Der Betrieb Eskegaard zählt zu den besten Zuchtbetrieben Dänemarks. Jedes Jahr werden rund 19000 Eber und Jungsauen an Kunden in ganz Europa vermarktet.
Seit über 50 Jahren werden auf dem dänischen Betrieb Eskegaard Schweine gezüchtet. Heute stehen in dritter Generation Jens Schultz und seine beiden Cousins Jørgen und Erik Schultz in der Verantwortung. Und das Dreier-Gespann blickt auf schwierige Zeiten zurück. „Die vergangenen zwei Jahre waren für die Ferkelerzeuger sehr herausfordernd. Das haben wir im Jungsauen-Geschäft gespürt“, blickt Jens Schultz zurück.
Inzwischen sind die Erzeugerpreise aber spürbar gestiegen und der Züchter registriert viele Kundenanfragen. „Der ein oder andere Betrieb hat aktuell Nachholbedarf, weil in der Krise die Remontierungsquote oder gar der Sauenbestand runtergefahren wurde“, erklärt der Däne. Trotz der anziehenden Nachfrage ist das Geschäft alles andere als ein Selbstläufer. Im vergangenen Jahr passte die dänische Zuchtorganisation DanBred, zu der auch Schultz gehört, die Zuchtziele an. „Zudem müssen unsere Kunden ihre Produktion an neue Gesetze und Marktverhältnisse anpassen. Dadurch steigen die Ansprüche an unsere Tiere und unsere Beratung“, so der Däne.
16 Betriebsstandorte
Mit rund 19000 verkauften Jungsauen und Zuchtebern gehören er und seine Cousins zu den größten Vermehrungsbetrieben des Landes. Dabei teilen sich diese Produktionszahlen auf die beiden Rassen Landrasse und Duroc sowie einer Kreuzungszucht (Landrasse x Yorkshire) auf. Herzstück der Zucht ist der Standort Eskegaard in Haderslev. „Hier sind mein Vater und der Vater von Jørgen und Erik groß geworden. Dort halten wir rund 850 Landrasse- und 200 Duroc-Sauen“, erklärt Schultz.
Dazu kommen noch 15 weitere Standorte in der Region, die ungefähr zur Hälfte gekauft bzw. gepachtet worden sind. Ausgenommen eines Betriebes mit 770 Landrasse-Sauen und vier reinen Ackerbaustandorten werden auf diesen Höfen die Jungsauen aufgezogen bzw. ein Teil der ausselektierten Tiere gemästet. „Jährlich erzeugen wir rund 20000 Schlachtschweine. Außerdem gehen knapp 11000 Babyferkel an einen festen Mäster, der am Antibiotikafrei-Programm von Danish Crown teilnimmt“, führt der Schweinespezialist weiter aus.
Für die Schultz-Familie steht aber die Zucht im Fokus und hier nehmen sie innerhalb ihrer Genetikorganisation eine gewichtige Rolle ein. Rund 10% der eingetragenen Landrasse- und Duroc-Sauen der Organisation leben in ihren Ställen.
Eingeschworenes Team
Die Zuchtarbeit ist allerdings sehr zeitaufwendig. Neben der intensiven Stallarbeit müssen auch der Vertrieb, die Beratung der Kundenbetriebe und die Logistik gemanagt werden. Nicht zu vergessen die rund 1000 ha Acker, die für die eigene Futterherstellung bewirtschaftet werden. Da überrascht es nicht, dass im Betrieb insgesamt über 40 Leute beschäftigt sind.„Wahrscheinlich könnte man auch mit einem etwas kleineren Personalstamm arbeiten. Wir haben uns aber bewusst dazu entschieden, das nicht auszureizen“, erklärt der erfahrene Betriebsleiter.
Denn ein entscheidender Grund, warum die Züchter relativ gut neue Mitarbeiter finden, sind die geregelten Arbeitszeiten. Ausgenommen von den Erntezeiten wird von 7.00 bis 15.30 Uhr gearbeitet. Freitags ist in der Regel um 13.00 Uhr Feierabend und die Wochenendschichten sind im Drei-Wochen-Rhythmus verteilt. Daran wird auch festgehalten, wenn Mitarbeiter erkranken. „Wird es auf einem Standort eng, können wir dank der ordentlichen Personaldecke ein Hilfsteam dorthin schicken“, so Schultz.
