Warum züchten Sie Iberico-Schweine?
Meine Leidenschaft für das gute Essen spielt eine Rolle, ebenso der Gedanke, ein Stückweit raus aus der konventionellen Erzeugung zu kommen. Die Iberico-Schweine leben in einer großen Herde. Das doppelt umzäunte 5 ha-Gehege ist in vier Parzellen aufgeteilt. Dort dürfen die Tiere nach Herzenslust wühlen und suhlen. Schutz finden sie im Stall. Mit dieser Haltung kann ich mich voll identifizieren.
Ihr Schwerpunkt ist die Mast?
Richtig. Unser Betrieb verfügt über 2 800 Mastplätze und wir bauen auf 130 ha hauptsächlich Getreide an. Auch wenn wir derzeit wegen fehlender Wirtschaftlichkeit keine Ferkel aufgestallt haben, ist die konventionelle Mast vorerst weiter eines unserer Standbeine.
Warum gerade die Rasse Iberico?
Das Iberische Schwein ist eine in Südwestspanien sowie in Portugal heimische, extensiv gehaltene Schweinerasse. Sie ist bekannt für den einzigartigen Geschmack und die Zartheit des marmorierten Fleisches. Die Rasse Iberico besitzt außerdem einen Genotyp für weichere Fette mit niedrigem Schmelzpunkt, welche nicht nur für einen guten Geschmack sorgen, sondern auch gesünder sind als das Fett mit höherem Schmelzpunkt.
Wie sind Sie angefangen?
Tatsächlich habe ich mit fünf Ferkeln begonnen, die ich teuer eingekauft habe. Zwischendurch hatte ich über Sperma Zugriff auf Genetik direkt aus Spanien. In einem Pachtstall abseits des Betriebes habe ich Schritt für Schritt eine reinrassige Herde aufgebaut.
Wie wird remontiert?
Derzeit setze ich zwei Natursprungeber aus unterschiedlichen Linien ein. Auch habe ich einige Berufskollegen kennengelernt, die ebenfalls mit Iberico arbeiten. Dieses Netzwerk brauche ich für den künftigen Genaustausch.
Sind die Iberico-Betriebe organisiert?
Ein Herdbuch oder ähnliche Strukturen gibt es noch nicht. Es wäre wünschenswert, wenn hier die Kräfte gebündelt und die Zucht entsprechend gefördert werden würde.
Wie viele Iberico-Sauen halten Sie zurzeit?
Wir haben derzeit ca. 45 Sauen, die nicht mehr auf dem Pachtbetrieb, sondern auf unserem Stammbetrieb in umgebauten Ställen mit geschlossenem Spaltenböden. Wir lassen die Sauen in Gruppen laufen und streuen ein. Die Ferkelschwänze bleiben lang und die Eberferkel werden unter Narkose vom Tierarzt kastriert.
Wie fruchtbar ist die Rasse?
Die Fruchtbarkeit bzw. Aufzuchtleistungen sind nicht zu vergleichen mit der von weißen Rassen. Unser Ziel ist, jährlich 12 bis 15 aufgezogene Ferkel pro Sau, sodass wir kontinuierlich etwa 50 Ferkel pro Monat absetzen. Diese durchlaufen dann die Aufzucht und werden mit 50 kg in die Mast umgestallt.
Wie lange mästen Sie die Tiere?
Wir mästen die eher flach bemuskelten Tiere bis ca. 160 kg Lebendgewicht, um an die üblichen Schinkengewichte von 22 bis 25 kg heranzukommen. Die Schweine sind dann über 16 Monate alt.
Wie wird gefüttert?
Wir setzen vor allem eigene Gerste und ein bisschen Weizen ein und füttern nach Kurve, um einer Verfettung vorzubeugen. Den auf heimische Eiweißpflanzen basierenden Ergänzer kaufen wir zu. Auch arbeiten wir mit speziellen, natürlichen Futterzusätzen, die sich positiv auf die Qualität des fein marmorierten Fleisches auswirken sollen. Eicheln, wie die Südspanier, verfüttern wir nicht.
Wie teuer ist die Mast?
