Zehn Fragen zu den Gefahren, die von Pilzgiften für Schweine ausgehen. Antworten gibt Prof. Dänicke, FLI Braunschweig.
Heinrich Niggemeyer, SUS
1.Welche Mykotoxine sind beim Schwein am gefährlichsten?
Dänicke: Mykotoxine entstehen im Stoffwechsel von Schimmelpilzen. In unseren Regionen sind v.a. Deoxynivalenol (DON) und Zearalenon (ZEN) von Bedeutung. Beide werden von vielen Fusarium-Arten noch vor der Ernte auf dem Feld gebildet. Zusätzlich gibt es noch sogenannte Lagerpilze, die bei unsachgemäßer Lagerung von geernteten Produkten ebenfalls Toxine freisetzen können. Neben der absoluten Konzentration kann die Wirkung der Toxine durch andere negative Faktoren, wie Nährstoffmangel oder unzureichende Haltungsbedingungen verstärkt werden. Im Futter werden zudem häufig mehrere Mykotoxine gleichzeitig vorgefunden, was die Wirkung ebenfalls verstärken kann.
2.An welchen Symptomen erkennt man eine Mykotoxinvergiftung?
Dänicke: Bei Schweinen können mangelnde Futteraufnahme und abweichendes Verhalten ein Zeichen für die Präsenz von DON und anderen Mykotoxinen sein. Bei ZEN treten u.a. Schwellungen der äußeren Geschlechtsorgane auf. Mögliche Folgen sind Zyklus- bzw. Fruchtbarkeitsstörungen, verringerte Geburtsgewichte sowie eine erhöhte Umrauscherrate. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Sau während der Belegung ein stark mit ZEN kontaminiertes Futter zu sich nimmt.
3.Wie groß waren in den letzten Jahren die Probleme mit Mykotoxinen im Schweinefutter?
Dänicke: Aufgrund feuchtwarmer Witterung während der Blüte war im Erntejahr 2015 das Getreide teils massiv betroffen. Im letzten Jahr traten große Probleme bei der Zuckerrübe auf. Auslöser war vermutlich die Hitze, die für die Pflanzen ein Stressfaktor darstellte. Die Trockenschnitzel waren teils sehr stark mit ZEN belastet. Ob die aktuelle Ernte 2019 über Gebühr kontaminiert ist, wird derzeit ausgewertet. Auch wenn sich die Problemlagen von Jahr zu Jahr anders darstellen, sind Mykotoxine nach unseren Erfahrungen ein Dauerthema.
4.Wie beeinträchtigen die Gifte die Abwehrkraft des Tieres?
Dänicke: Mykotoxine schädigen u.a. die Darmepithelzellen. Der Darm wird durchlässig und damit empfänglich für z.B. Salmonellen und andere Keime. Auch einige Viren haben dann leichtes Spiel. Darüber hinaus kann es zu einer Beeinträchtigung des Immunsystems kommen.
5.Wie sinnvoll sind vorsorgliche Mykotoxin-Untersuchungen? Was kosten sie?
Dänicke: Mykotoxine mit bloßem Auge zu erkennen ist nicht möglich. Deshalb haben viele Mischfutterhersteller inzwischen Eingangskontrollen etabliert, um belastete Getreidepartien ausfindig zu machen. Oft wird hierfür ein Schnelltest verwendet. Auch Eigenmischern empfehlen wir eine Analyse, um das Mykotoxinrisiko zu ermitteln. Die Kosten für die Laboruntersuchung belaufen sich je nach Methode zwischen 25 € und 100 € je Toxin.
6.Wo liegen die Richtwerte für DON und ZEN? Was ist zu tun, wenn diese überschritten werden?
Dänicke: Ergänzungs- und Alleinfuttermittel für Schweine dürfen nur maximal 0,9 ppm DON aufweisen. Bei ZEN wird unterschieden zwischen Ferkeln und Jungsauen sowie Sauen und Mastschweinen. Hier liegt der Richtwert bei 0,1 ppm bzw. 0,25 ppm. Um diese Werte nicht zu überschreiten, sollten kontaminierte Getreidepartien entweder an Wiederkäuer verfüttert oder im Schweinefutter entsprechend stark verschnitten werden. Bei jungen Tieren ist generell Vorsicht geboten.
7.Lassen sich Vergiftungserscheinungen auch am Tier nachweisen?
Dänicke: Theoretisch können die Toxine und deren Abkömmlinge auch im Blut oder Gallensaft nachgewiesen werden. Doch diese Tests sind wenig etabliert. Zudem gibt es immer wieder Probleme bei der Interpretation der Ergebnisse. Bevor Proben am Tier untersucht werden, sollte man zu-nächst das Futter beproben. Um etwaige Kontamination belegen zu können, sollten von den Partien Rückstellproben aufbewahrt werden.
8.Zeigen Toxinbinder bei DON und ZEN ausreichend Wirkung?
Dänicke: Seit einigen Jahren werden Futterzusatzstoffe angeboten, die das Problem entschärfen sollen. Die Wirkungsmechanismen sind eher unspezifisch und somit wenig Erfolg versprechend. Doch inzwischen werden in großtechnischen Verfahren Enzyme hergestellt, die Pilzgifte enzymatisch abbauen und damit belastetes Futter ungefährlich machen. Auch gibt es Hinweise, dass bestimmte Rohfaserkomponenten Toxine binden und deren Absorption im Dünndarm reduzieren können. Auf diesem Gebiet besteht weiterer Forschungsbedarf.
9.Welches Hygienerisiko geht von kontaminiertem Stroh aus?
Dänicke: Umfangreiche Screenings zeigen, dass das Stroh nicht stärker kontaminiert ist als das Getreide selbst. Neben den Toxingehalten im Stroh hängt das Risiko von der tatsächlichen Raufutteraufnahme ab. Wird 10% der täglichen Gesamtration als Stroh aufgenommen, kann dieser Aspekt im Einzelfall relevant werden.
10.Was ist zu tun, um das Mykotoxin-Problem dauerhaft in den Griff zu bekommen?
Dänicke: Wir sollten Fusarium-resistente Getreidesorten züchten und einsetzen. Gleichzeitig müssen wir uns von engen Weizen-Mais-Fruchtfolgen verabschieden. Auch sollten die Stoppeln und etwaige Ernterückstände gründlich zerkleinert und eingearbeitet werden, damit sie gut verrotten und es kein Ansteckungspotenzial für die Nachfolgefrucht gibt. Speziell unter diesem Gesichtspunkt ist die pfluglose Anbauform kritisch zu hinterfragen.