Die Dänen Jonas Juhl und Rasmus Halling verwalten mehrere Betriebe. Im Führungsteam tauschen sie sich über neue Futterkonzepte und Managementkniffe aus.
Michael Werning, SUS
I love Bacon“ steht groß auf ihren T-Shirts und die Heckscheiben ihrer Autos ziert der Spruch „Proud to be a pig farmer“. Die Schweinehaltung ist für die Dänen Jonas Juhl und Rasmus Halling eine Passion, der sie im großen Stil nachgehen. Denn sie verantworten für einen der größten Schweineproduzenten Dänemarks, die Familie Kjær Knudsen aus Allindemagle Landbrug in der Nähe von Ringsted, mehrere Schweineanlagen mit 30 Mitarbeitern.
„Aktuell erzeugen wir unter dem Namen Kjær Knudsen Give P/S mit 4000 Sauen jährlich rund 125000 Ferkel, die wir zum Großteil an Mastbetriebe im In- und Ausland vermarkten. Selbst mästen wir gut 20000 Schweine“, gibt Jonas Juhl einen Überblick.
Damit sind sie aber nur ein Teil des Familienunternehmens der Kjær Knudsens. Insgesamt werden auf 25 Standorten in ganz Dänemark fast 8800 Sauen im teilgeschlossenen System gehalten und rund 2000 ha Ackerland bewirtschaftet. Außerdem besitzt die Familie mit 1200 Sauen und angeschlossener Mast einen der größten Schweinebetriebe im Nachbarland Schweden.
Vorbesitzer insolvent
Die Betriebsstandorte, die Juhl und Halling verwalten, sind erst seit zwei Jahren im Besitz der Kjær Knudsens. Vorher gehörten sie zum Unternehmen AC Farming, welches im Herbst 2018 Insolvenz anmelden musste. 18 Betriebsstandorte in Süd- und Mitteljütland mit über 8300 Sauen, einer Jahresproduktion von 250000 Ferkeln und 2200 ha Ackerbau standen damals zum Verkauf. Rund 75 Mitarbeiter waren zu der Zeit angestellt.
Kim Kjær Knudsen schlug zu und kaufte aus der Insolvenzmasse neben fünf kleineren Aufzucht- und Maststandorten drei große Sauenanlagen in Give, Riis und Gesten in Südjütland. Die anderen Stallanlagen sicherten sich zwei andere namhafte dänische Schweinehalter.
Schaut man sich die Standorte des in diesem Zuge neu gegründeten Unternehmens Kjær Knudsen Give P/S an, fällt besonders der Sauenstall in Riis ins Auge. In der dänischen Schweinebranche ist die Anlage auch als „Den Sorte Diamant“, übersetzt „Der schwarze Diamant“, bekannt.
„Auf diesem Betrieb sollte die Verwaltung von AC Farming gebündelt werden. Deshalb ist der neue Wartestall auch in dieser ungewöhnlichen Kastenform und dem markanten Schwarzton gebaut worden. Im ersten Stock, praktisch über den Sauen, sollten Büros und ein Schauraum für Besucher eingerichtet werden“, erzählt Jonas Juhl.
Der 38-Jährige arbeitete bereits vor der Übernahme durch Kim Kjær Knudsen als Produktionsdirektor auf den Standorten und die Insolvenz traf ihn hart. „Wir hatten den neuen Wartestall fast fertiggestellt, und über 800 Sauen für die Repopulation und Erweiterung des Bestandes sollten bald angeliefert werden. Soweit kam es aber nicht mehr, weil dem Unternehmen im September 2018 das Geld ausging“, blickt Juhl zurück.
Eine Ursache für die Insolvenz lag wohl in dem sehr schnellen Wachstum von AC Farming. Das Unternehmen war erst zweieinhalb Jahre zuvor gegründet worden und hatte innerhalb kürzester Zeit zahlreiche Betriebe aufgekauft. Als dann durch die schwere Sommerdürre die Ernteerträge einbrachen und die Ferkelnotierung auf umgerechnet unter 40 € fiel, fehlten die finanziellen Reserven und es folgte die Zahlungsunfähigkeit.
