In einem EIP-Projekt testen 22 Mäster aus Baden-Württemberg neue Wege für mehr Tierwohl. Erste Auswertungen zeigen, was sich im Praxiseinsatz bewährt hat.
Rudolf Wiedmann, Berater EIP-Schwein
Politik, Gesellschaft und Lebensmittelhandel fordern mehr Tierwohl. Dies stellt hohe Anforderungen an die Landwirte.
In Baden-Württemberg wurde daher die Europäische Innovationspartnerschaft (EIP) gestartet. Das Förderprojekt fokussiert auf praktische Fragen und hat über 50 innovative Schweineställe unterstützt, darunter 22 Mastställe. Die Ergebnisse fußen auf Bachelor- und Masterarbeiten der Universität Hohenheim und der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen.
Ausläufe zum Abschieben
In diesem Beitrag liegt der Fokus auf der Mast. Alle 22 EIP-Mäster haben einen Auslauf angelegt, da dieser ein bedeutendes Strukturelement ist. Er ermöglicht verschiedene Klimazonen und Exkremente werden hauptsächlich im Freien abgesetzt. Zudem dienen Ausläufe als Schaufenster für Verbraucher.
Der Arbeitsaufwand im Auslauf ist nicht zu unterschätzen. Die leichte Bedienbarkeit der Auslauftore ist daher von großem Belang. Fallriegel haben sich bewährt. Mit Paralleltoren lassen sich Ausläufe rasch absperren.
Der Mist sollte direkt zur Dunglege geschoben werden. Die Aufnahme des Mistes per Schaufel und Retourfahrten mit dem Schlepper sind zu vermeiden. Bei längeren Mistachsen können die Entmistungsintervalle verkürzt werden.
Ställe mit einseitigen Ausläufen haben sich bewährt, da nur halb so viele Tore zu bedienen sind. Zudem ist diese Anordnung vorteilhaft für Suhlen im stallnahen Bereich. Auch können die Schweine beim einseitigen Auslauf mit deutlichem Abstand zum Kotbereich liegen. Dies wirkt sich positiv auf Sauberkeit, Tierwohl und Emissionen aus.
Kot und Harn trennen
Im Auslauf lassen sich Emissionen wie Ammoniak und Geruch nicht zielgerichtet lenken. Wichtig sind daher Maßnahmen zur Emissionsminderung. Fünf von 22 EIP-Mastställen verfügen über Spaltenboden im Auslauf. Bei Neubauten sind die Güllekanäle meist mit Unterflurschiebern versehen. Oft sind Einzelschieber verbaut, weil sie sofort zur Ausgangsposition zurückfahren. Bei Wechselschiebern besteht das Risiko, dass sie beim Zurückfahren Stroh mitziehen. Die flachen Kanäle haben ein V-Profil mit Harnrinne, sodass Flüssigkeiten rasch abfließen können.
Viele EIP-Betriebe arbeiten mit planbefestigten Ausläufen. Hier sollen Entwässerungssysteme die Emissionen mindern. Diese arbeiten am besten mit reichlich Stroh. Dies wirkt wie ein Filter: Harn und Kot vermengen sich weniger, sodass der abfließende Harnanteil größer ist.
Aus baulichen Gründen und zur Kosteneinsparung bevorzugen die Betriebe punktuelle Einläufe. Denn ihr Verstopfungsrisiko bzw. ihr Reinigungsaufwand ist geringer. Abläufe sind am Ende der Ausläufe zu platzieren, da dort die meisten Exkremente anfallen. Neben dem Quergefälle von 4% sollte ein Längsgefälle zu den Einläufen vorgesehen sein.
Luftaustausch in Liegekisten
Durch den Auslauf haben alle EIP-Mastställe zwei Klimabereiche. Für die wärmegedämmten Liegekisten haben sich folgende Punkte bewährt:
- Die Abdeckungen sollten zu etwa 90% aus leichten, 2 bis 3 cm dicken, gedämmten Kunststoffelementen bestehen.
- Am Kontrollgang sollten rund 10% der Abdeckung aus einem Windschutznetz bestehen, um im hinteren Liegebereich für ausreichend Luftaustausch zu sorgen.
- Der Bereich mit dem Windschutznetz wird bei niedrigen Temperaturen, zu geringer Belegung oder kleinen Ferkeln mit einem Schieber geschlossen.
