Nach sieben Jahren Genehmigungskampf stieg Hendrik Mengelkamp 2022 neu in die Sauenhaltung ein. Seine Herde fährt er in einem ungewöhnlichen Rhythmus.
Hendrik Mengelkamp hat klare Ziele. Und dass er sich nicht so leicht von diesen abbringen lässt, hat er in den letzten zehn Jahren eindrucksvoll bewiesen. Sieben Jahre lang wartete der heute 33-jährige Landwirt auf die Baugenehmigung für seinen gewerblichen 540er-Sauenstall. Und merkte dabei immer wieder schmerzlich, dass er mit seinem Bauvorhaben im schweinedichten Kreis Coesfeld (NRW) eigentlich nicht erwünscht war.
Doch er blieb beharrlich, passte viermal seinen Antrag an neue Vorschriften an, z.B. Bewegungsbuchten, beantwortete unzählige, teils gängelnde Fragen der Baubehörden und hielt schließlich im Juni 2020 seine Genehmigung in Händen. „Das war schlimmer als Achterbahnfahren“, erinnert sich der Unternehmer an diese herausfordernde Zeit.
Dass es ein so langer Kampf werden würde, konnte er sich 2010 bis 2012 noch nicht vorstellen. Damals absolvierte Mengelkamp seine landwirtschaftliche Lehre auf zwei Sauenbetrieben. Gebürtig kam er von einem Babyferkelaufzucht- und Mastbetrieb aus Olfen, den seine Eltern heute noch bewirtschaften. Während der Lehre entdeckte er seine Leidenschaft für die Ferkelerzeugung und in ihm reifte der Entschluss, einen Sauenstall zu bauen. „Ich wollte was eigenes haben und gleichzeitig den Betrieb meiner Eltern rund machen“, sagt er rückblickend.
Planungsbeginn 2013
Im Februar 2013 plante er zum ersten Mal mit seiner Architektin den Stallneubau auf der grünen Wiese, 400 m Luftlinie zum elterlichen Betrieb. Weil in der Nähe auch ein großes Gewerbegebiet entstehen sollte, kam schon bald der Bürgermeister von Olfen auf ihn zu und die beiden überlegten, wie sie beide Interessen – Bau einer gewerblichen Tierhaltung und Ausweisung eines großen Gewerbegebietes – unter einen Hut bringen konnten. „Ich bin dem Bürgermeister dankbar, dass wir vertrauensvoll kommuniziert haben und kann jedem Berufskollegen empfehlen, zeitig die politischen Entscheidungsträger mit ins Boot zu holen“, berichtet Mengelkamp von den positiven Erfahrungen.
Nach der erteilten Genehmigung begann er im Dezember 2020 mit dem Stallbau. Tatkräftig und zupackend wie er ist, brachte er auch seine eigene Arbeitsleistung voll in den Bau mit ein. „Das war rückblickend neben der Familienphase nicht immer einfach“, schildert der Vater von zwei Töchtern im Alter von sechs und zwei Jahren. „Ich bin deshalb meiner Frau sehr dankbar, dass sie mir den Rücken gestärkt und freigehalten hat.“
Ein gutes Jahr nach dem Spatenstich zogen dann Ende Februar 2022 die ersten hochtragenden Jungsauen (Danic) in den neuen Stall ein. Mitte April ferkelten sie ab und im Mai 2022 verkaufte Hendrik Mengelkamp die erste Partie Babyferkel. Damals steckte der Ferkel- und Schweinemarkt voll in der Preiskrise. „Genau in unserer ersten Verkaufswoche sank der Babyferkelpreis um satte 8,30 €“, sagt der Sauenhalter rückblickend auf den denkbar ungünstigsten Verkaufszeitpunkt für die erste Partie.
