Die Erzeugerringe werten erstmals den Nährstoffanfall von fast 1000 Betrieben aus. Zwei Berater aus der Projektgruppe schildern ihre Erfahrungen.
Fred Schnippe, SUS
In vielen Schweinebetrieben hat sich die Gülleabgabe zu einem erheblichen Kostenfaktor entwickelt. Seit Januar dieses Jahres können die Verschärfungen im Düngerecht die Lage am Nährstoffmarkt zusätzlich anheizen. Das gilt insbesondere für die Veredlungshochburgen im Nordwesten.
Dies dürfte den Trend zu nährstoffreduzierten Rationen verstärken. Denn die Fütterung ist der effektivste Hebel, um den Nährstoffanfall zu reduzieren. Vor allem in den Veredlungsregionen sind Rationen mit stark abgesenkten Eiweiß- und Phosphorgehalten gefragt. Einige Betriebe erreichen damit sehr niedrige Nährstoffausscheidungen, die deutlich unter den Tabellenwerten liegen.
Stallbilanzen ausgewertet
Um den Effekt in der Nährstoffbilanzierung zu nutzen, können die Betriebe eine sogenannte Stallbilanz erstellen. Hier wird erfasst, welche Nährstoffe z.B. mit Futter oder Zukauftieren in den Betrieb kommen und welche Nährstoffe diesen z.B. mit Verkaufstieren verlassen. So können Schweinehalter mit ausgefeilten Futterkonzepten oft erheblich Gülleflächen einsparen.
Im vergangenen Wirtschaftsjahr haben die Erzeugerringe bundesweit erstmals die Stallbilanzen von knapp 1000 Betrieben in ihrer Datenbank online erfasst. Ein Großteil der Daten stammt aus Niedersachsen und NRW.
Für die Stallbilanz wurde die Datenbank (www.erzeugerring.info) mit finanzieller Hilfe der Landwirtschaftlichen Rentenbank um ein Auswertungsmodul erweitert. Über Betriebsvergleiche lässt sich nun aufzeigen, wie der Nährstoffanfall weiter gesenkt werden kann.
Erste Ergebnisse zeigt unser Interview mit zwei Beratern aus der Projektgruppe.
Seit wann engagiert sich Ihr Ring in puncto Stallbilanz?
Vallan: In unserem Beratungsgebiet in Südoldenburg sind Gülleflächen knapp und das Interesse ist groß, den Nährstoffanfall weiter zu senken. Vielerorts hat die Futtermittelindustrie die Eiweiß- und Phosphorgehalte bereits stark abgesenkt. Um dieses Potenzial bei den Gülleflächen zu nutzen, brauchen wir die Stallbilanz. Seit 2017 müssen ohnehin alle Betriebe eine Stoffstrombilanz erstellen, sodass es Synergieeffekte gibt.
Bellmer: Im VzF-Gebiet ist die Nährstoffsituation vergleichsweise entspannt. Gleichwohl haben einige Betriebe knappe Gülleflächen und ein entsprechend großes Interesse an der Stallbilanz. Im Projekt haben wir im vergangenen Wirtschaftsjahr erstmals für alle VzF-Mäster eine Stallbilanz erstellt. Dies hat auch Interesse geweckt, die neue Methode anstelle des klassischen Nährstoffvergleiches zu nutzen.
Wie groß ist Ihr Zeitaufwand?
Vallan: Der Aufwand schwankt. Erstellt der Betrieb schon länger eine Stallbilanz und die Futtermittel sind im System hinterlegt, geht es schnell. Muss ich dagegen einen Sauenbetrieb mit vielen Rationen neu anlegen, ist das zumindest im ersten Jahr viel Arbeit. Insgesamt wird die Datenbeschaffung einfacher, weil viele Firmen die Inhaltsstoffe ihrer Ration besser ausweisen. Im Mittel dauert die Stallbilanz in etwa so lange wie eine klassische Betriebszweiganalyse.
Bellmer: Der Aufwand hängt stark davon ab, wie gut die Inhaltsstoffe für Zukauffuttermittel oder eigenes Getreide bereits erfasst sind. In der Mast werden die Futtermittel selten gewechselt, sodass wir die Daten oft längere Zeit nutzen können. Bei gut gepflegten Stammdaten erfordert die Stallbilanz in einem 2000er-Mastbetrieb ein bis zwei Stunden pro Jahr.
Welche Hürden gibt es bei der Erfassung?
