Label: Vom Ausland lernen

Die Niederlande, Dänemark und die Schweiz haben langjährige Tierwohl-Programme. Welche Erfahrungen haben unsere Nachbarländer gemacht?

Fred Schnippe, SUS

Tierwohllabel sind seit Monaten ein Kernthema in der Schweinehaltung. Der Vorstoß der LEH-Ketten hat die Debatte zusätzlich befeuert. Auch Berlin will das Thema im Rahmen der Nutztierstrategie nach der Bundestagswahl fortsetzen.

Völlig offen bleibt aber, wie die Verbraucher reagieren. Denn mehr Tierwohl führt unweigerlich zu höheren Fleischpreisen. Dies kann den ohnehin sinkenden Fleischverzehr weiter schmälern.

Für die künftigen Strategien kann ein Blick ins Ausland helfen. Denn unsere Nachbarländer haben teils langjährige Erfahrungen mit Tierwohlprogrammen.

NL: Sternefleisch etabliert

Interessant sind vor allem die Entwicklungen in den Niederlanden. Denn dort ist die Angebots- und Konsumstruktur ähnlich wie bei uns. Die weiteste Verbreitung hat in Holland das Beter Leven, das die Tierschutzgesellschaft Dierenbescherming 2009 gestartet hat.

Das dreistufige Label hat sich schnell etabliert. So setzen heute alle namhaften Lebensmittelketten beim Frischfleisch auf Beter Leven. Binnen weniger Jahre erreichte das Programm im Frischsegment 90% Marktanteil. Auch bei verarbeitetem Fleisch steigt die Bedeutung. Der Anteil des Labels im gesamten Schweinefleischsegment beträgt 70%.

Die positive Entwicklung zeigt sich auch auf der Erzeugerstufe. So kamen 2020 in Holland mehr als 4,8 Mio. Beter Leven-Schweine aus gut 800 Betrieben an den Haken (Übersicht 1). Das sind zehnmal so viele wie beim Startschuss. Motor des Erfolgs sind vor allem zwei Punkte:

  • Hollands größte LEH-Kette Albert Heijn stellte zum Programmstart ihr gesamtes Frischfleisch auf Beter Leven um. Das zwang die Konkurrenz nachzuziehen. Zumal die Tierschutzorganisation u.a. mit Radiospots Supermärkte anprangerten, die nicht mitmachten.
  • Die Eingangsstufe mit einem Stern ist gut umsetzbar. Hier haben Mastschweine 1 m2 Platz, organisches Beschäftigungsmaterial und es muss mit Betäubung kastriert werden. Die Mäster erhalten im Mittel 8 bis 10 ct/kg SG Bonus, womit die Rechnung für sie aufgeht.

im Export zu teuer

Doch auch bei Beter Leven wachsen die Bäume nicht in den Himmel. So entfallen 95% des Umsatzes nur auf die Einstiegsstufe. Die höheren Stufen sind nahezu bedeutungslos. Ein Grund sind die schärferen Haltungsauflagen. Denn bei zwei Sternen steigt das Platzangebot auf 1,2 m2 je Schwein, zudem sind 1 m2 Auslauf und Stroh im Liegebereich anzubieten. Weiterer Knackpunkt ist das Kupierverbot. So arbeitet derzeit nur ein Vorzeigebetrieb im Zwei-Sterne-Segment.

Die höchste Stufe mit drei Sternen entspricht Biostandard. Hier steigt das Platzangebot auf 1,3 m2 im Stall und 1,9 m2 im Auslauf. Sauen erhalten zudem Weidegang. Die höchste Stufe ist auf knapp 200000 Mastschweine jährlich begrenzt.

Das zweite Manko ist, dass sich das Sternefleisch fast nur am Binnenmarkt platzieren lässt. Im Export ist die hochpreisige Ware zu teuer. Die exportorientierten Niederländer konnten daher bisher nur rund 25% der heimischen Mastschweine bei Beter Leven platzieren.

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