Hohe Temperaturen beeinträchtigen Wohlbefinden und Produktivität der Schweine. Mit gezieltem Management und angepasster Fütterung können Sie die Folgen abmildern.
Heinrich Niggemeyer, SUS
Mit den heißen Sommern der letzten Jahre sind die Auswirkungen des Klimawandels für die hiesige Schweineproduktion deutlich spürbar. Denn die immer länger andauernden Hitzeperioden verursachen zusätzlichen Stress. Und die Schweine haben nur begrenzte Möglichkeiten, ihre Körpertemperatur zu regulieren.
Anzeichen von Hitzestress oder einer Überhitzung sind eine erhöhte Atemfrequenz und lethargisches Verhalten (siehe Übersicht 1). Gerne ziehen sich Schweine in feuchte Buchtenecken zurück, um so die Haut zu kühlen. Ein weiterer Hinweis ist die Vermeidung von gegenseitigem Körperkontakt. Daher sieht man oft, dass sich die Tiere in Ruhephasen über die gesamte Buchtenfläche verteilen.
Moderne Schweine anfälliger
Schweine reagieren empfindlicher auf Hitzestress als andere Nutztiere. Dies liegt daran, dass sie kaum Schweißdrüsen und im Vergleich zu ihrer Körpergröße relativ kleine Lungen haben sowie eine subkutane Fettschicht aufweisen. Die Folge ist, dass bei Hitze die Kerntemperatur nicht stabil gehalten werden kann.
Jede Alters- und Produktionsgruppe hat ihre eigene thermoneutrale Zone. Bei laktierenden Sauen liegt diese bei 12 bis 22°C. In der Ferkelaufzucht und Mast ist die kritische Temperatur neben dem Alter auch von der Bodengestaltung abhängig (siehe Übersicht 2).
Doch klettert das Thermometer auf über 25°C und kann der Stall nachts nicht heruntergekühlt werden, bedeutet dies unabhängig von den Bedingungen im Stall Stress. Wobei neben der absoluten Höhe der Temperatur auch der Zeitraum eine Rolle spielt.
Hochproduktive Schweine erzeugen mehr endogene, also innere Wärme, was zu einer verringerten Toleranz gegenüber Hitzestress führt.
Ein Überschreiten der thermoneutralen Zone führt in der Regel zu schlechteren Futterverwertungen sowie eine verlängerten Mast. Auch steigen die Tierverluste an. Bei laktierenden Sauen geht die Milchproduktion zurück. Die Verringerung ist oftmals größer als es allein aufgrund der Reduzierung der Futteraufnahme zu erwarten wäre. Die Folgen sind niedrigere Wurfgewichte und Fruchtbarkeitsprobleme wegen Abmagerung.
Hitzestress kann sogar zu einer verringerten Schlachtkörperqualität führen. Selbst der Einfluss auf die Entwicklung der Feten ist nachweisbar. Leidet die Sau in der Hochträchtigkeit und rund im die Geburt unter Hitzestress, werden die Ferkel mit einer erhöhten Körpertemperatur geboren. Diese Tiere sind zwar hitzetoleranter als andere Schweine. Es zeigt sich jedoch, dass diese Tiere später weniger mageres Fleisch und mehr Fettgewebe aufweisen.
Für Abkühlung sorgen
Während die Tiere bei Hitze weniger Appetit haben, kommt es zu einer erhöhten Wasseraufnahme. Deshalb ist bei allen Altersgruppen das Wasserangebot zu kontrollieren und ggfs. zu optimieren, insbesondere auch bei kleinen Ferkeln. Denn diese können noch leichter als erwachsene Tiere unter hitzebedingten Erschöpfungszuständen leiden und daran sterben.
