Mitten in der Krise hat Junglandwirt Benedikt Pieper einen Sauenstall gepachtet. Trotz zahlreicher Herausforderungen hat er seinen Einstieg in die Ferkelerzeugung nicht bereut.
Michael Werning, SUS
Einen Stall mit 500 Sauen pachten, wenn die Ferkelpreise seit Monaten nicht die Kosten decken? Eine Frage, bei der in den vergangenen Krisenjahren viele direkt abgewunken hätten. Nicht so Benedikt Pieper, der genau das im Herbst 2021 getan hat.
Zu der Zeit durchliefen die Ferkelnotierungen mit rund 20 € ein tiefes Tal. „Das habe ich bei meiner Entscheidung nicht ausgeblendet. Ich habe aber riesige Chancen in einem Einstieg in die Ferkelerzeugung gesehen“, stellt der junge Landwirt klar.
Aufgewachsen auf einem Mastbetrieb im münsterländischen Reken, weiß er, wie wichtig ein guter Ferkelbezug für eine erfolgreiche Mast ist – und wie knapp das Angebot speziell an deutschen Ferkeln geworden ist. „Zudem habe ich in den vergangenen Jahren eine Leidenschaft für die Sauenhaltung entwickelt und mir mit diesem Schritt einen großen Wunsch erfüllt“, so der junge Betriebsleiter.
Eineinhalb Jahre Rumänien
Geweckt wurde diese Begeisterung für die Ferkelerzeugung bereits vor einigen Jahren. Damals absolvierte Pieper seine dreijährige Ausbildung zum Landwirt auf verschiedenen Betrieben mit Ferkelerzeugung. „Ich merkte schnell, dass mir die intensive Arbeit mit den Tieren und die vielen Möglichkeiten, die Produktion immer weiter zu optimieren, total zusagten“, blickt der 26-Jährige zurück.
Nach seiner Ausbildung und dem Abschluss als staatlich geprüfter Landwirt zwei Jahre später wollte Pieper weitere Erfahrungen in der Sauenhaltung sammeln. Zumal das die Situation auf dem elterlichen Betrieb auch problemlos zuließ. „Mit 1600 Mastplätzen sind wir gut aufgestellt und mein Vater hat weiterhin viel Freude an der Landwirtschaft. Da braucht es noch nicht uns beide auf dem Hof“, erklärt der Schweineprofi mit einem Augenzwinkern.
Dass es ihn dann vor gut drei Jahren nach Rumänien verschlagen sollte, ergab sich über persönliche Kontakte. So hielt Benedikt Pieper noch Kontakt zu einem ehemaligen Mitauszubildenden, der als Erntehelfer in Rumänien arbeitete. Im Westen des Landes betreibt ein Zusammenschluss aus mehreren deutschen Landwirten einen Großbetrieb. „Der Ackerbau hat mich weniger gereizt. Aber die Kooperation hat 2017 zur bestehenden Mast mit rund 8000 Plätzen eine moderne Sauenanlage mit 1600 Tieren inklusive Aufzucht gebaut“, erzählt Pieper.
Rund anderthalb Jahre arbeitete er dort als verantwortlicher Mitarbeiter und pendelte zwischen der Heimat und Rumänien. Dazu kamen regelmäßige Abstecher nach Sachsen, wo einer der Kooperationspartner einen weiteren Standort mit 3000 Sauen betreibt. „Meistens war ich sechs bis acht Wochen unterwegs und dann zwei Wochen zuhause. Eine sehr spannende Zeit, in der ich auch Rumänisch gelernt habe“, erinnert sich der Junglandwirt gerne zurück.
Pachtstall mit guter Substanz
Bleibenden Eindruck hinterließen auch die hohen Produktionsstandards, speziell im Bereich der Hygiene. Denn sowohl in Rumänien als auch in Sachsen wurden die Gefahren durch die Afrikanische Schweinepest sehr ernst genommen. „Diese Bedrohung sorgte für ein hohes Maß an Professionalität in der gesamten Betriebsführung. Das hat mich sehr beeindruckt“, berichtet er.
