In Dänemark haben 40 Betriebe einer Region kurzfristig einen höheren PRRS-Status erreicht. Intensive Diagnostik, mehr Biosicherheit und schneller Datenaustausch brachten den Erfolg.
Das porzine reproduktive und re-spiratorische Syndrom (PRRS) ist die verlustreichste Schweinekrankheit weltweit. Der virale Erreger kann starke Fruchtbarkeitsprobleme bei Sauen sowie Atemwegserkrankungen in allen Altersgruppen auslösen. Zudem sind PRRS-Viren oft Wegbereiter für andere Krankheiten und an multifaktoriellen Geschehen beteiligt. Weitere Aspekte sind die hohe Variabilität der PRRS-Viren und deren Übertragbarkeit über die Luft. So gelingt es trotz langjähriger Impfung oft nicht, den Erreger ganz aus den Beständen zu verdrängen. Insbesondere in Veredlungsregionen bleibt die Gefahr groß, dass PRRS über Tiertransporte oder die Lüftung in den Schweinebestand gelangt.
In Deutschland sind schätzungsweise 70 bis 90% der Betriebe mit dem Erreger infiziert. Viele PRRS-positive Sauenbestände laufen dank Impfung relativ stabil. Gleichwohl kann es in der nachgelagerten Aufzucht und Mast zu erheblichen PRRS-Problemen kommen. Ziel muss es daher sein, den Erreger von der Aufzucht und Mast fernzuhalten.
Dänen bauen Bekämpfung aus
In Dänemark ist die PRRS-Bekämpfung weiter als bei uns. Allerdings ist die Erregerlast auch nicht so hoch wie bei uns. Im dänischen SPF-System sind hochgesunde Betriebe organisiert. Heute sind mehr als 80% der SPF-Sauenbetriebe PRRS-frei. Im vergangenen Jahr haben die Dänen den Kampf gegen den Erreger verstärkt. Mithilfe eines landesweiten Programms sollen 2025 mindestens 75% aller Mastschweine und 85% aller Sauen PRRS-frei sein.
Großflächiges Projekt
Dass die PRRS-Sanierung auch in großflächigen Gebieten erfolgreich sein kann, zeigt die Region Haderslev Naes im Südosten Jütlands. Das etwa 30 mal 20 km große Areal weist eine hohe Schweinedichte auf. Positiv ist, dass sich das Gros der Betriebe auf einer Halbinsel südlich des Haderslev Fjord befindet. So lässt sich das Areal gut abgrenzen.
Im Gebiet liegen 15 Schweinehalter mit 40 Standorten. Hierbei handelt es sich um acht Ferkelerzeuger mit insgesamt gut 10000 Sauen. Die Sauenbetriebe verfügen zudem über gut 53000 Aufzuchtplätze, die sich auf 14 Standorte verteilen. Am Projekt beteiligt waren zudem 25 Mastbetriebe mit knapp 41000 Plätzen.
Die Landwirte wurden während der Programmphase intensiv von den Tierarztpraxis Svinevet aus Haderslev betreut. Ihr ist es gelungen, alle Schweinehalter der Region einzubinden. Dies gilt als wichtige Voraussetzung.
Fester Probenschlüssel
Der zweite Eckpfeiler des Erfolgs war die umfassende Erhebung des PRRS-Status in allen Betrieben. Hierzu haben die Tierärzte einen strikten Probenschlüssel angewendet:
Sauen: In jeder Herde wurden in den Abferkelabteilen zehn Kaustrickproben mittels PCR analysiert. Zudem hat das Team Flüssigkeitsproben bei der Kastration sowie beim Schwänzekupieren ge- sammelt und mittels PCR untersucht. Die Ferkel galten als PRRS-frei, wenn die Poolproben in vier aufeinanderfolgenden Wochen negativ waren.
Ferkelaufzucht: Hier wurden an jedem Standort vier Kaustrick- sowie zehn Blutproben untersucht. Dann erfolgten PCR-Analysen zum direkten Erregernachweis sowie Elisa-Tests auf Antikörper.
