 2,4 Cent je kg Schlachtgewicht. Ein geringerer Einsatz von Futtermitteln verringert obendrein den Bedarf an Güllefläche.
Trotz dieser Vorteile für den Mäster hat im Jahr 2018 die Goldschmaus Gruppe ein Anreizsystem für eine gute Futterverwertung geschaffen. Bezugsberechtigt sind in diesem Fall Erzeuger, welche das regionale Label „Die Marke der Bauern“ beliefern. Die Motivation war die gesellschaftliche Forderung zum verantwortlichen Umgang mit Ressourcen. Diese äußert sich beispielsweise in der Kritik über Importfuttermittel oder der Diskussion über Grundwasserbelastung durch Wirtschaftsdünger.
Daten per App erfasst
Das seit nun drei Jahren etablierte Anreizsystem zur Verbesserung der Futterverwertung wurde von den Erzeugern gut angenommen. Der monetäre Anreiz für die Schweinemäster ist einfach aufgebaut. Wird die mittlere Futterverwertung, bezogen auf die Systemteilnehmer, unterschritten, erhält der Landwirt rückwirkend 1 Cent je kg Schlachtgewicht. Die Benchmark wird regelmäßig angepasst und liegt aktuell bei 1:2,76.
Schwieriger als die Abrechnung an sich gestaltet sich der Weg dahin. Zunächst muss der Landwirt seinen Willen bekunden, im Rahmen der Betriebszweigauswertung an dem System teilzunehmen. Die Beratung erfolgt durch die Nachhaltige Landwirtschaftliche Wertschöpfung GmbH (NLW). Anschließend müssen die notwendigen Daten für den gewählten Zeitraum bereitgestellt werden, das heißt Tierzahlen, Verluste und Futtermengen. Die Auswertung erfolgt bezogen auf einen Mastdurchgang oder alternativ für ein Quartal.
Ein Meilenstein in der Auswertung der Daten ist die selbst entwickelte App ANW-Stallprofi. Mithilfe der Anwendung liefert der Landwirt sämtliche Tierbewegungen, die er bequem mit dem Smartphone dokumentiert. Futtermittellieferungen werden von teilnehmenden Futtermittelherstellern in die App eingespeist und die notwendigen Schlacht- und Abrechnungsdaten von den Erzeugergemeinschaften ergänzt.
Erste Erfolge
Der Übersicht 1 kann man entnehmen, dass sich die Futterverwertung in den betrachteten Jahren 2018 bis 2020 in die gewünschte Richtung verschoben hat. Im Mittel verbesserte sich die Futterverwertung um 0,06 im Betrachtungszeitraum. Es ist jedoch anzumerken, dass die Datenbasis nicht gleich ist, da zunehmend mehr Betriebe teilnehmen. Gestartet mit 262 Stalleinheiten bzw. VVVO-Nummern stieg die Anzahl auf nunmehr 433.
Verbesserungspotenziale wurden ausgelotet und man ist den übergeordneten Zielen, Wirtschaftlichkeit und Ressourcenschonung, nähergekommen. Das Anreizsystem wird jedoch nicht vorbehaltlos weitergeführt, sondern es befindet sich laufend in einer Validierung. Ist das Merkmal weiterhin geeignet? Welche Faktoren sind noch zu berücksichtigen? Um möglichen Fehlentwicklungen in den Futterkosten entgegenzuwirken, sollte das Merkmal Futterkosten je kg Zuwachs immer mitbetrachtet werden.
Neue Herausforderungen zum Beispiel durch die Düngeverordnung lassen zusätzliche Merkmale entstehen. In Zukunft wird nicht nur die absolute Menge an Futter Beachtung finden, sondern auch die Effizienz. Der Fokus ist dabei insbesondere auf Stickstoff und Phosphor je kg Zuwachs gerichtet.
Betriebsindividuelle Konzepte
In der gemeinsamen Futterausschreibung der beteiligten Erzeugergemeinschaften finden sich verschiedene Futterstrategien wieder. Dies beinhaltet seit 2019 auch extrem-N-/P-reduzierte Rationen. Die Variabilität gibt den Mästern die notwendige Flexibilität. Denn das eine und einzige Futterkonzept gibt es in der Goldschmaus Gruppe nicht.
Eine eher einfache Anpassung zur Einführung des Anreizsystems war es für einige Betriebe, die höherwertigen Vormast- und Mittelmastfutter möglichst lange zu füttern, um über eine etwas mehr als ausreichende Versorgung die Effizienz zu steigern. Es entstanden jedoch höhere Kosten, die gegenzurechnen sind.
