SUS 4 / 2023

Preise gut, alles gut?

Die Veredlungsbetriebe brauchen nicht nur faire Preise, sondern auch eine Perspektive, sagt SUS-Redakteur Marcus Arden.

Ferkelerzeuger und Schweinemäster können wirtschaftlich endlich Luft holen. Nach drei katastrophalen Jahren knacken die Notierungen derzeit einen Rekord nach dem anderen: Die Ferkelpreise kratzen an der 100 €-Marke. Und 2,50 € pro kg Schlachtgewicht haben selbst eingefleischte Mästerprofis bis dato noch nicht erlebt.

So darf es weitergehen! Und die Aussichten sind gut. Marktexperten rechnen damit, dass die Veredler auch über den Jahreswechsel hinaus vollkostendeckende Erlöse erzielen. Denn das Angebot an Schweinen sinkt europaweit:

Spanien kassiert nach Jahrzehnten des Wachstums einen Dämpfer nach dem anderen. Satte 9 % beträgt der Rückgang bei Schlachtschweinen im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Jahr davor betrug das Minus 3 %. Die Sauenverluste durch die neue PRRS-Virusvariante Rosalia sind höher als gedacht. Manche Betriebe verlieren bis zu 10 % ihrer Sauen. Probleme bereiten die steigenden Produktionskosten. Die Arbeit wird immer teurer, weil Leute fehlen.

„Was nutzen gute Erlöse,

wenn die Perspektive fehlt.“

In Dänemark bauen die Ferkelerzeuger ihre Bestände konti­nuierlich ab. Bereits seit Anfang 2022 liegt der Bestand konstant unter 1 Mio. Tiere – Tendenz weiter fallend. Es drängen weniger Dänen-Ferkel auf den deutschen Markt. Sie fließen jetzt nach Polen ab. Unsere osteuropäischen Nachbarn haben in zwei Jahren 30 % ihrer Sauen abgeschafft. Der deutsche Sauenbestand wird vermutlich noch stärker einbrechen als lange Zeit prognostiziert. Ob wir die Marke von 1 Mio. Sauen auf Dauer halten werden, ist längst nicht mehr sicher.

Jungsauen sind knapp. Die Sauenhalter haben großen Nachholbedarf bei der Remontierung. Die vielen „alten Tanten“ im Bestand führen dazu, dass weniger Ferkel am Markt sind. Preise gut, alles gut? Mitnichten! Die schönsten Ferkel- und Schweineerlöse helfen der Branche nur weiter, wenn sie mit dem verdienten Geld in ihre Zukunft investieren kann. Andernfalls geht der Strukturbruch weiter.

Umso wichtiger ist es, dass die Politik endlich ein Gesamtpaket schnürt, das Perspektiven für die Veredler schafft. Zwar hat Bundes­agrarminister Cem Özdemir das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz mithilfe eigener Mehrheiten und entgegen vielfach geäußerter Kritik durch alle politischen Instanzen geboxt. Aber es bleibt Stückwerk. Kein Landwirt wird in die von Özdemir favorisierten höheren Haltungsformstufen 3, 4 oder 5 investieren. Denn bislang sind den Schweinehaltern nur höhere Kosten und mehr Arbeit sicher. Erst wenn die Preise auch für Tierwohlfleisch gut sind, ist diesbezüglich alles gut.