- Unter dem vorderen Teil des Kistendeckels hängt eine Klappe, die von ihrer waagerechten Park- in die Hängestellung gebracht werden kann. Die Klappe sorgt für mehr Wärme im hinteren Liegebereich, sodass dieser besser sauber bleibt.
Mistschieber mit Motor
Ein wichtiges Tierwohlelement sind zudem geschlossene Liegeflächen, die alle EIP-Mäster aufweisen. Da viele am Premiumprogramm von Edeka-Südwest teilnehmen oder ökologisch wirtschaften, ist die Festfläche mindestens 0,60 bzw. 0,65 m² je Endmastschwein groß. Das ist auch Voraussetzung für Baden-Württembergs Strohprämie im FAKT-Programm.
Es gibt zwei erfolgreiche Ansätze, die Liegebereiche sauber zu halten:
- In der Kleingruppenhaltung z.B. im Pigport5 sind langgestreckte Buchten mit rund 2,25 m Breite und etwa fünffacher Länge anzustreben. So sollte nur bei sehr hohen Temperaturen eine Reinigung nötig sein. Diese kann manuell oder mit Motorschiebern erfolgen. Dann ist allerdings ein rund 2 m breiter Kontrollgang zu empfehlen. Der Mist wird entweder in den Auslauf oder auf den Spaltenboden geschoben. Nach wenigen Tagen ist der Mist durchgetreten.
- Wer nicht enttäuscht werden möchte, plant die Ställe so, dass die Liegeflächen z.B. im Pigport5 mit Großgruppenhaltung alle zwei bis vier Wochen mechanisch entmistet werden. Die Buchten sind bei mittiger Anordnung der Futterautomaten rund 6 m breit. Das bietet den Vorteil, dass zur Entmistung oder zum Verkaufssortieren die Tiere in eine Buchtenhälfte abgesperrt werden können.
Um Handarbeit sicher zu vermeiden, sind einige Ställe mit einem innenliegenden Mistgang ausgestattet. Dieser wird bei Bedarf entmistet, in der Regel ein- bis zweiwöchig. Das mindert auch die Staub- und Wurmbelastung.
Strohgabe mechanisieren
Die planbefestigten Liegeflächen sind in allen EIP-Mastställen wegen der Vermarktung eingestreut. Bei einem Strohaufwand von 100 bis 400 kg je Mastplatz und Jahr ist das Einstreuen mit Wagen und Gabel insbesondere in größeren Beständen zu arbeitsaufwendig. Zumal die Staubbelastung erheblich sein kann. Im Wesentlichen kommen daher drei Einstreuverfahren zum Einsatz:
- Akkubetriebener Strohroboter,
- Einstreugerät am Schlepper,
- Manuelle Einstreu mit Strohpodest.
Hinsichtlich der Investitions- und Betriebskosten ist das Strohpodest dem Roboter deutlich überlegen. Ein weiterer Pluspunkt ist die gleichzeitige Tierkontrolle. Dies gilt erst recht, wenn mit der Einstreu attraktive organische Beschäftigungsmaterialien wie Silage, Heu, Ackerbohnen, Maiskörner usw. eingebracht werden. Bei unkupierten Tieren sind diese Materialien ein Muss.
Auch von außen kaum zu erkennende Schimmelnester im Strohballen können bei diesem Verfahren unmittelbar entfernt werden. Des Weiteren kann die Strohmenge angepasst und das Stroh dort ausgebracht werden, wo es gebraucht wird. Hohe Strohmengen sind ein probates Mittel bei Signalen für Schwanzbeißen. A und O ist eine gute Strohqualität. Sie kann meist nur durch zweimaliges Wenden vor dem Pressen bei passendem Wetter sichergestellt werden.
Zusatzfutter für Notfälle
Aufgrund des umfangreichen Stroheinsatzes spielt weitere Beschäftigung nur eine Rolle, wenn sich Verhaltensabweichungen wie Schwanzbeißen anbahnen. Dann sind organische Angebote gefragt wie Mais, Ackerbohnen oder Erbsen wichtig. Sie können in der Einstreu im Stall oder im Auslauf angeboten werden.
Die Verabreichung der Körner kann gleichzeitig mit dem Strohroboter erfolgen. Einfacher und individueller können sie manuell vom Strohpodest verabreicht werden. Auch mit Futterspiralen lässt sich Beschäftigungsfutter ausbringen. Die beste Zeit dafür sind die späten Nachmittagsstunden von 15 bis 19 Uhr.