Die Tiere wachsen langsam und für ein Kilo Zuwachs brauche ich doppelt so viel Futter wie konventionell wirtschaftende Betriebe. Am Ende kostet die Mast doppelt so viel wie unter herkömmlichen Bedingungen.
Wo werden die Tiere geschlachtet?
Regional. Uns sind kurze Transportwege zum Schlachthof mit eigenem Pkw-Anhänger wichtig. Die Tiere kommen stressfrei dort an und haben vor der Schlachtung einige Stunden Zeit, in kleinen Gruppen zu entspannen. Anschließend erfolgen die Betäubung mit einer Stromzange sowie eine schonende Weiterverarbeitung.
Und die Zerlegung?
Das Fleisch reift fünf Tage, bevor es zerlegt wird. Die Zuschnitte sind die bei uns üblichen. Wir haben aber auch spezielle Cuts aus Spanien erprobt, die von den Kunden angenommen werden.
Wie werden die Produkte vermarktet?
Die Vermarktung läuft über den eigenen Hofladen mit einer Stückzahl von 15 Tieren im Monat sowie über Metzger, Feinkosthändler, Gastronomen und Spitzenköche. Unser Ziel ist, in diesem Jahr etwa 500 Tiere abzusetzen.
Was sind die Topseller?
Eindeutig der 16 Monate an der Luft getrocknete Schinken. In unserem gläsernen Schinkenreiferaum auf dem Hof kann sich jeder ein Bild machen. Definierte Temperatur und Luftfeuchte sowie eine Wand aus Himalaya-Salz sorgen für ein perfektes Klima und für einen unverwechselbaren, milden Geschmack.
Wer sind die Kunden?
Es sind Verbraucher, die ein gutes Stück Fleisch schätzen und unsere Haltungsform unterstützen. Viele kommen aus dem städtischen Umfeld und nehmen auch größere Anfahrtswege in Kauf. Corona hat unserer Online-Vermarktung einen Schub gegeben, die wir weiter ausbauen wollen. Über Grillevents und Veranstaltungen machen wir jetzt wieder regelmäßig auf uns aufmerksam.
Wie teuer sind die Produkte?
Wir orientieren uns auch an den Preisen der Mitbewerber, die Fleisch von 100 % Iberico aus Spanien anbieten. Im Online-Shop kostet das Nackenkotelett 46 €/kg oder der luftgetrocknete Iberico-Schinken 108 €/kg. Aber auch die Steaks, Filets, Rippchen oder Bäckchen machen richtig was her.
Geht der aufgestellte Businessplan auf?
Ich wollte klein anfangen, lernen, überzeugen und dann sortieren und größer werden. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Die Investitionen für den Stallumbau, den Hofladen, die Schinkenreifekammer und die Einfriedung haben wir weitestgehend aus dem laufenden Betrieb getätigt.
Was sind die größten Herausforderungen?
Uns ist es wichtig, die gesamte Kette vom Ferkel bis zum fertigen Produkt abzubilden. Dies erfordert große Anstrengungen. Dabei habe ich insbesondere den Part der Vermarktung neu lernen müssen und den Begriff Iberico Westfalia schützen lassen. Ich habe mich zum Diplom-Fleischsommelier ausbilden lassen, um mit Metzgern auf Augenhöhe reden zu können. Ferner ist für uns die Präsenz auf verschiedenen Kanälen wichtig, kostet aber auch viel Zeit.
Kann Ihr Weg für andere interessant sein?
Sich mit der Produktqualität und neuen Haltungsformen zu beschäftigen ist immer richtig. Ich sehe ein großes Potenzial für die Feinschmecker-Schiene. Doch eine Erfolgsgarantie gibt es nicht.
Fazit
- Christian Vincke hat eine Iberico-Zucht nahe Münster aufgebaut.
- Wegen des hohen intramuskulären Fettgehaltes zählt das Fleisch zur absoluten Premiumstufe.
- Die Produkte werden über den Hofladen, angeschlossene Metzgerbetriebe und online angeboten.
- Dieses Jahr sollen 500 Iberico-Tiere vermarktet werden.