Durch den Trend zur N- und P-reduzierten Fütterung wird die Versorgung mit Vitamin D immer wichtiger. Eine Studie zeigt, wie der passende Vitaminzusatz die Beingesundheit der Tiere unterstützt.
Lahmheiten führen bei Schweinen aller Altersgruppen schnell zu ernsten Gesundheits- und Tierwohlproblemen. Bei Ferkeln werden oftmals bakterielle Infektionen als Auslöser für dieses Krankheitsbild diagnostiziert. Sind Mastschweine und Sauen betroffen, müssen auch nicht-infektiöse Ursachen in Betracht gezogen werden.
Zu diesen zählt insbesondere eine gestörte Knochenmineralisierung. Denn um die strengen Vorgaben der Düngeverordnung einzuhalten bzw. die Kosteneffizienz zu erhöhen, geht der Trend zu stark nährstoffreduzierten Futterrationen ohne nennenswerte Sicherheitsaufschläge. Schnell kann es dann bei einer unzureichenden Ausbalancierung der Mineralstoffversorgung oder dem Eintreten anderer Belastungsfaktoren, wie Darmerkrankungen und suboptimalen Haltungsbedingungen, zu massiven Problemen mit lahmen Tieren kommen.
Vitamin D stärkt Knochenbau
Schweinehalter, die ihr Futter scharf entlang der Bedarfsgrenzen der Tiere ausrichten, müssen unbedingt auf eine optimale Versorgung mit Vitamin D achten. Dieses Vitamin fördert die Aufnahme von Phosphor bzw. Calcium aus dem Dünndarm und spielt damit bei der Aufrechterhaltung der Knochenmineralisierung eine bedeutende Rolle. Auch an anderen wichtigen physiologischen Prozessen, wie der Blutbildung, der Muskelkraft und dem Immunsystem, ist es entscheidend beteiligt.
Da Schweine in geschlossenen Ställen nur in sehr begrenztem Umfang selbst Vitamin D produzieren, werden die Futterrationen in der Regel mit Vitamin D3 (Cholecalciferol) ergänzt. Erlaubt ist hier ein Zusatz von bis zu 2000 I.E. pro kg Futter. Alternativ zu dieser klassischen Vitamin D-Zufuhr steht mit dem Vitamin D-Metabolit 25-Hydroxycholecalciferol (25-OHD3) ein Futtermittelzusatzstoff zur Verfügung, der entscheidende Einsatzvorteile bietet.
Denn die Aufnahme von Vitamin D3 hängt von der Fettverdauung und der Sekretion von der Galle ab. Demgegenüber kann das 25-OHD3 direkt in das Blut absorbiert werden. Um eine Wirkung zu entfalten, muss Vitamin D3 in der Leber hydroxyliert werden. Dieser erste Hydroxylierungsschritt fällt beim 25-OHD3 weg und der Vitamin D-Status lässt sich, gemessen am 25-OHD3-Blutserumspiegel, wirksamer erhöhen als durch die Gabe von Vitamin D3.
Verschiedene Futterkonzepte
Um diese Vorteile zu untermauern, wurde als Teil eines Promotionsprojektes der Tierärztlichen Hochschule Hannover, der Universität Leipzig und der Hochschule Osnabrück auf zwei Praxisbetrieben in Niedersachsen, einem Ferkelerzeuger und dessen fester Mäster, der Vitamin D3-Zusatz in den N- und P-reduzierten Futterrationen der Schweine durch ein 25-OHD3-Präparat (Rovimix Hy-D von DSM) ersetzt. Begleitend dazu liefen Untersuchungen, in welcher Häufigkeit und Ausprägung Beinschwellungen, Gangveränderungen und Lahmheiten auftraten.
Der Versuch startete auf dem Sauenbetrieb, wo 49 Muttertiere vor der Besamung zufällig in eine Kontroll- und Versuchsgruppe mit 25 bzw. 24 Tieren aufgeteilt wurden. Während die Kontrollgruppe (VD) 2000 I.E./kg Vitamin D3 in Form von Cholecalciferol erhielt, wurde der Versuchsgruppe (25D) 25-OHD3 in einer Dosis von 50 μg/kg Futter als vollständiger Ersatz vorgelegt. Dies geschah während der gesamten Trächtigkeit und der 28-tägigen Säugezeit.
In der Aufzucht und Mast teilte man die Nachkommen der knapp 50 Sauen in vier Gruppen auf:
- VD/VD: Ferkel von Vitamin D3-Sauen erhielten in Aufzucht und Mast auch Vitamin D3.
- VD/25D: Ferkel von Vitamin D3-Sauen erhielten in Aufzucht und Mast 25-OHD3.
- 25D/VD: Ferkel von 25-OHD3-Sauen erhielten in Aufzucht und Mast Vitamin D3.
- 25D/25D: Ferkel von 25-OHD3-Sauen erhielten in Aufzucht und Mast ebenfalls 25-OHD3.
In der Aufzucht bzw. im Mastbetrieb galt die Prämisse, dass die Tiere nach Lebendgewicht und Geschlecht sortiert werden. Zudem waren die Buchtenkapazitäten begrenzt. Deshalb bildeten die Forscher aus den insgesamt 384 Ferkeln vier gleich große Gruppen mit je 96 Tieren. In der Mast wurde der Versuchsumfang etwas reduziert und aus 288 Tieren stellte man vier 72er-Gruppen auf. Die Dosierungen von Vitamin D3 bzw. 25-OHD3 glichen derer bei den Sauen.