Angetrieben von diesen Eindrücken wuchs in dem umtriebigen Landwirt der Wunsch, selbst in die Sauenhaltung einzusteigen. Und obwohl er nicht aktiv auf der Suche war, tat sich dafür auch die passende Gelegenheit auf. Durch Zufall erfuhr Benedikts Vater, dass im 25 Autominuten entfernt liegenden Bottrop ein größerer Sauenstall verpachtet werden sollte.
Das Vater-Sohn-Gespann zögerte nicht lange, nahm mit dem Betriebsinhaber Kontakt auf und schaute sich die Stallanlage an. Dabei stach den Piepers als Erstes die ungewöhnliche Bauweise ins Auge. Aufgrund der Hanglage des Betriebsgeländes wurde der Stall vor rund zehn Jahren als Doppelstockgebäude gebaut. „Oben sind die Sauen untergebracht. Darunter liegt die Aufzucht mit rund 2500 Plätzen. Der Tierverkehr zwischen den Etagen erfolgt über einen Aufzug“, erklärt der Betriebsleiter.
Trotz des ungewöhnlichen Anblicks war Pieper angetan von dem Standort. Wichtige Grundanforderungen wie eine vernünftige Produktionstechnik und Hygieneschleuse waren erfüllt. Nach einem gemeinsamen Besuch mit seinem Tierarzt war für ihn allerdings klar, dass er bei einer Übernahme den Stall leerfahren und mit Jungsauen wieder neu bestücken würde.
Langfristiger Vertrag wichtig
Nach der Bestandsaufnahme folgten die Gespräche mit dem Betriebsinhaber, und es dauerte nicht lange, bis man sich einig wurde. Entscheidend dafür war, dass sich der Besitzer eine klare Trennung wünschte und Pieper langfristig pachten wollte. „Wir verständigten uns auf eine fixe Jahrespacht und er hat heute mit dem Stall nichts mehr zu tun. Ich kann mit einer Pachtzeit von 14 Jahren langfristig planen und gewisse Investitionen in die Stallanlage tätigen“, erklärt der staatlich geprüfte Landwirt.
Direkt nachdem das Vertragswerk geregelt war, musste Benedikt Pieper viele organisatorische Dinge anpacken. Um nach dem Abverkauf der alten Sauenherde schnell wieder mit der Ferkelproduktion starten zu können, stand der Einkauf der Jungsauen ganz oben auf seiner Liste. Aus den zwei in Frage kommenden Genetiken entschied er sich nach intensiven Gesprächen letztlich für die BHZP-Sauenlinie db.Viktoria. „Gerade für so einen Neustart überzeugte mich das ausgewogene Verhältnis von Leistung, Charakter und Gesundheit dieser Sau“, erläutert der Münsterländer.
Jede Ecke im Stall gereinigt
Als dies geklärt war, ging es nach dem Verkauf der letzten Altsauen und Ferkel an die gründliche Reinigung und Desinfektion der gesamten Anlage. Zusammen mit seinem ersten Mitarbeiter Karl Wolfert, den er ebenfalls noch aus Lehrlingszeiten kennt, und einer Aushilfe wurde jeder Winkel des Stalles gesäubert.
„Wir sind in alle Lüftungsschächte bzw. Güllekeller gestiegen. Anschließend haben wir die sauberen Kanäle mit Alzogur geflutet. Das hat zwar wenig Spaß gemacht, aber das Endergebnis war die Arbeit wert“, betont der Sauenhalter. Zu guter Letzt beauftragte er noch ein Spezialunternehmen, das die komplette Anlage desinfiziert und ausgegast hat. Allein hierfür liefen Kosten von gut 12000 € auf.
Die Lüftung und Fütterung hat sich der junge Landwirt genau angeschaut und gezielt ausgebessert. So investierte er in der Ferkelaufzucht in Messventilatoren, um die Luftraten besser steuern zu können. „Aufgrund der doppelstöckigen Bauweise haben wir einen großen Sammelkanal für die Sauen und die Flatdecks. Insbesondere in den Übergangsmonaten hätten wir uns schwer getan, die Aufzuchtställe vernünftig zu klimatisieren“, so Pieper.
