Falk Voß-Hagen nutzt die geringe Schweinedichte auf der Insel Fehmarn, um hochgesunde Jungsauen zu erzeugen. Der Betrieb ist breit aufgestellt und kann auf gute Mitarbeiter vertrauen.
Michael Werning, SUS
Wer an die Insel Fehmarn denkt, hat wahrscheinlich Küstenstrände, lange Radwege und weite Felder vor Augen. Die Insel ist aber auch die Heimat von Schweinehalter Falk Voß-Hagen, der hier einen Betrieb mit Jungsauenvermehrung betreibt. „Der Standort in einer schweinearmen Region bietet uns in Bezug auf die Tiergesundheit gewaltige Vorteile“, betont der Unternehmer.
Dynamisch gewachsen
Sein Betrieb zählt mit 1300 produzierenden Sauen zu den größten Vermehrungsbetrieben dänischer DanBred-Genetik in Deutschland. Den Impuls, auf diese Betriebsgröße zu wachsen, bekam Voß-Hagen mit Anfang 20. Damals arbeitete er für mehrere Monate auf einem kanadischen Zuchtbetrieb mit 2500 Sauen. Die Größe und die Strukturen beeindruckten ihn. „Anfang der 2000er hielten wir 100 Sauen und bewirtschafteten 130 ha. Die Erfahrung im Ausland spornte mich an, die Sauenhaltung weiter auszubauen“, blickt der Züchter zurück.
Was folgte, kann als sehr dynamisches Wachstum beschrieben werden. Nach einer kurzen Genehmigungsphase wurden im Jahr 2003 auf der grünen Wiese Ställe für 550 Sauen, inklusive Ferkelaufzucht, gebaut. Nach fünf Jahren folgte ein Zwischenschritt auf 850 Sauen und nur ein Jahr später wurde auf die heutige Betriebsgröße erweitert.
Höchster SPF-Status
Mit der Inbetriebnahme der neuen Ställe in 2003 erfolgte auch der Einstieg in die Jungsauenvermehrung. Der Verkauf der Zuchttiere läuft über die Vermarktungsgemeinschaft für Zucht- und Nutzvieh ZNVG, die Voß-Hagens Genetik im gesamten Bundesgebiet vertreibt. Die Zusammenarbeit mit einem großen Vertriebspartner bietet dem Vermehrer den Vorteil, dass er eine hohe Abnahmegarantie aushandeln konnte.
Und auch wenn die Bestellung und Organisation der Lieferung nicht direkt über ihn läuft, steht er mit einem Großteil seiner Abnehmer in Kontakt. Dabei zählen tendenziell eher Betriebe mit 500 und mehr Sauen zu seinen Kunden. „Die kleineren Betriebe sind für uns aber genauso wichtige Kunden“, betont Voß-Hagen.
Besonderes Qualitätsmerkmal seiner Jungsauen ist der hohe Gesundheitsstatus. Sein Betrieb besitzt den roten SPF-Status (spezifisch-pathogen-frei). Das bedeutet, er wird als unverdächtig bezüglich des Vorkommens von bestimmten Erregern mit größerem Gefährdungspotenzial wie PRRSV, M.hyo. oder APP geführt.
„Unser Riesenvorteil ist, dass der nächste schweinehaltende Betrieb circa 5 km von uns entfernt liegt und von uns Jungsauen erhält. Der nächste Bestand mit fremden Tieren liegt 6 km entfernt“, so der Züchter. Folglich werden die Tiere auch nur gegen PCV2 geimpft.
Zweifacher Wurfausgleich
An die Ferkelversorgung stellt die Jungsauenvermehrung besondere Ansprüche. So wird den weiblichen Tieren innerhalb der ersten 24 Stunden eine Ohrmarke eingezogen und der Wurf in der Zuchtdatenbank registriert. Wenn dies geschehen ist, wird der erste Wurfausgleich vorgenommen. „Ziel sind zu diesem Zeitpunkt 15 säugende Ferkel pro Sau“, erläutert der Betriebsleiter. In der zweiten Lebenswoche erfolgt erneut ein Wurfausgleich mit dem Ziel, dass jede Sau im Schnitt 14 Ferkel säugt.