Lahmheiten und Läsionen
Zu den erfassten, tierindividuellen Daten zählten Beinschwellungen und Gangveränderungen. Dazu wurden die Beine, speziell die Karpal- und Tarsalgelenke, der Sauen zum Zeitpunkt der Besamung, des Aufstallens im Abferkelstall und beim Absetzen anhand eines dreistufigen Scores auf Schwellungen untersucht:
- 0 = keine Läsion
- 1 = mindestens eine Läsion mit einem Durchmesser von unter 2 cm
- 2 = mindestens eine Läsion mit einem Durchmesser über 2 cm
Gleiches Verfahren wurde bei allen Nachkommen in der 6., 8., 10., 14., 18., 20. und 22. Lebenswoche angewandt.
Zur Beurteilung der Gangveränderungen ließ man jedes Schwein zu den gleichen Zeitpunkten auf einem 16 m langen Gang laufen. Die Bonitierung lief wie folgt ab:
- 0 = Keine Gangveränderungen. Das Schwein geht mit gleichmäßigen Schritten.
- 1 = Gangveränderungen. Abnormale Schrittlänge und nicht flüssige Bewegungen bzw. asymmetrisches Gehen.
- 2 = Leichte Lahmheit. Der Schritt ist verkürzt und das Tier versucht betroffene Gliedmaße durch eine Gewichtsverlagerung zu entlasten.
- 3 = Schwere Lahmheit. Minimale Gewichtsbelastung auf einer betroffenen Gliedmaße.
Deutlich weniger lahme Sauen
Das Scoring förderte signifikante Unterschiede zwischen den Tiergruppen zutage. Denn während 21% der Sauen in der 25D-Gruppe vor der Geburt Anzeichen von Gangveränderungen oder leichten Lahmheiten aufwiesen, war dies bei 64% der Sauen in der VD-Gruppe der Fall (siehe Übersicht 1). Beim Absetzen zeigten 33% der 25D-Sauen und 72% der VD-Gruppe Anzeichen von Gangveränderungen und leichten Lahmheiten. Schwere Lahmheiten wurden in beiden Gruppen nicht festgestellt.
Während damit ein klarer Zusammenhang zwischen der unterschiedlichen Vitaminversorgung und dem Auftreten von Gangveränderungen sowohl vor der Geburt als auch beim Absetzen hergestellt werden konnte, zeichnete sich beim Scoring der Beinschwellungen ein anderes Bild ab. Hier stellte man fest, dass die Prävalenz von Beinschwellungen bei den Sauen nicht von der diätetischen Vitamin D-Form beeinflusst wurde.
Fitte Ferkel
Dafür ermittelte man bei den Aufzuchtferkeln interessante Bonitierungsergebnisse. So wiesen die Nachkommen von Sauen, die mit 25-OHD3 versorgt wurden, eine geringere Prävalenz von Beinschwellungen auf, als die Gruppen mit klassischer Vitamin D3-Versorgung. Besonders heraus stachen die Scoringwerte in Woche 6. In dieser Lebensphase wiesen nur knapp 10% der 25D/25D-Ferkel leichte Beinschwellungen auf. In der VD/VD-Gruppe waren es fast 40%.
Bei den Bonitierungen in Woche 8 und 10 wurden in beiden Gruppen insgesamt mehr Beinschwellungen festgestellt. Die Versuchsgruppe wies aber im Schnitt einen um 22% niedrigeren Wert aus (siehe Übersicht 2). Bei den Ferkeln, deren Mütter Vitamin D3 erhielten, sie selbst aber in der Aufzucht Futter mit 25-OHD3 vorgelegt bekamen, ließen sich in Bezug auf die Beinschwellungen nicht so signifikante Unterschiede herausarbeiten.
In der Mast konnte ein positiver Effekt von 25-OHD3, das an die Sau und die Nachkommen verfüttert wurde (25D/25D), nur im Alter von 14 Wochen beobachtet werden. Zu diesem Zeitpunkt waren in dieser Gruppe 15% der Tiere auffällig. Bei den rein mit Vitamin D3 (VD/VD) versorgten Schweinen bonitierte man bei mehr als der Hälfte leichte oder mittlere Beinschwellungen.
In puncto Gangveränderungen zogen sich die positiven Effekte einer 25-OHD3-Versorgung dagegen durch die Aufzucht und Mast. Angefangen im Alter von 6 Wochen, wo selbst im Vergleich der 25D/VD- und der VD/VD-Gruppe eine signifikant geringere Prävalenz (8 vs 21%) beobachtet werden konnte.
Auch die direkte Versorgung der Nachkommen mit 25-OHD3 schien die Prävalenz von Gangveränderungen zu reduzieren. So wurden in der 22. Lebenswoche bei 18% dieser Tiere Lahmheiten bonitiert. Die durchgängig mit Vitamin D3 versorgten Mastschweine stachen hier mit einem Wert von 46% heraus. Ähnlich negativ fielen allerdings auch die Tiere auf, bei denen nur das Futter der Sauen mit 25-OHD3 angereichert wurde. Schwere Lahmheiten wurden bei den Nachkommen nicht beobachtet.
Sauen stehen länger
Als Nebenbeobachtung fiel im Versuch auf, dass die mit 25-OHD3 versorgten Sauen im Abferkelstall bei der Fütterung im Schnitt rund sechs Minuten länger standen. Die Ausprägung von Beinschwellungen und Gangveränderungen könnten möglicherweise durch längere Steh- und kürzere Liegezeiten positiv beeinflusst worden sein.
Ebenso könnte ein gesunder Bewegungsapparat die Stehzeiten erhöhen und die Liegezeiten verringern. Da in der vorliegenden Studie bei den wachsenden Schweinen keine Steh- und Liegezeiten analysiert wurden, sollten diese Hypothesen in weiteren Studien überprüft werden.
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Dr. Michael Lütke-Dörhoff, Hochschule Osnabrück