Bellmer: Bei Hofmischern fehlen teils die Laborwerte für die Futtermittel. Und bei Nebenprodukten können die Inhaltsstoffe schwanken. Wir können aber nicht jede Charge beproben. Deshalb wurden die Fehlergrenzen in der Erfassungsmaske eingeschränkt. Zudem führen wir eine Plausibilitätskontrolle durch.
Vallan: Bei Zukauffutter müssen wir teils die Inhaltsstoffe abfragen, da die Firmen nur die Umsätze führen. Ändern sich Rationen oder Namen, müssen wir Verwechslungen ausschließen. Die Zusammenarbeit mit den Firmen hat sich verbessert, da wir auch im Rahmen der Stoffstrombilanz die Daten abfragen.
Lässt sich die Erfassung vereinfachen?
Vallan: Wir arbeiten an digitalen Schnittstellen. Dies ist am ehesten bei Zukauffutter denkbar. Die Zuteilung auf die Standorte und die Zeitraumabgrenzung bleiben wohl Handarbeit. Einige Firmen stellen die Inhaltsstoffe ihrer Futtermittel in Excellisten zusammen, die sie kostenlos mitliefern. Hier können wir die Daten schnell übernehmen.
Wie nutzen Sie die neuen Auswertungen?
Vallan: Wir sehen exakt den N-Anfall je Tier und können den Betrieb so auf die 170 kg-N-Grenze hin optimieren. Damit können wir planen, wie viel Gülle zum Stichtag abgegeben werden muss. Wir können früher und präziser kalkulieren und damit auch die Kosten senken.
Bellmer: Bei uns liegt der Fokus eher auf der Optimierung der Fütterung. So erhalten wir aus der Stallbilanz z.B. Hinweise, dass wir bei der Futterverwertung besser werden können. In einigen Betrieben sehen wir zudem Potenziale zur weiteren Absenkung der Eiweiß- und P-Gehalte im Futter.
Wie hoch ist der N- und P-Anfall?
Vallan: In Weser-Ems ist die Nährstoffreduzierung stark vorangeschritten. Die von uns erfassten Mäster setzen im Mittel 14,6% Rohprotein ein. Damit liegen wir nominal 1% niedriger als die DLG-Vorgaben für sehr stark N/P-reduziertes Futter bei 850 g Tageszunahme. Dies spiegelt sich im Nährstoffanfall wider. Im Beratungsring Cloppenburg liegen wir im Mittel bei 38 g N-Ausscheidung je kg Zuwachs. Der DLG-Wert liegt bei 43 g N/kg Zuwachs. Auch beim Phosphor haben sich unsere Mäster mit 6,36 g je kg Zuwachs an die Untergrenze herangetastet. So weist die DLG für sehr stark nährstoffreduziertes Futter 7 g Phosphoranfall je kg Zuwachs aus.
Bellmer: Wir haben aufgrund der unterschiedlichen Ausgangssituation der Betriebe eine große Bandbreite. Der N-Ausstoß in der Mast variiert von 35 bis 55 g je kg Zuwachs. Der Phosphoranfall der Mastbetriebe liegt zwischen 5 und 8 g/kg Zuwachs. Die Daten zeigen das Optimierungspotenzial auf.
Was heißt das für die Güllekosten?
Vallan: In guten Betrieben fallen je erzeugtem Mastschwein weniger als 3 kg Stickstoff über die Gülle an. Spitzenbetriebe liegen sogar bei 2,6 kg N-Ausstoß je Schwein. Dann ist die Stallbilanz besonders attraktiv. Einige größere Betriebe können mithilfe der Stallbilanz jährlich eine fünfstellige Summe bei der Gülleabgabe sparen.
Und die Ferkelerzeugung?
Bellmer: Grundsätzlich sind nährstoffreduzierte Rationen auch bei Sauen und Ferkel umsetzbar. Hier stecken wir aber in den Anfängen. Dabei ist zu bedenken, dass Muttertiere und junge Schweine besonders hohe Ansprüche an die Nährstoffversorgung stellen. Es geht auch um die Lebensleistung der Sau. Im Projekt haben wir Stallbilanzen für Ferkelerzeuger gerechnet. Für überbetriebliche Auswertungen benötigen wir aber eine breitere Datenbasis.
Sollten nicht weitere Erzeugerringe beim Projekt mitmachen?
Vallan: Das ist unser Ziel. Zwar ist die aktuelle Projektförderung ausgelaufen. Wir wollen aber auch im laufenden Wirtschaftsjahr möglichst viele Stallbilanzen in unserer gemeinsamen Datenbank erfassen. Das neue Auswertungsmodul bietet hervorragende Mittel, um bundesweit den Nährstoffanfall aus der Tierhaltung weiter zu optimieren.