Die zentrale Flüssigfütterung lief zwar in der Vergangenheit zuverlässig. Der Junglandwirt hat dennoch eine neue Computersteuerung und frequenzgesteuerte Schneckenverdrängerpumpen einbauen lassen. Jetzt kann er die Sauen und Ferkel völlig entkoppelt voneinander versorgen und vor allem genauer Futter ausdosieren.
Hochtragende SPF-Sauen
Die Zeit für diese Arbeiten war knapp bemessen, da bereits Mitte März 2022 die ersten Jungsauen geliefert wurden. Für die Neubestückung von Piepers Pachtstall hatte das Zuchtunternehmen extra einen Maststall umgewidmet und dort die Herde unter SPF-Bedingungen aufgezogen und belegt.
Um schnellstmöglich auch Ferkel verkaufen zu können, hatte Pieper nämlich hochtragende Zuchttiere bestellt. „Bei der ersten Anlieferung bewegten sich die Sauen im Schnitt um den 80. Trächtigkeitstag. Viel Eingewöhnungszeit hatten wir also nicht, bevor Anfang April die ersten Abferkelungen anstanden“, erinnert er sich.
Am Ende glückte der Startschuss und lediglich die Fütterung der Jungsauen im Abferkelstall bereitete hier etwas mehr Aufwand. „Sauen in der ersten Laktation neigen schnell dazu, nicht genügend Futter aufzunehmen und dann Probleme bei der Versorgung der großen Würfe zu bekommen“, so der Schweineprofi. Durch eine intensive Tierbeobachtung haben er und seine Mitarbeiter das aber sehr gut gemeistert.
Weiter Produktionsrhythmus
Anpassungen wurden beim Produktionsrhythmus vorgenommen. Pieper ist überzeugter Anhänger vom Fünf-Wochenrhythmus. „Durch die kompakten Abferkelgruppen kann man große Verkaufspartien anbieten und die Arbeitswirtschaftlichkeit erhöhen“, erklärt er. Denn von den fünf Produktionswochen stehen in drei Wochen nur Routinearbeiten an. In den anderen beiden Wochen kann er die Fremdarbeitskräften gezielt für das Absetzen oder die Ferkelversorgung einplanen. Auch 24-stündige Geburtsüberwachungen lassen sich leichter organisieren.
Allerdings ist der Westfale inzwischen auf einen geteilten Fünf-Wochenrhythmus umgestiegen. „So nutzen wir die Kapazitäten in den Produktionsbereichen besser aus und können beim Absetzen alle Sauen direkt im Deckzentrum aufstallen. Außerdem können wir beim Ferkelverkauf aus zwei Altersgruppen abselektieren“, so die Beweggründe des Sauenhalters.
Ein fester Mäster
Zufrieden zeigt sich Pieper mit den biologischen Leistungen. Mit einer Herde, in der die ältesten Sauen vor dem dritten Wurf stehen, werden über 38 lebendgeborene Ferkel pro Sau und Jahr erzielt. „Für mich ist aber entscheidender, dass wir konstant über 32 Qualitätsferkel pro Sau und Jahr verkaufen“, betont der Sauenhalter.
Darauf legt er so großen Wert, weil er neben dem elterlichen Betrieb nur einen weiteren Ferkelabnehmer hat. Auch auf diesem Betrieb steht ein junger Hofnachfolger in der Verantwortung. „Wir haben ein vertrauensvolles Verhältnis und versuchen, zusammen das Beste rauszuholen“, so Benedikt Pieper.
Aktuell beschäftigen sich die beiden damit, den Magerfleischanteil der Schlachttiere zu steigern. „Wir belegen die Sauen mit Dänischen Duroc. Das bringt robuste und wüchsige Mastferkel. Allerdings fehlt uns beim Magerfleischanteil noch der letzte Prozentpunkt“, so der Schweineprofi. Angesichts seines Ehrgeizes dürfte es aber nur eine Frage der Zeit sein, bis auch dieses Ziel erreicht wird.