Insgesamt waren die ersten Monate kein Zuckerschlecken für den jungen Betriebsleiter. Erst im Herbst 2022 zog der Babyferkelpreis spürbar an. „Inzwischen macht der Blick auf die Abrechnungen Spaß“, berichtet er. Klug war in diesem Zusammenhang auch die Empfehlung seines Bankberaters, das erste Jahr tilgungsfrei zu halten. Auch die separate Finanzierung von Gebäude- und Umlaufvermögen war ein richtiger Schritt.
Seine Babyferkel vermarktet Mengelkamp an den elterlichen Betrieb, einen weiteren festen Aufzüchter sowie einen kleineren Aufzucht- und Mastbetrieb vor Ort, der ein regionales Markenfleischprogramm beliefert. Dafür belegt er wenige Würfe pro Durchgang mit einem Duroc-Eber.
Viel Luft und Licht
Bei der Planung und dem Bau seines Stalles war für Hendrik Mengelkamp die Arbeitsplatzqualität ein entscheidendes Kriterium. Er wollte seinen künftigen Mitarbeitern und sich selbst ein schönes Arbeitsumfeld bieten. Dafür waren ihm folgende Aspekte wichtig:
- Dach gleich Decke
- kurze Wege
- gute Luft
- heller Stall
- 5-Wochen-Rhythmus
Als Grundgerüst baute er zwei Stahlhallen mit Fertigbetonwänden. In der ersten 30x50 m großen Halle ist der Abferkelstall als Einraumstall mit Dach gleich Decke untergebracht. Hier baute Mengelkamp 140 Bewegungsbuchten mit 6,5 m², davon 2,5 m² Festfläche, und abgedecktem Ferkelnest ein. In der zweiten, direkt danebenstehenden 40x70 m großen Halle befindet sich der kombinierte Deck-/Wartebereich und ein kleiner separater Jungsaueneingliederungsstall. Mittig in dieser Halle musste er aufgrund der großen Stallgrundfläche eine Brandschutzmauer einziehen.
In die 60 cm tiefen Güllekanäle installierte er eine Schieberentmistung. „Dank der Schieber haben wir keine Probleme mit der Stroheinstreu“, berichtet der Betriebsleiter erfreut. Aktuell streut er die Festflächen in den Abferkelbuchten und im vorderen Bereich der Selbstfangbuchten noch von Hand ein. Demnächst erledigt das eine vollautomatische, an Schienen laufende Einstreuanlage, die mit zerkleinerten Rundballen befüllt wird.
Zusätzlich entschied er sich für eine Güllekühlung. Die Kühlschlangen mit ¾“ Durchmesser liegen im Betonboden des Güllekellers. Die Sole fließt mit 13°C hinein, erwärmt sich auf 17°C und gibt dann die Wärme an einen Tauscher ab, der damit die Ferkelnester beheizt sowie das Heißwasser für die Duschen und die Fütterung erzeugt. „Wir sparen uns damit einen Gastank“, sagt Mengelkamp zufrieden über die richtige Investition.
Angenehmer Nebeneffekt der gekühlten Gülle ist der geringere Ammoniakausstoß, sodass im Stall eine gute Luft herrscht. Für ein angenehmes Klima sorgt auch die über einen Erdwärmetauscher vorgewärmte bzw. vorgekühlte Unterflurzuluft. Für die Helligkeit stattete er die Wände mit großen Fenstern und die Dächer mit einem Lichtfirst aus, sodass er nun 6% Lichtfläche allein von oben realisiert. „Das Arbeiten in den großen, hellen Ställen macht Freude“, berichtet seine Mitarbeiterin Pamela. Die zupackende Frau ist seit einem halben Jahr als Vollzeitkraft auf dem Betrieb tätig. Zudem arbeiten noch eine Teilzeitkraft und während der Abferkelwoche zwei Aushilfen mit.