Beschäftigungsobjekte wie z.B. Beißsterne sind nur wenige Tage interessant. Darüber hinaus kann sich mit solchen Objekten nur ein kleiner Teil der Tiere beschäftigen. In Ställen mit perforierten Ausläufen kommen Strohraufen zum Einsatz. Diese können zum Befüllen per Winde nach außen gezogen werden. Auch die Bodenfütterung ist ein wichtiges Beschäftigungselement, da sie zur Buchtensauberkeit beiträgt und synchrones Fressen und Ruhen ermöglicht.
Suhle mit GeFälle anlegen
Da Schweine nicht schwitzen können, benötigen sie Möglichkeiten zur Abkühlung. Je nach Alter suchen Schweine bereits ab Temperaturen um 10°C Abkühlung. Als Bauchkühler legen sie sich kurz – meist ist es weniger als eine Viertelstunde – auf nasse Betonflächen oder noch effektiver in eine mit Wasser gefüllte Vertiefung. Der Abkühleffekt über den Bauch ist wesentlich größer als über feuchte Luft, die erst durch die Borsten sowie die Schwarte gelangen muss.
Die anfänglichen Suhlen mit Vertiefungen haben sich nicht bewährt, da sich dort Kot und Harn ansammelt. Heute werden die Suhlen mit 1% Gefälle in Richtung Auslaufende angelegt, sodass Wasser nicht rasch ablaufen kann. Zusätzlich wird dieser Bereich eingestreut, um die Nässe zu halten.
Das Wasser gelangt per Tropfschlauch und Zeitschaltuhr auf den Boden. Zu beachten ist, dass der Suhlbereich im Schatten liegt und zweimal wöchentlich beim Entmisten mit gereinigt wird.
Die Vorteile einer Suhle sind klar:
- Die Wärmeentlastung verringert Auffälligkeiten wie Schwanzbeißen.
- Die Tiere suchen nicht den feuchten Bereich um die Tränken auf, wobei sie die Wasseraufnahme stören würden.
- Die Tiere bleiben sauberer, da sie sich nicht in ihren Fäkalien wälzen.
50% Beckentränken einbauen
Schweine sind Saugtrinker, weshalb 50% der Tränken als Becken angeboten werden sollten. So gibt es z.B. in Buchten mit 24 Tieren eine Becken- und eine Zapfentränke. Da Schweine aus Becken nicht nur artgerecht, sondern auch schneller trinken, bleiben die Zapfentränken und ein Teil der Beckentränken unbenutzt. Dieses sind regelmäßig zu säubern.
Tränken im Stall kommen auch bei tiefen Temperaturen ohne Heizung aus. Doch darf vergeudetes Wasser den Stall nicht vernässen. Empfohlen sind deshalb Entwässerungsröste unter den Tränken. Diese sollten etwa 40 cm breit sein und im besten Fall auf einem 10 bis 20 cm hohen Sockel liegen, um den Stroheintrag zu minimieren. Für Tränken im Auslauf gibt es zwei Möglichkeiten: Bei der Installation am Auslaufende besteht die Gefahr der Verschmutzung durch die Kombination von Tränke- und Kotbereich. Außerdem ist bei dieser Platzierung die Heizungsmöglichkeit zwingend erforderlich.
Dagegen kann bei Tränken an der Stallaußenwand auf eine Heizung verzichtet werden, wenn die Tränken in die Wand integriert und die Wasserleitungen im Stall verlegt sind. In diesem Fall ist an kalten Tagen nur die Zirkulation erforderlich. Die Zirkulationsleitung sollte direkt durchs Becken verlaufen, nur das Stiftventil wird nicht durchströmt.
Fazit
- In einem süddeutschen EIP-Projekt testen 22 Mastbetriebe Innovationen für mehr Tierwohl.
- Einseitige Ausläufe zum Abschieben haben sich bewährt.
- Das Einstreuen per Strohpodest ist günstig und effektiv.
- Beckentränken mit Zirkulation arbeiten auch im Winter sicher.
- In schmalen Buchten bleiben Festflächen besser sauber.
- Beschäftigungsfutter sollte am späten Nachmittag vorgelegt werden.