Ein weiterer Grund ist, dass sich die Betriebsinhaber stark darum bemühen, dass sich die aus Rumänien und Deutschland stammenden Kollegen gut integrieren. Dazu gehören neben einer Verständigung auf Englisch und gemeinsamen Freizeitaktivitäten ein Wohnungsangebot. Auf den Standorten bzw. in deren Umkreis besitzen Schultzes mehrere Wohnungen und Häuser. „Die Wohnungen sind in einem guten Zustand und die Mieten fallen sehr fair aus. Es ist schön zu sehen, dass sich einige unserer ausländischen Mitarbeiter so wohlfühlen, dass sie hier Familien gründen“, erklärt der Däne.
Strenges Hygienekonzept
Eine gute Teamchemie ist wichtig, weil die Zuchtarbeit besondere Ansprüche an die Mitarbeiter stellt. Angefangen bei dem mehr als 40 Punkte umfassenden Biosicherheitsplan. „Viele Vorgaben beziehen sich direkt auf die Arbeit im Stall, wie z. B. eine 48-stündige Schweinefreiheit, die tägliche Nassreinigung der Kontrollgänge oder das Verbot privater Smartphones“, erklärt Arnika Kauth. Sie leitet den Vertrieb des Unternehmens und ist täglich selbst im Stall.
Darüber hinaus wird das eigene Stroh und Getreide vor der Verfütterung für eine Quarantänezeit von drei Monaten eingelagert. Gleiches gilt für Betriebsmittel, wie Kanülen oder Einstreusäcke, die fünf Tage außerhalb des Stalles zwischengelagert und desinfiziert werden.
Ein anderer wichtiger Aspekt der Biosicherheit ist die Logistik. So verfügt der Zuchtbetrieb über einen eigenen Lkw für die Auslieferung der Jungsauen und ein Trecker-Viehanhänger-Gespann für den innerbetrieblichen Tierverkehr. Dabei erfüllen sowohl die Fahrzeuge als auch die Mitarbeiter die Anforderungen des dänischen SPF-Systems (Special Pathogen free). Das bedeutet z.B., dass das Personal Fortbildungen zu den Themen Hygiene oder Tierschutz absolviert.
Neue Zuchtziele
Besonders gefordert waren die Betriebsleiter und ihre Mitarbeiter, als ihre Zuchtorganisation vor knapp einem Jahr die Zuchtziele deutlich veränderte. „Da kann man schon schlaflose Nächte haben. Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass deine Zuchttiere gestern noch top waren und einen hervorragenden Zuchtwert aufwiesen, und morgen zum Schlachter können“, bringt es Schultz auf den Punkt.
Bis zu den Anpassungen lag der Fokus vor allem auf den Schlachtschweine-eigenschaften, wie den Tageszunahmen, der Ausschlachtung und dem Magerfleischanteil. Auch die Anzahl an lebendgeborener Ferkel, die seinerzeit über das Kriterium LG5 (Anzahl lebender Ferkel nach fünf Tagen pro Wurf) definiert wurde, spielte eine große Rolle.
„Die Produktivität ist immer noch bestimmend. Aber heute nimmt die Robustheit eine viel größere Bedeutung ein. Damit meinen wir sowohl die Überlebensfähigkeit der Ferkel von der Geburt bis zur Schlachtung als auch die Langlebigkeit der Sau“, so Zuchtexpertin Arnika Kauth. Zudem fließen zukunftsorientierte Aspekte, wie die Mütterlichkeit der Sauen und die Langschwanzhaltung, in die Bewertung ein. Hier will man vor allem mit den Duroc-Linien punkten.
DNA-Test bei Ebern
Dabei ist Geduld gefragt. Um herauszufinden, ob bzw. in welchem Umfang ein Merkmal vererbbar ist, können schnell zwei Jahre vergehen. Wichtig dabei ist, dass die Geschwistergruppen groß sind. „So lässt sich die Höhe der Variation schneller bestimmen. Ist zum Beispiel der ermittelte Zuwachs in unseren Eberprüfungen genetisch oder durch äußere Einflüsse beeinflusst?“, erklärt Schultz das Prinzip.