Eingeschworenes Team
Nachdem die Betriebe zunächst kommissarisch weitergeführt und schließlich von Kim Kjær Knudsens gekauft wurden, war dieser froh, dass neben Jonas Juhl auch alle Stallmitarbeiter bleiben wollten. „Was kann es besseres geben, als einen Betrieb mit Angestellten zu übernehmen, die die Ställe, die Technik, die Tiere und die Betriebsabläufe kennen“, fragt Juhl.
Aus betriebshygienischen Gründen sind jeder größeren Stallanlage ein fester Mitarbeiterstamm und ein Betriebsleiter zugeteilt. Und obwohl sich die Schweineproduktion des Familienunternehmens auf mehrere Standorte und Landesregionen verteilt, findet untereinander ein intensiver Austausch statt. So werden halbjährlich für die mehr als 100 Mitarbeiter Schulungen zu verschiedenen Themen organisiert. Diese werden größtenteils in englischer Sprache durchgeführt. Denn neben Dänen arbeiten Menschen aus Rumänien, Moldawien, Argentinien und der Ukraine im Betrieb.
Feste Betriebsleiterrunde
Jonas Juhl, Rasmus Halling und die anderen drei Betriebsleiter stehen wöchentlich über einen E-Mail-Verteiler mit Kim Kjær Knudsen in Kontakt. Diese Wochenberichte sind fest durchstrukturiert und enthalten neben den Leistungsdaten aktuelle Erfahrungsberichte. Dabei sind die Betriebsleiter dazu angehalten, auch Probleme zu schildern. „Wir stehen zwar in einem kleinen Wettbewerb zueinander. Dennoch sind wir alle miteinander befreundet und unterstützen uns wo es geht“, ergänzt Rasmus Halling, der die Stallanlage mit rund 1200 Sauen in Riis führt.
„Außerdem probieren wir in unseren Ställen ständig neue Futterkonzepte, Beschäftigungsmaterialien oder Behandlungsmaßnahmen aus. Und davon sollen alle im Unternehmen profitieren“, erklärt Juhl. Neue Impulse bekommen die beiden Betriebsleiter durch die Gespräche mit den Führungskräften anderer Schweinebetriebe im In- und Ausland. Zudem sind beide in einer geschlossenen Facebook-Gruppe, wo sich rund 5600 Schweinehalter und Berater aus Dänemark organisiert haben.
Neue Futtermittel im Test
Aus dieser Runde heraus kam auch die Empfehlung, einen trockenfermentierten Futterzusatzstoff in der Sauenfütterung auszuprobieren. Weil Jonas Juhl vor einigen Jahren bereits gute Erfahrungen mit einem ähnlichen Produkt in der Ferkelaufzucht gemacht hatte, testet Rasmus Halling aktuell das Produkt „EP-199“ des Herstellers European Protein. Das Proteinfuttermittel wird aus trockenfermentiertem Raps bzw. Seetang hergestellt und dem Sauenfutter in unterschiedlicher Dosierung beigemischt. Die Einsatzrate reicht dabei von 4% im Jungsauenfutter bis hin zu 9% im Laktationsfutter.
Nach sechs Monaten Einsatzzeit zieht Halling ein positives Zwischenfazit. „Die Sauen sind besser drauf, und das lässt sich gut an der Entwicklung der Ferkel ablesen“, berichtet der Däne. Nach 26 Tagen Säugezeit wird ein durchschnittliches Absetzgewicht von 6,4 kg verzeichnet. In Kombination mit 40,8 abgesetzten Ferkeln pro Sau und Jahr sind das auch für dänische Verhältnisse sehr gute Leistungen. Zudem ist die Homogenität der Absetzgruppe gestiegen. „Das führe ich auch darauf zurück, dass wir nur noch 6% der Würfe gegen Durchfall behandeln müssen“, so der Schweineexperte.