Etwas speziellere Strategien setzten auf eine exaktere Anpassung der Futterkurven an die Wachstumskurven. Hierzu wurde die Mast in mehr als die drei üblichen Phasen aufgeteilt. Der Einsatz von stark N-/P-reduziertem Futter ist bisher ein Thema für Spezialisten. Negative Einflüsse auf die Futterverwertung wurden in ersten Fütterungsversuchen nicht beobachtet.
Genetikfrage untergeordnet
Physiologisch betrachtet besitzt die Wunschgenetik mit Blick auf die Futterverwertung ein hohes Wachstumspotenzial und gleichzeitig einen geringen Fettanteil im Zuwachs. Im Fokus steht der Endprodukteber, obwohl auch die Sauengenetik nicht ganz vergessen werden darf. Letztlich entscheidet sich der Sauenhalter für eine fleischbetonte, eine zunahmebetonte oder eine in beiden Merkmalen mehr oder weniger moderate Genetik.
Mit Blick auf die Futterverwertung werden regelmäßig Piétrain mit Duroc verglichen. Die üblichen hohen Zunahmen des Durocs, die sich z.B. durch den relativ betrachtet geringeren Erhaltungsbedarf positiv auswirken, werden im Bereich der Endmast durch eine im Vergleich zum Piétrain höhere Fettsynthese zum Manko.
Im Rahmen der Auswertungen der NLW zeigten die Mastschweine mit Durocgenetik eine um 0,05 schlechtere Futterverwertung. Ein Genetikwechsel kann selbstverständlich nicht pauschal empfohlen werden, um den ausgelobten Bonus für die Futterverwertung zu bekommen. In der Regel ist die Ebergenetik aufgrund verschiedener anderer Parameter wie der Vermarktungssituation oder der Umtriebe pro Jahr auf den Betrieben etabliert.
Neue Futtertechnik half
Die Logik hinter dem Faktor Futtervergeudung ist recht einfach. Futter, das nicht vom Tier aufgenommen wird, kann nicht in Fleischansatz umgewandelt werden.
Der alleinige Blick auf den Trog ist jedoch nicht ausreichend. Futtervergeudung beginnt nicht selten bei der Lagerung. Ist diese nicht optimal, kommt es zu Verderb und somit zu Nährstoffverlusten oder gar zu einer Gesundheitsbelastung der Tiere.
Auch während der Förderung des Futters können Verluste durch Leckagen auftreten. Im Stall angekommen hat der Trog und die Art der Futtervorlage Einfluss auf die Futterverluste.
Um den Verderb zu minimieren, sollten Futtersilos und Anmischbehälter regelmäßig gereinigt und von Keimen befreit werden. Auch die Futterleitungen bis zum Trog sollten zweimal jährlich mit entsprechenden Mitteln entsprechend gesäubert werden.
Im praktischen Beispiel fiel ein Mitglied eines Mästerkreises regelmäßig durch eine schlechtere Futterverwertung auf, obwohl er die gleiche Ferkelherkunft wie Berufskollegen eines Arbeitskreises einstallte, die in puncto Futterverwertung zum oberen Drittel gehörten. Der Mäster entschloss sich in Futtertechnik zu investieren. Die bisher genutzte Flüssigfütterung am Kurztrog mit Sensor musste neuen Breiautomaten weichen. In dem beschriebenen Fall verbesserte sich die Futterverwertung um 0,15 und die Investition wird sich voraussichtlich in drei bis vier Jahren amortisieren.
Krankheit frisst mit
Nicht ohne Erwähnung bleiben dürfen die notwendige Wasserversorgung und die Tiergesundheit. Zu letzterer kann man schlicht sagen: „Krankheiten fressen mit“. Das Tiergesundheitsmonitoring ist neben der Futterverwertung ein wesentlicher Schwerpunkt der Beratung in der Goldschmaus Gruppe.
Der Ausstallzeitpunkt ist aufgrund der sich zu Mastende zunehmend verschlechternden Futterverwertung ebenfalls von Bedeutung (s. Übersicht 2). Fütterungsexperten geben an, dass die Futterverwertung zum Mastende auf 1:4, bei zur Verfettung neigenden Tieren sogar auf bis zu 1:4,5 absacken kann. Bei der Einordnung der für die gesamte Mast errechneten Futterverwertung sollte zusätzlich auch das Einstallgewicht im Blick sein. Ein Unterschied von z.B. 5 kg bei den Einstallgewichten kann sich bei gleichen Austallgewichten deutlich bei der Futterverwertung bemerkbar machen.