Die Erzeugergemeinschaft Hümmling hat viele Jahre an die Vion in Emstek geliefert. Das drohende Aus des Schlachthofes hat man früh erkannt und die Abnehmerstruktur umgestellt.
Wie lange lieferte Ihre EZG Schweine an den Vion-Schlachthof in Emstek?
Terhalle: Wir haben über 20 Jahre dorthin geliefert. Unser Kerngebiet liegt in einem 50 km-Radius um unseren Unternehmenssitz im niedersächsischen Lorup und daher lag der Schlachthof auch logistisch günstig für uns. Außerdem lief die Abwicklung und der Kontakt mit den Verantwortlichen vor Ort immer sehr gut.
Wie viele Schlachtschweine vermarkten Sie im Jahr und wie bedeutend war der Schlachthof in Emstek als Abnehmer?
Tiaden: Wir handeln jährlich ungefähr 870.000 Schlachtschweine. Emstek nahm ungefähr 20% dieser Tiere auf. Damit zählte die Vion definitiv zu unseren größten Abnehmern.
Wann hatten Sie das erste Mal das Gefühl, dass bei der Vion etwas im Argen liegt?
Terhalle: Es kursierten schon länger die verschiedensten Gerüchte. Wirklich aufgehorcht haben wir, als Vion zum Jahreswechsel 2022/2023 das vereinbarte Zahlungsziel aussetzte. Das ist aufgrund der Feiertage an sich nicht ungewöhnlich. Nur kündigen die Schlachthöfe das normalerweise an und geben auch kund, wann der Zahlungsverkehr wieder fließt. Vion stellte die Zahlungen allerdings ohne jegliche Kommunikation ein. Am Ende wurden die Tiere zwar nur leicht verzögert abgerechnet. Einen komischen Beigeschmack hatte das aber schon.
Wenig später gab es dann neue Gerüchte um Zahlungsschwierigkeiten bei der Vion.
Tiaden: Ja richtig. Im Zuge der historisch hohen Schweinepreise wollten wir, genau wie andere Erzeugergemeinschaften oder Händler, die versicherten Kreditlinien bei unseren Abnehmern erhöhen. In Bezug auf Vion hegten aber wohl einige Versicherer Zweifel an deren finanzieller Vitalität und wollten das Ausfallrisiko nicht tragen. Wir stehen unseren Schweinehaltern gegenüber in der Pflicht und haben hier auf eine hundertprozentige Absicherung bestanden. Am Ende wurde ein sogenanntes Reverse Factoring vereinbart. Abgekürzt bedeutete dies, dass wir unser Geld ab diesem Zeitpunkt nicht mehr von Vion, sondern von einem Finanzdienstleister erhielten. In unserem Fall war das die Rabobank Niederlande.
Wann haben Sie konkret über Alternativen zu Emstek nachgedacht?
Terhalle: Das war im November letzten Jahres. Kurz zuvor hatten wir erfahren, dass ein Exposé über den Schlachthof erstellt wurde. Damit war klar, dass ein Standortverkauf unmittelbar bevorstand.
Wie verlief die Suche nach neuen Abnehmern für die Schlachtschweine?
Tiaden: Uns gab natürlich die aktuelle Marktsituation mit einem knappen Lebendangebot ordentlich Rückenwind. Unter unseren anderen größeren Abnehmern hätten wir ohne Probleme jemanden gefunden, der alle ehemaligen „Emstek“-Schweine aufnimmt. Wir wollten aber ganz bewusst Abhängigkeiten vermeiden und haben die Tiere auf zwei Schlachter verteilt.
Wie sieht die Abnehmerstruktur jetzt aus?
Terhalle: Nachdem wir Ende Januar die letzten Tiere nach Emstek gebracht haben, beliefern wir noch acht Schlachthöfe. Darunter alle großen Marktakteure aus dem Nordwesten Deutschlands. Insbesondere für unsere Tiere aus den höheren Haltungsformen oder mit 5xD-Vermarktung fahren wir aber auch einige Mittelständler an.Michael Werning