Für diese Prüfungen müssen er und die anderen Züchter der Organisation jede Woche Eber zur Eberversuchsstation Boegildgaard liefern. Neben den Leistungsdaten fließen in die Zuchtwertschätzung Messungen der Rückenspeckdicke und eine Beurteilung der Beinstellungen bzw. Fundamente ein. „Bei den Landrassesauen achten wir außerdem auf Mütterlichkeit und mindestens 14 Zitzen am Gesäuge“, ergänzt Kauth.
Weniger griffig als die Zitzenanzahl, aber dafür umso aussagekräftiger in Bezug auf den Zuchtwert, ist die genomische Selektion. Bereits seit Jahren führt das Genetikunternehmen DNA-Tests durch, um die züchterischen Eigenschaften jedes einzelnen Tieres noch besser einschätzen zu können. „Jährlich werden über 100000 Sauen und Eber getestet. So können wir bei unserer täglichen Arbeit im Stall auf die Daten von mehr als 160000 Tieren zurückgreifen“, so der Däne.
Hintergrund ist der, dass die Mutter- bzw. Vatertiere jeweils nur die Hälfte ihres Erbguts an die Nachkommen weitergeben. In Konsequenz können zwei Vollgeschwister im Extremfall zwei völlig unterschiedliche Hälften des Erbguts ihrer Eltern erhalten haben – und sich damit genetisch überhaupt nicht ähneln. Genauso können sie auch eine hohe genetische Verwandtschaft aufweisen.
Anhand der DNA-Tests kann ermittelt werden, wie viel Erbgut zwei Vollgeschwister gemeinsam haben. „Angenommen, ein Tier erhält einen ungewöhnlich guten Messwert für die Futterverwertung und damit auch einen guten Zuchtwert für dieses Zuchtmerkmal. Dann wissen wir, dass ein Vollbruder mit hohem Verwandtschaftsgrad ebenfalls einen guten Zuchtwert für die Futterverwertung besitzt“, erklärt die Vertriebsleiterin.
Enge Kundenbetreuung
Die so ausgewählte Genetik von Eskegaard wird entweder als Zuchttiere oder Spermatuben in Dänemark, aber auch in viele andere EU-Länder wie Deutschland, Polen, Spanien und Belgien vermarktet. Für den Vertrieb der Zuchtsauen haben sich eher der Heimatmarkt und Deutschland, hier insbesondere die veredlungsstarken Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, als größte Absatzkanäle etabliert.
Dabei sind die Unterschiede zwischen dänischen und deutschen Ferkelerzeugern nicht groß. Fast alle Betriebe erhalten pro Lieferung Jungsauen in mehreren Altersgruppen, wobei die dänischen Kunden etwas zu jüngeren Tieren tendieren. „Hier sind die Tiere im Schnitt zwischen 14 und 22 Wochen alt, in Deutschland eher 22 bis 25 Wochen. Für uns ist es aus Kosten- und Kapazitätsgründen wichtig, dass die Tiere nicht wesentlich älter als 25 Wochen sind“, so Schultz.
Nicht nur rund um die Auslieferung der Tiere, sondern auch bei Problemen mit der Gesundheit oder Fruchtbarkeit der Herde stehen die Züchter in engem Kundenkontakt. Betroffen sind oft Betriebe, wo die Sauen in der Quarantäne eher nebenbei mitbetreut werden. „In fast allen Beständen werden die Tiere mit neuen Keimen konfrontiert. Das ist an sich kein Problem und auch gewollt. Man muss aber die Tiergesundheit im Blick haben und bei ernsten Problemen schnell behandeln“, betont die Zuchtexpertin. Insbesondere Betriebe mit einem eher schwierigen Gesundheitsstatus sollten deshalb auch die Mindestquarantänezeit von sieben Wochen auf keinen Fall unterschreiten bzw. diese eher auf bis zu zwölf Wochen ausdehnen.
Des Weiteren ist es wichtig, dass res-triktiv ein Futter vorgelegt wird, das wenig Protein, dafür aber viel Fett, Rohfaser, Phosphor und Calcium enthält. „Halten sich die Landwirte an diese Empfehlungen, haben sie mit unseren leistungsstarken und robusten Sauen viel Freude“, ist Jens Schultz überzeugt.
Ihr Kontakt zur Redaktion:michael.werning@susonline.de