Für eine erfolgreiche Mast ist neben der Tiergesundheit, den Haltungsbedingungen und dem Stallklima die Wasserversorgung ein wesentlicher Faktor. So kann eine reduzierte Wasseraufnahme ein Hinweis auf ein Krankheitsgeschehen sein.
Zur Kalkulation des Wasserbedarfs bei Mastschweinen werden Formeln herangezogen, die den Futterverbrauch, die Lebendmasse und die Lufttemperatur im Stall zugrunde legen. Die Formeln bzw. deren Datengrundlage sind aber 30 bis 50 Jahre alt. Sie berücksichtigen weder das Leistungspotenzial aktueller Mastschweinegenetiken, noch die heutigen klimatischen Gegebenheiten.
Um die vorhandenen Bedarfswerte zu evaluieren, haben das Thünen-Institut und das Friedrich-Loeffler-Institut den Wasserverbrauch von Mastschweinen anhand der alten Formeln kalkuliert und tatsächlich gemessenen Werten gegenübergestellt. Für diesen Versuch wurden im Sommer 2020 insgesamt 79 kastrierte männliche Mastschweine auf vier Buchten verteilt.
Die Erhebungen mit BHZP-Kreuzungstieren liefen auf der Versuchsstation des Friedrich-Loeffler-Instituts in Braunschweig. Maximal wurden 20 Tiere je Bucht eingestallt. Es handelte sich dabei um einen wärmegedämmten, zwangsbelüfteten Stall mit Vollspaltenboden. Die Läufer hatten im Mittel ein Einstallgewicht von 24,3 kg. Der Versuch endete nach sieben Wochen mit einer durchschnittlichen Lebendmasse von 72,5 kg.
Der Wasserverbrauch wurde täglich anhand von Wasseruhren erfasst. Zudem haben Datenlogger minütlich die Lufttemperatur und die relative Luftfeuchte in den Buchten sowie im Zentralgang und im Außenbereich mit festgehalten. Weiterhin wurden die Schweine wöchentlich gewogen. Alle erfassten Werte wurden auf das Wochenniveau entsprechend der Daten zur Lebendmasse berechnet.
Die Tiere erzielten im Versuchszeitraum hohe Zunahmen von 973 g pro Tag. Der gemessene Wasserverbrauch lag zu fast allen Zeitpunkten über den kalkulierten Werten (siehe Übersicht 1). Bei den jungen Tieren bzw. in der ersten und zweiten Versuchswoche bildeten die Modelle den tatsächlichen Wasserbedarf noch recht genau ab.
Allerdings drifteten die kalkulierten und gemessenen Wasserverbräuche ab der dritten Versuchswoche immer stärker auseinander. Insbesondere bei den anhand der Stalltemperatur kalkulierten Wasserverbräuchen kam es in der zweiten Versuchshälfte zu einer starken Unterschätzung des tierischen Bedarfs. Hier klaffte zwischen dem berechneten und gemessenen Wasserbedarf teils eine Lücke von nahezu 4 l je Tier und Tag. Das heißt: Das temperaturabhängige Modell schätzte den Bedarf z.B. in der letzten Versuchswoche um mehr als 60% zu niedrig ein. Bei den Modellen auf Basis der Lebendmasse und des Futterverbrauchs war die Abweichung mit 10 bis 30% etwas geringer.
Insgesamt wird deutlich, dass die bislang verfügbaren Formeln den Wasserverbrauch von Mastschweinen deutlich unterschätzen. Auf Basis der Versuchsergebnisse wurden daher sechs neue Formeln zur Bestimmung des Wasserverbrauchs abgeleitet (siehe Übersicht 2). Als Parameter dienten die Lebendmasse, die Temperatur, der Temperatur-Luftfeuchte-Index und der Futterverbrauch.
Die statistische Evaluierung zeigt, dass die Formeln auf Basis der Lebendmasse und des Luftfeuchte-Index bzw. der Lebendmasse und der Temperatur sichere Vorhersagen erzielen. Dicht dahinter folgt in puncto Genauigkeit die Formel auf alleiniger Basis der Lebendmasse. Daher ist der Einsatz dieser drei Formeln in der Praxis zur Bestimmung der benötigten Wassermenge denkbar.
Zur weiteren Präzisierung der Gleichungen sind dennoch ergänzende Daten notwendig. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf unterschiedliche klimatische Bedingungen, z.B. im Winter und Sommer sowie weitere Lebendmassebereiche. Zudem ist in Betracht zu ziehen, die Formel zur Bestimmung des Temperatur-Luftfeuchte-Index zu überarbeiten und speziell für den Schweinebereich zu definieren. Bisher wird der THI vornehmlich im Rinderbereich zur Ermittlung von Hitzestress eingesetzt.
Mit Blick auf einen verstärkten Einsatz von Sensoren zur Digitalisierung und Automatisierung können die Daten zur Wasseraufnahme die Landwirte bei der täglichen Tierkontrolle unterstützen. Daher sollte es ein Ziel sein, den Wasserverbrauch in einem Managementtool mit Daten aus Lüftungs- und Fütterungscomputern sowie mit aktuellen Tiergewichten, z.B. aus Sortierschleusen, zusammenzuführen. Dies ermöglicht einen Vergleich des gemessenen und kalkulierten Wasserverbrauchs anhand der definierten Formeln.
Kommt es zu Abweichungen, kann dies ein Hinweis für gesundheitliche Probleme sein. Ein zu hoher oder zu niedriger Wasserverbrauch kann auch auf defekte Tränken hindeuten. Weiterhin kann das Verhältnis aus Futter- und Wasseraufnahme herangezogen werden, um den Gesundheitsstatus abzuschätzen.
Fazit
Es zeigte sich, dass moderne Genetiken in der Mast mehr Wasser aufnehmen als die bestehenden Bedarfsformeln ausweisen. Neue Formeln auf Basis des Stallklimas sowie der Lebendmasse der Tiere scheinen den Wasserverbrauch besser abbilden zu können. Die Daten zum Wasserverbrauch sollten genutzt werden, um ein Managementtool zu entwickeln. Dies kann ein wichtiges Hilfsmittel bei der Tierkontrolle sein.
Kontakt: patrick.schale@thuenen.de; Angelika.Gruempel-Schlueter@fli.de
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