Mast: Von jedem Standort gingen zehn Blut- sowie vier Kaustrickproben ins Labor. Diese wurden bei etwa 60 sowie 110 kg Tiergewicht erhoben und mittels Elisa auf PRRS-Antikörper untersucht.
Anhand der Ergebnisse ergeben sich vier Risikoklassen:
- Stufe 1 steht für Betriebe mit einem akuten PRRS-Ausbruch. Die Viruslast ist hoch, es sind allerdings keine Antikörper nachweisbar.
- Stufe 2 beschreibt PRRS-positive Be- stände ohne Symptome. Die Tiere weisen eine geringe Viruslast auf und haben aktuell Antikörper gebildet.
- Stufe 3 steht für PRRS-freie Bestände. Es sind keine PRRS-Viren nachweisbar, jedoch Antikörper.
- Stufe 4 beschreibt PRRS-freie Bestände ohne Virus- und Antikörpernachweis.
Nach der Ersterhebung fassten die betreuenden Tierärzte die Bestände in zwei Gruppen zusammen. Die Stufen 1 und 2 galten als PRRS-positiv. Hier wurde die Diagnostik fortgeführt, um den Infektionszeitpunkt näher zu bestimmen. Bestände der Stufen 3 und 4 galten als krankheitsfrei. Ziel des Projektes war, alle Betriebe mindestens auf die Stufe 3 zu verbessern.
Interaktive PRRS-Karten
Neben der Diagnostik ist der schnelle Datenaustausch wichtig. Um den aktuellen PRRS-Status stets vor Augen zu haben, nutzen die Dänen ein interaktives Kartensystem der Beratungs- und Forschungsorganisation Seges. Hierin ist der Standort jedes Bestandes u.a. mit Tierart, Tierzahl und VVVO-Nummer aufgeführt.
Ein Farbsystem kennzeichnet den PPRS-Status. Grüne Punkte stehen für freie Bestände. Rote Punkte markieren Herden, die dem PRRS-Virus direkt ausgesetzt sind. Die Versuchsleiter sprechen von PRRSV-Exposition. Gelbe Punkte symbolisieren Standorte mit PRRS-geimpften Jungsauen in Quarantäne.
Übersicht 1 zeigt die Lage zu Beginn des Projektes. Hier waren 21 Bestände krankheitsfrei, während 16 eine PRRSV-Exposition aufwiesen. Die übrigen drei Standorte dienen der Quarantäne für Jungsauen.
Problem in Aufzucht und Mast
Bei den positiven Beständen handelt es sich um dreizehn Mast- sowie drei Ferkelaufzuchtbetriebe. Zudem war eine Sauenherde PRRS-positiv. Die übrigen sieben Sauenbestände galten als „stabil positiv“ unter Einsatz einer PRRS-Impfung bei Jungsauen bzw. waren PRRS-negativ. Voraussetzung für die Einordnung in die Gruppe 3 und 4 (grün) war auf der Ferkelerzeugerstufe, dass bei den abgesetzten Ferkeln kein PRRS-Virus nachweisbar war.
In den rot markierten Herden leiteten die Tierärzte neben der Fortsetzung der Diagnostik auch Maßnahmen zur Verbesserung der Biosicherheit ein. Hierzu setzen sie insbesondere das Management-Tool „Combat“ von Boehringer Ingelheim ein. Das EDV-gestützte Werkzeug kann Schwachstellen bei der inneren und äußeren Biosicherheit aufdecken und dokumentieren.
Hierbei waren die Tierärzte auch auf die selbstkritische Mitarbeit der Anlagenleiter angewiesen. Einzelbetrieblich ging es darum, das Risiko einer Reinfektion mit dem PRRS-Erreger zu minimieren. Gleichzeitig sollte der Infektionsschutz im gesamten Sanierungsgebiet steigen.