Pfiffige Mitarbeitersuche
Zuverlässige Arbeitskräfte zu bekommen, war für den Landwirt – wie für viele andere Berufskollegen – eine große Herausforderung. Sein Tierarzt gab ihm den Tipp, gezielt Altenpflegerinnen anzusprechen. Denn sie bekommen längst nicht die Wertschätzung für ihre Arbeit, die ihnen zusteht, kennen den Schichtdienst, können darüber hinaus Spritzen injizieren und auch mit dem Thema Tod umgehen. Mengelkamp formulierte eine passgenaue Stellenanzeige für diese Berufsgruppe auf ebay-Kleinanzeigen und hatte prompt mehrere Bewerbungen für seine Voll- und Teilzeitstellen. Zukünftig will der Landwirtschaftsmeister auch Azubis ausbilden – gerade läuft die Anerkennung als Lehrbetrieb.
Ein Pluspunkt, gerade für die Aushilfen, ist sicherlich auch der 5-Wochen-Rhythmus, in dem alle Abferkelungen so wie alle anderen Arbeiten „nur“ alle fünf Wochen anfallen. Im Jahr gibt es also in Summe zehn Wochen, in denen die Sauen abferkeln und die Aushilfen gebraucht werden. Das können die beiden Frauen, die Mengelkamp in dieser Zeit unterstützen, zeitlich gut mit ihrem Hauptjob vereinbaren.
Für den Unternehmer ist das aber nicht der einzige Pluspunkt, den der 5-Wochen-Rhythmus bietet. Kennengelernt hat er den Rhythmus, als er nach der Ausbildung als Betriebshelfer auf einem kleineren Sauenbetrieb im Einsatz war. Seitdem faszinierte ihn der Rhythmus und zwei Berater bestärkten ihn schließlich darin, diesen auch für seine verhältnismäßig große Sauenherde auszuwählen. „Mir gefällt das Arbeiten in Etappen“, zählt er einen großen Vorteil der fünfwöchigen Arbeitsweise auf.
Zwei arbeitsintensive Wochen
Der 5-Wochen-Rhythmus startet mit zwei sehr arbeitsintensiven Wochen. Anschließend gibt es drei Wochen, in denen hauptsächlich die Routinearbeiten anstehen. „In diesen drei Wochen kann ich dann meinen Fokus auf etwas anderes legen, beispielsweise den Familienurlaub oder den Lohndrusch im elterlichen Betrieb“, berichtet Hendrik Mengelkamp.
In der ersten stressigen Woche findet am Montag das Absetzen der Sauen im Abferkelstall statt. Anschließend werden die Ferkel geimpft und verbleiben noch eine Nacht in ihren Buchten im Abferkelstall, bevor sie am Dienstag verladen werden. Circa zehn Sauen pro 135er-Sauengruppe verbleiben mit den kleinsten Ferkeln als Ammensauen im Abferkelstall. Als Ammen wählt Mitarbeiterin Pamela Sauen aus, die eine gute Kondition sowie eine gute Aufzuchtleistung mit wenig erdrückten Ferkeln haben.
Nach dem Verkauf der Babyferkel startet am Dienstagnachmittag die Reinigung des Abferkelstalls mit dem Hochdruckreiniger. Als Erstes werden die vorderen Abferkelreihen gereinigt. Am Mittwoch stallt Pamela dann in die vorderste Reihe die Ammenwürfe um. Hier sind sie beim Betreten des Abferkelstalls sofort sichtbar. Anschließend wäscht und desinfiziert sie die restlichen Buchten. Parallel kümmert sich Hendrik Mengelkamp im Deckstall um die erste Rauschekontrolle der Jungsauen und Umrauscher.
Die Jungsauen werden mit Regumate in die Gruppen eingegliedert. Der Landwirt startet die Regumatisierung ein paar Tage früher als üblich, um die Jungsauen vor den Altsauen bereits am Donnerstag und Freitag zu besamen. „Seitdem ich das Belegen der Jungsauen vorgezogen habe, schaffe ich die Altsauen-Besamungen am Samstag und Sonntag in jeweils drei Stunden“, nennt er einen arbeitswirtschaftlichen Vorteil. Im Schnitt erreicht er 2,5 Besamungen pro Sau und eine Remontierungsquote von 40%.