Ein anderes Problem war lange Zeit die Hefebildung in der Flüssigfütterung. Darunter litt die Futterqualität und Darmgesundheit der Tiere, weshalb das Futter mit Säure versetzt wurde. „Das ist aber in Bezug auf die Schmackhaftigkeit immer eine Gratwanderung. Gerade bei Hochleistungssauen kann man sich eine sinkende Futteraufnahme nicht leisten“, erklärt Jonas Juhl.
Bessere Futterhygiene
In Kombination mit dem neuen Futterzusatz konnte der Säureanteil wieder runtergefahren werden, weil dieser auch 5% an Milchsäurebakterien enthält und der fermentierte Raps das Futter stabilisiert. „Die Sauen nehmen das Futter jetzt wieder besser an“, so die Beobachtung der beiden Schweineprofis. Mit einem Futteraufwand von 1215 kg pro Sau und Jahr weist der Betrieb hier angesichts der biologischen Leistungen eine hohe Futtereffizienz auf.
Auf der zweiten großen Sauenanlage in Give wird aktuell das Flüssigfütterungssystem mit Molke durchgespült, um den pH-Wert zu drücken. Sollte sich der Versuch in der Anlage in Riis aber weiter positiv entwickeln, soll auch hier das Futterkonzept angepasst werden. Da das Futter fast komplett im eigenen Futtermischwerk in Give hergestellt wird, sind Änderungen der Futterkonzeption schnell umzusetzen. Andere wichtige Futterkomponenten sind Zuckerrüben, Gerste und Roggen.
Live-Stream aus dem Stall
Rasmus Halling, der seit 2019 im Unternehmen ist und vorher lange Zeit für einen bekannten Zuchtbetrieb im Jütland gearbeitet hat, versucht nicht nur die Produktion weiter zu optimieren. Er betreibt auf seinem Betrieb auch mit viel Engagement Öffentlichkeitsarbeit.
Als einer der größten Schweinehalter des Landes steht die Familie Kjær Knudsen besonders im Fokus. Deswegen gehört es zur Unternehmensphilosophie, dass die einzelnen Schweinebetriebe ein gutes Verhältnis zu den angrenzenden Siedlungen haben. „Ein wichtiger Faktor dabei ist, dass wir selbst in den umliegenden Dörfern wohnen“, erklärt Rasmus Halling. Zudem streamt er auf seiner Facebookseite und auf seinem YouTube-Kanal „Bondemaan & Co.“ regelmäßig live aus dem Schweinestall. Dabei zeigt und erklärt er verschiedene Aspekte der Schweinehaltung, darunter auch strittige Punkte wie die Kastration.
Verbraucher ansprechen
Seine Live-Streams werden regelmäßig von Hunderten Menschen gesehen und sein erfolgreichstes Video hat mehrere Tausend Klicks. „Die dänische Schweinehaltung muss sich der Gesellschaft öffnen. Nur so erhalten wir Respekt und Verständnis für unsere Arbeit“, erklärt der Betriebsleiter. Gerne erklärt er den Leuten, wie die Sauen neues Stroh als Beschäftigung bekommen oder wie im Betrieb versucht wird, etwas für den Klimaschutz zu tun. „Im neuen Wartestall für 460 Sauen sind zum Beispiel über 3000 m Schlauchleitungen im Güllekeller verlegt worden. In diesem Wärmetauschersystem erzeugen wir Warmwasser und können damit fast den ganzen Betrieb heizen“, so Halling.
Bei der Öffentlichkeitsarbeit hilft ihm seine authentische Art und sein Humor. Er hatte auch die Idee mit den „I love Bacon“-T-Shirts. „Kim und Jonas finden gut, was ich mache. Kim hat sogar die T-Shirts gesponsert“, erzählt Halling. Als weitere Idee möchte er gerne bekannte dänische YouTube-Blogger einladen und ihnen die Ställe zeigen. „Mit diesen Leuten ins Gespräch zu kommen, würde vielen Leuten die Schweinehaltung näher bringen“, ist der Däne überzeugt.