Hitzegestresste Saug- und Absetzferkel brauchen vor allem ausreichend Wasser, am besten aus Trogtränken. Deshalb kann es sinnvoll sein, zusätzliche Trinkstellen mit hohem Durchsatz einzurichten. Auch sollte versucht werden, das Wasser so kühl wie möglich zu halten. Dies kann den Tieren helfen, ihre innere Temperatur zu regulieren. Gelingt dies nicht, ist vor allem der Verdauungstrakt in Mitleidenschaft gezogen.
Auch ein gut funktionierendes Belüftungssystem ist unerlässlich. Im Sommer ist das vorderste Ziel, die Temperaturen im Stall so niedrig wie möglich zu halten. Dazu werden hohe Luftwechselraten benötigt, die aber schonend eingebracht werden müssen. Zugluft und zu große Temperaturschwankungen müssen vermieden werden.
Zudem stehen Kühlungsmöglichkeiten über Wassernebel vor allem bei Sauenhaltern hoch im Kurs. Fest installierte Hochdruckdüsen können eine wirtschaftlich sinnvolle Investition sein, sollten aber richtig eingesetzt und zusammen mit der Belüftung intensiv überwacht werden.
Gleiches gilt für sogenannte Mikrosuhlen. Doch auch manuell können die Landwirte ihre Schweine kühlen, indem sie z.B. regelmäßig einen feinen Sprühnebel in den Buchten verteilen oder die Gänge befeuchten.
Fütterung anpassen
Vorsicht ist bei hohen Besatzdichten geboten, denn dann kann die von den Tieren erzeugte Wärme vom Belüftungssystem nicht effektiv abgeführt werden. Auch sollten die Tiere nach Möglichkeit nicht umgestallt und neu gruppiert werden, wenn die Stalltemperatur deutlich über 25°C liegt.
Ferner sind die Fütterungszeiten intelligent anzupassen. Das heißt, dass die Mahlzeiten während der heißesten Zeit des Tages ausgesetzt oder gesplittet werden. Insbesondere die säugenden Sauen sollten drei- oder viermal täglich mit kleineren Portionen versorgt werden, um die Futteraufnahme zu stimulieren.
Neben der Form der Futtervorlage kann auch die Futterformulierung angepasst werden. So hat sich bewährt, während der Hitzeperioden Stärke durch Fett als Energiequelle zu ersetzen. Denn Fett ist ein besser verdaulicher Bestandteil, der im Magen-Darm-Trakt weniger Stoffwechselwärme erzeugt als Stärke.
In die gleiche Richtung zielt auch der Hinweis, die Faserquellen nach Verdaulichkeit zu bewerten. Unverdaute Ballaststoffe gelangen in den Dickdarm, wo sie das Wachstum von Mikroorganismen stimulieren, die bei Fermentationsprozessen Wärme erzeugen.
Darmmikrobiom fördern
Zudem ist überschüssiges Futterprotein möglichst zu vermeiden, um die metabolische Wärmeproduktion zu verringern. Allerdings sollte man in diesem Zusammenhang auf das Aminosäureprofil achten, um den Bedarf des Schweins zu decken.
Hitzestress kann zudem die Magen-/Darmflora stören. Dadurch steigt das Risiko, dass Antigene in den Körper gelangen und Entzündungsreaktionen und Sekundärinfektionen hervorrufen. Zur Unterstützung der Darmintegrität und -reparatur können Futtermittelzusatzstoffe wie Buttersäurequellen und Antioxidantien wie Vitamin E und Vitamin C, Selen und Betain dem Futter beigemischt werden.
Auch die ausgeglichene Elektrolytbilanz verdient während den Hitzeperioden zusätzliche Aufmerksamkeit. Denn bei hohen Temperaturen steigt die Atemfrequenz. Dies hat zur Folge, dass mehr Kohlendioxid aus dem Blutstrom entnommen und ausgeatmet wird, was den pH-Wert im Blut verändern kann. Natriumbicarbonat oder Kalium im Futter können das Elektrolytgleichgewicht wieder herstellen und die Futteraufnahme unterstützen.