Am Donnerstag wäscht er die hochtragenden Sauen im Wartestall und stallt sie in den inzwischen getrockneten Abferkelstall um. Am Freitag wird der freigewordene Wartebereich gereinigt. Am Samstag und Sonntag finden die Besamungen statt, und im Abferkelstall starten bereits die ersten Geburten. Hauptabferkeltage sind Montag und Dienstag.
Split-Suckling dreimal täglich
In der Abferkelwoche ist von 5 bis 23 Uhr immer mindestens ein Mitarbeiter im Abferkelstall. Die Spätschicht übernimmt eine Aushilfe. In den ersten 24 Lebensstunden achtet das Team darauf, dass alle Ferkel ausreichend Kolostrum aufnehmen. Dafür splitten sie die Würfe zu drei festen Zeiten am Tag, sodass die zwölf kleinsten bzw. jüngst geborenen Ferkel in Ruhe säugen können. Nach dem ersten Lebenstag schleifen sie die Zahnspitzen, kürzen die Ferkelschwänze und injizieren Eisen. Zudem werden bei großen Würfen Ferkel versetzt. Kastriert werden die Ferkel nicht mehr, da Mengelkamps Abnehmer in die Ebermast eingestiegen sind.
Am Mittwoch werden die restlichen Geburten – meist um die 20% – eingeleitet, sodass am Freitag alle Geburten abgeschlossen sind und der große Wurfausgleich stattfinden kann. Überzählige Ferkel gelangen jetzt an die Ammensauen, deren ältere Ferkel in drei Abferkelbuchten abgesetzt werden, die mit Breiautomaten ausgestattet sind.
Nach den beiden arbeitsintensiven Wochen schließen sich im 5-Wochen-Rhythmus nun drei „normale“ Wochen an. Am 5. bzw. 6. Lebenstag erhalten die Ferkel eine bestandsspezifische Impfung gegen Streptokokken. Dafür nutzen die Mitarbeiter das absperrbare Ferkelnest. „Wir müssen die Ferkel nur für die Maßnahmen nach der Geburt hochnehmen, danach impfen wir im Nest“, erklärt Pamela den arbeitswirtschaftlichen Vorteil der Ferkelnester, deren Abdeckung gleichzeitig als Absperrung dient.
Am 14. Lebenstag folgt die PRRS-Ferkelimpfung sowie am Absetztag die Immunisierung gegen Mykoplasmen und Circoviren sowie ein zweites Mal gegen Streptokokken. Die Jungsauen werden entwurmt und ebenfalls stallspezifisch sowie gegen PRRS, Myko/Circo, Glässer und Parvo/Rotlauf geimpft. Alle Bestandssauen werden bei der Trächtigkeitsuntersuchung am 21. Tag gegen Parvo/Rotlauf, PRRS sowie Influenza geimpft und erhalten eine Wurmkur.
„Unser Management hinterfragen wir regelmäßig und versuchen es ständig zu optimieren“, berichtet Hendrik Mengelkamp. Unterstützung erhält er dabei von seinem Tierarzt Dr. Stephan Egen und von Anne Schulenkorff, Technical Service bei Gesing Tierzucht. Die Beraterin schaut sich regelmäßig die Auswertungen im Sauenplaner von Agrovision und bestimmte Arbeitsabläufe an. Zuletzt war beispielsweise der Wurfausgleich an der Reihe, bei dem jetzt nicht mehr alle Ferkel gemischt und verteilt werden, sondern nur noch gezielt jeder Wurf betrachtet wird. „Andere Betriebe haben jahrelange Erfahrung und suchen dennoch ständig nach Optimierungspotenzial. Wäre ja verrückt, wenn dann bei uns schon alles wie am Schnürchen klappen würde“, resümiert Hendrik Mengelkamp.
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