Die Schwachstellenanalyse bewertet zunächst die Risiken einer internen Kontamination. Hier geht es insbesondere um das Waschen und die Desinfektion der Ställe aber auch um die Hygienemaßnahmen beim Umgang mit den Tieren. Bei den Risiken einer externen Kontamination stehen die Transporte von Tieren, Futtermitteln und Gülle im Fokus.
Der dritte Punkt umfasst das Management, insbesondere den Tierfluss und die Tierbehandlungen. Abschließend analysiert das Programm die Risiken durch benachbarte Schweinebetriebe im Radius von 1, 3 oder 5 km.
Gruppen zusammenhalten
Die Erhebung ergab, dass in PRRS-positiven Sauenbetrieben vor allem beim Tierfluss im Abferkel- und Aufzuchtbereich Optimierungsbedarf besteht. Hier geht es um das konsequente Rein-Raus bzw. den Verzicht auf das Mischen von Altersgruppen. Ein erheblicher Risikofaktor ist zudem der Bezug von Sperma von PRRS-positiven Ebern.
In Mast- und Aufzuchtbetrieben erfordern vor allem die Transportfahrzeuge, die Logistik bei der Kadaverbeseitigung und der Personenverkehr zwischen den Betrieben mehr Aufmerksamkeit.
Wie die PRRS-Kontrolle im Detail aussehen kann, zeigt ein PRRS-positiver Mastbetrieb mit 7000 Plätzen. Aufgrund der Größe war das vollständige Leerfahren der Anlage nicht gewünscht.
Die Projektleiter teilten den Betrieb daher in zwei hygienische Einheiten auf. Hierzu wurde eine Tür im Verbindungsgang zwischen den Stallkomplexen verschlossen und mit Bauschaum luftdicht abgeriegelt. Für die strikte Trennung wurde eine Betriebshälfte zudem mit einem temporären Vorraum u.a. für die Verladung von Tieren ausgestattet.
Dann hat der Betrieb die westliche Hälfte seines Standortes leergefahren. Denn hier war der Erregerdruck besonders hoch. Die Stallabteile wurden intensiv gereinigt, desinfiziert und erst nach einer Leerstehphase wieder belegt. Der Mastbetrieb hat so lange gewartet, bis sein Ferkelerzeuger zuverlässig PRRS-freie Tiere bereitstellen konnte.
Auf der östlichen Seite der Anlage gab es keine komplette Produktionsunterbrechung. Allerdings hat der Betrieb dort mit der Einstallung neuer PRRS-negativer Tiere gewartet, bis die letzten positiven Schweine eines Stalles vermarktet waren. Da vorübergehend noch PRRS-positive Tiere anwesend waren, haben die Tierärzte ein intensives Monitoring durchgeführt. Dies sollte sicherstellen, dass es innerhalb der Mastanlage nicht zur Erregerverschleppung über die Luft gekommen ist.
Erfolg nach acht Monaten
Mit diesem Maßnahmenpaket verbesserte sich der PRRS-Status des Mastbetriebes zügig. Bereits nach sechs Monaten waren alle PCR-Tests negativ. Weitere zwei Monate später ließen sich auch keine PRRS-Antikörper mehr nachweisen. Der Betrieb war damit PRRS-frei.
Die Gesamtbilanz des Projektes kann sich ebenfalls sehen lassen. Von dreizehn Betrieben mit PRRS-Problemen konnten sich zwölf so verbessern, dass sie den grünen Status als Standort ohne kritischen Kontakt zu PRRS-Viren erreichten (siehe Übersicht 2). Im gesamten Kontrollgebiet blieb zum Projektende nach acht Monaten nur ein Sauenbetrieb PRRS-positiv. Hier war es kurz vor dem Projektstart zu einem akuten Krankheitsausbruch gekommen.
Das dänische Konzept gilt bislang als das großflächigste Programm zur PRRS- Kontrolle in Nordeuropa. Die Versuchsleiter sind überzeugt, dass es sich auch in anderen Regionen mit hoher Schweinedichte erfolgreich umsetzen lässt.
Ihr Kontakt zur Redaktion:fred.schnippe@susonline.de