Nach im Schnitt drei Wochen Säugezeit wird ein Teil der männlichen Ferkel abselektiert. Diese werden in einem separaten Abteil an eine künstliche Amme gesetzt. „Mit diesem Schritt versuchen wir die Muttersauen zu entlasten. Ansonsten passiert es schnell, dass die Tiere zum Ende der Säugezeit zu viel Substanz verlieren. Die Folge sind Schulterläsionen oder Probleme mit Umrauschern“, so Voß-Hagen.
Die weiblichen Tiere verbleiben noch eine Woche länger bei der Sau und werden dann abgesetzt. Mit diesem Management kommt der Vermehrer auf annähernd 33 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr, was für einen Reinzuchtbetrieb ein Topwert ist.
Im Schnitt erreichen sowohl die weiblichen als auch die männlichen Ferkel nach vier Wochen ein Gewicht von rund 5,7 kg. Positiven Einfluss auf die Gewichtsentwicklung hat die automatische Saugferkelbeifütterung „Nutrix“, die seit zweieinhalb Jahren zum Einsatz kommt. Die Anlage kann die Milch und das flüssige Beifutter in sehr kleinen Mengen in spezielle Schalen mit Füllstandssensor ausdosieren. „Die exakte Zuteilung ist wichtig. Denn einerseits muss das Beifutter möglichst frisch sein. Andererseits brauchen wir in der Leitung praktisch immer Bewegung, damit sich dort nichts absetzt“, so Voß-Hagen.
85% Selektionserfolg
Beim Absetzen erfolgt auch die erste Selektion. Nur gut entwickelte, gesunde Ferkel mit ausreichender Zitzenanzahl kommen in die Jungsauenaufzucht. Dort erhalten sie ein spezielles Aufzuchtfutter. „Einerseits sollen die Tiere genügend Rückenspeckdicke aufbauen. Andererseits wirkt es sich positiv auf die Langlebigkeit der Sau aus, wenn sie etwas langsamer heranwächst“, beschreibt der Züchter die Vorgaben. Deshalb zeichnet sich dieses Futter unter anderem durch leicht reduzierte Energie- und Proteingehalte aus.
Im Verlauf der Aufzucht durchlaufen die Zuchttiere zwei weitere Selektionsrunden. Eine zwischen dem 60. und 70. Lebenstag und dann final am 145. Lebenstag. Anschließend wird ein kurzer Abgleich mit den Kundenbestellungen vorgenommen und die Tiere verlassen den Betrieb mit einem Alter zwischen 160 und 180 Tagen.
Eine der wichtigsten Erfolgskennzahlen in der Vermehrung ist der Anteil an erzeugten weiblichen Tieren, die als Zuchtsauen vermarktet werden können. „Bei uns liegen wir mit 85% auf einem sehr guten Niveau“, erläutert der Schweinehalter.
Die ausselektierten Sauen und die männlichen Tiere, die unter Isoflurannarkose in der ersten Lebenswoche kastriert wurden, gehen in die eigene Mast. Die Mastställe stehen zusammen mit den Aufzuchtställen für die Jungsauen auf einem zweiten Standort, der Luftlinie rund 1 km vom Stammbetrieb entfernt liegt.
Diese Betriebsstätte konnte Voß-Hagen im Jahr 2008 kaufen. „Damals stand hier ein Maststall für 800 Tiere und es gab eine Genehmigung für den Bau von weiteren 6000 Plätzen, die wir mit erwarben“, blickt der Vermehrer zurück. 2010 wurde diese umgesetzt und nach einer Genehmigungsphase von über vier Jahren folgte 2015 der Bau von zwei weiteren Mastställen mit insgesamt 5000 Plätzen.
Breit aufgestellt
Auch in regenerative Energien hat der Unternehmer investiert. So steht am Aufzucht- und Maststandort eine Windkraftanlage, die den landwirtschaftlichen Betrieb mit Strom versorgt. Zusätzlich liegen auf den Dächern der Stallungen und Hallen Solarplatten mit einer Leistung von insgesamt 2,3 MW. Und das nächste Projekt hat Falk Voß-Hagen schon im Blick. Er will ein eigenes Wasserwerk bauen.
