Landkreis Emsland hebt Schutzzone auf ​ ​ ​

Die Vermarktungssituation im ASP-Gebiet bleibt aber äußerst angespannt.

Rund einem Monat nach dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in der niedersächsischen Gemeinde Emsbüren hat der Landkreis Emsland am vergangenen Freitag die Schutzzone mit einem Radius von 3 km um den Ausbruchsbetrieb aufgehoben. Nach Angaben des Kreises hat es bei den intensiven Beprobungen von Schweinen der 31 in der Zone liegenden Betriebe keine weiteren Virusnachweise gegeben, und eine amtliche Abnahme der ersten Reinigung sowie Desinfektion der Haltung sei erfolgt. Mit der Aufhebung entfallen für die Schweinehalter der ehemaligen Schutzzone die strengsten Tierseuchenregeln; es gelten nun die Vorschriften der Überwachungszone mit einem Radius von 10 km um den ASP-Hof. Damit können laut Kreis wieder Ferkel mit behördlicher Genehmigung in andere Betriebe in der Überwachungszone verbracht werden, zudem müssen Schlachtviehtransporte auf dem Weg zum Schlachthof nicht mehr verplombt werden.

Insgesamt bleibt die Vermarktungssituation in der Überwachungszone für die Schweinehalter aber angespannt. Zwar konnten vorvergangene Woche die ersten Mastschweine von dort bei Manten in Geldern geschlachtet werden und vergangenen Freitag wurde die Genehmigung für weitere rund 1 900 Schlachtschweine aus der Sperrzone erteilt. Laut dem niedersächsischen Agrarressort gibt es zudem positive Signale, dass in dieser Woche weitere Schlachtunternehmen folgen werden. Ressortchefin Barbara Otte-Kinast appellierte an die Branche: „Es ist unbedingt notwendig, dass die gesamte Wertschöpfungskette jetzt Teil der Lösung ist und es nun zügig weitergeht“. Das Ministerium verwies in diesem Zusammenhang auf den erweiterten Erlass, demzufolge das Verbringen von Schweinen aus der Überwachungszone in andere Betriebe innerhalb der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim mit behördlicher Genehmigung möglich ist; dort gebe es freie Mastplätze.

Doch es drängen nun wöchentlich Tausende weitere überschwere Tiere aus den Restriktionszonen auf den Markt, deren Fleisch mit Sonderbehandlung verarbeitet werden muss. Die Bemühungen um dringend benötigte zusätzliche Schlacht- und Verarbeitungskapazitäten gehen deshalb weiter. Die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) bemängelte, dass sich offenbar eine ganze Reihe von Fleischverarbeitern beziehungsweise Wurstherstellern an dieser Stelle wegducken wollten. „Wir fordern ein hohes Maß an Engagement bei der Lösung dieser Notsituation. Dabei spielen auch die Fleischwerke des Lebensmittelhandels eine entscheidende Rolle", betonte ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack.

Wie das Landvolk Niedersachsen und die ISN vergangene Woche mitteilten, sind rund 250 Betriebe in den Kreisen Emsland und Grafschaft Bentheim durch die angeordneten Quarantänemaßnahmen massiv bei der Vermarktung ihrer Schweine gestört. Wegen der dramatischen ökonomischen Verluste fordern der Landesbauernverband und die ISN eine Fristverkürzung der angeordneten Restriktionsmaßnahmen, wie dies bereits in Mecklenburg-Vorpommern nach dem ASP-Ausbruch bei Hausschweinen umgesetzt worden sei. „Einerseits dürfen zur Mast bestimmte Ferkel nicht ohne behördliche Genehmigung in Mastställe verbracht werden, andererseits gibt es hohe Anforderungen an die Schlachtung und an die Weiterverarbeitung von Fleisch, die den Handel mit rund 200 000 Schweinen enorm einschränken“, erläuterte Landvolk-Vizepräsident Jörn Ehlers. Die Schweinehalter zahlten so für jedes Schwein drauf, anstatt Geld zu verdienen. Rechtliche Grundlage für diese Maßnahmen zur Seucheneindämmung ist ein Durchführungsbeschluss der EU-Kommission, der bis zum 14. Oktober Gültigkeit hat. Oberstes Ziel von Landvolk und ISN sowie aller Beteiligten bleibe, die von der EU festgelegte Frist deutlich zu verkürzen, wie es zuvor nach dem ASP-Ausbruch bei Hausschweinen in Mecklenburg-Vorpommern gelungen sei. Voraussetzung hierfür sei, dass es zu keinem weiteren ASP-Ausbruch in Niedersachen komme und die Biosicherheitsmaßnahmen in den Ställen strikt eingehalten würden.

Eine Lösung für die entstandenen Mehrkosten und erheblichen Mindererlöse für Ferkel und Schlachtschweine lässt bisher auf sich warten. „Die betroffenen Ferkelerzeuger und Schweinemäster sind unverschuldet in diese Krise geraten und dringend auf eine finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite angewiesen“, betonte der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes. Schließlich seien es die amtlich angeordneten Quarantänemaßnahmen, die - wie auch schon bei Corona - zu den massiven Vermarktungseinschränkungen führten. Der ISN-Vorsitzende verwies zudem auf die kürzlich angekündigten staatlichen Hilfen in Italien in Höhe von 25 Mio. € für den Schweinesektor in Folge von wirtschaftlichen Schäden durch die ASP. Er forderte von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir deutlich mehr Engagement. „Als möglicher Zugführer scheinen er selbst und sein Ministerium in Sachen ASP vollkommen abgetaucht", monierte Dierkes. Der Bund müsse endlich aktiver werden, denn schließlich seien die Folgen dieser Tierseuche länderübergreifend zu regeln und Bundes- und EU-Recht bei der Bekämpfung umzusetzen. „Es kann doch nicht angehen, dass der Bund die Länder und Landkreise mit der Umsetzung alleine lässt", monierte der ISN-Vorsitzende. Aus seiner Sicht muss es auch in Deutschland eine begleitende finanzielle Unterstützung der Betriebe durch den Staat geben. Auch bei der so wichtigen Fristverkürzung für die Restriktionen solle Özdemir und sein Ministerium endlich mit vollem Engagement „die Führung des Zuges“ übernehmen.


Mehr zu dem Thema