Entspannte Sauen züchten

Haltung unkupierter Schweine, Ressourcenschonung, Bewegungsbuchten: Was kann die Zucht beitragen, um diese Themen zu lösen? Antworten von Dr. Barbara Voß und Dr. Hubert Henne, BHZP.

Die BHZP züchtet bereits seit vielen Jahren auf Gruppentauglichkeit bei Sauen. Was sind ihre wichtigsten Erkenntnisse?

Voß: Im Rahmen von Forschungsarbeiten konnten wir schon 2008 zeigen, dass das Verhalten von Sauen beim Gruppieren auch von genetischen Faktoren beeinflusst wird. In unseren Basiszuchtbetrieben werden daher seitdem alle Stammsauen auf ihre Gruppentauglichkeit hin geprüft.

Wie genau prüfen Sie darauf?

Voß: Der Test findet bei Jungsauengruppen in den Eingliederungs- und Anlernphasen an der Abrufstation statt. Tiere, die sich hier im übertragenen Sinne wie ein angstbeißender Hund verhalten, also unbegründet Auseinandersetzungen anzetteln, selektieren wir direkt wieder aus.

Das Schwein lebt in hierarchischen Systemen und die Ausbildung einer Rangordnung gehört zu den normalen Verhaltensmustern. Durch die Selektion greifen wir in das normale Verhalten nicht ein, sondern wir suchen nur diejenigen Tiere heraus, die zu Überreaktionen neigen.

Zeigt diese Selektion weitere Folgen?

Voß: Ein weiterer positiver Effekt zeigte sich hinsichtlich des Lern- und Anpassungsverhaltens an neue Techniken. Tiere, die entspannter in der Neugruppierungssituation sind, gehen entspannter an neue Techniken und Umwelten heran. Neudeutsch würde man das heute „open mind“ nennen, also offen und aufgeschlossen allem Neuen gegenüber.

Ruhige Sauen wünscht man sich auch beim Abferkeln. Wie selektieren Sie hier?

Voß: Schon 2014 haben wir in der Basiszucht in Bewegungsbuchten investiert. Im Rahmen des Forschungsprojektes FreeSow haben wir dann standardisierte Verhaltenstests entwickelt, die die tägliche Routine mit freier gehaltenen Sauen abbilden. Wichtige Aspekte dabei waren die Sau-Ferkel- und die Sau-Mensch-Beziehung.

Einer dieser Tests ist z.B. der sogenannte Dummy-Arm-Test, bei dem die Situation des Ferkeleinfangens simuliert wird. Ein großer Anteil der Sauen reagiert sehr ruhig auf diese Situation. Sauen, die in diesem Test andeuten, ein Sicherheitsrisiko für Ihre Betreuer darzustellen, werden konsequent gemerzt.

Insgesamt zeigte sich, dass diese und weitere Verhaltenseigenschaften Erblichkeiten zwischen 13 und 19% aufweisen und sie daher geeignet sind, liebe und sowohl den Ferkeln als auch dem Menschen zugewandte Tiere zu selektieren.

Findet sich das auf dem Genom wieder?

Henne: Wenn das Merkmal neben den Umwelteffekten auch durch Vererbung geprägt wird, finden sich dafür verantwortliche Gene. Meistens sind diese nicht direkt bekannt, sondern wir bekommen Hinweise durch gekoppelte genetische Marker, sogenannte SNPs. Diese sind entweder schon auf dem für die Genotypisierung verwendeten SNP-Chip vorhanden. Oder sie werden neu darauf verankert, wenn es sich um bislang unbekannte SNP-Marker handelt.

Die SNP-Marker werden dann im Rahmen der genomisch...