„Wir haben das Problem, dass wir zwar von Wasser umgeben sind, aber höchstens im östlichen Teil der Insel Grundwasser fördern können“, schildert der 44-Jährige. Das bedeutet, dass der Betrieb mit Wasser vom Festland beliefert wird, und das ist teuer. „Ich zahle aktuell rund 2 € pro m3. Mit einer eigenen Aufbereitung würden wir bei Kosten zwischen 0,90 bis 1,30 € pro m3 liegen“, rechnet der Schweinehalter vor.
Neben der Tierhaltung und regenerativen Energien zählt der Ackerbau zu den Standbeinen des Betriebes. Auf rund 750 ha baut der Landwirt größtenteils Getreide und Raps an. Für weitere 275 ha führt er die Bewirtschaftung für andere Betriebe aus. Das ergänzt sich sehr gut mit dem Lohnunternehmen, das er zusammen mit drei anderen Landwirten aufgebaut hat. Hier liegt der Schwerpunkt auf Dienstleistungen rund um die Gülleausbringung.
Das Getreide wird komplett in der Schweinehaltung veredelt und nur der Raps verkauft. „So können wir rund 75% unseres Getreidebedarfes selbst decken. In Kombination mit dem Einsatz von Nebenprodukten puffert es die aktuell hohen Futterpreise ab“, erklärt der Jungsauenvermehrer.
Mitarbeiterstamm aufgebaut
Für diese Unternehmensgröße und die Vielzahl an Betriebszweigen ist ein entsprechend großer Mitarbeiterstamm vonnöten. So besteht Voß-Hagens Team inklusive der vier Lehrlinge aktuell aus 27 Mitarbeitern. Davon sind elf Leute in der Sauenanlage und sechs in der Jungsauenaufzucht bzw. Mast tätig.
„Bis wir die Teams aufgebaut hatten, war es ein langer Weg. In den letzten knapp zwei Jahren haben hier über 40 Leute auf Probe gearbeitet“, so der Landwirt. Neben der passenden Persönlichkeit hat er konkrete Vorstellungen, wie die Stallarbeit zu verrichten ist. „Wir arbeiten mit Tieren. Da erwarte ich Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt“, stellt Voß-Hagen klar.
Auch wenn viele seiner Mitarbeiter eine Lehre zum Landwirt oder Tierwirt vorweisen können. Ein Muss ist das nicht. „In unserem Team versuchen wir den Quereinsteigern Wissen zu vermitteln. Und wenn derjenige sich über einen längeren Zeitraum gut anstellt, kümmere ich mich um Fortbildungen in der Lehr- und Versuchsanstalt Futterkamp“, erzählt der Betriebsleiter.
Arbeitssicherheit im Blick
Neben der fachlichen Schulung seiner Mitarbeiter ist Voß-Hagen auch die Arbeitssicherheit wichtig. „Insbesondere die Leute, die nicht aus der Landwirtschaft kommen, müssen für die Gefahren sensibilisiert werden, die mit der Arbeit im Schweinestall verbunden sind“, erklärt der Züchter. Um hier auch rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, hat der Landwirt für die sicherheitstechnische Betreuung die Firma Foster beauftragt.
Tim Ter Heide ist Fachkraft für Arbeitssicherheit und seine Arbeit begann damit, den Betrieb auf sicherheitsrelevante Stellen zu durchleuchten. In der Landwirtschaft denkt man hier vor allem an die schweren Gerätschaften in der Außenwirtschaft. „Doch auch in der Schweinehaltung gibt es Einiges zu beachten, wie z.B. Staubemissionen, Güllegase oder der Umgang mit Tieren“, erklärt Ter Heide. Weil jeder Betrieb anders ist und selten ein Stall dem anderen gleicht, ist er zusammen mit Falk Voß-Hagen durch dessen Anlagen gegangen. Am Ende wurden eine sogenannte Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanweisungen für den Schweinebereich ausgefertigt.
Diese werden in E-Learning-Einheiten von den Mitarbeitern durchgearbeitet. Außerdem werden im Betrieb Gruppenunterweisungen abgehalten. Sei es das Umstallen von Sauen oder die Handhabung von Injektionsspritzen, der Experte hat für das Stallpersonal viele Tipps parat, die das Arbeiten sicherer machen. „Dazu zählt auch der einfache Hinweis, niemals das Treibbrett über ein Schwein zu halten. Sonst hat man das Brett schneller im Gesicht, als man meinen mag“, so der Arbeitssicherheitsexperte.