SUS 4-22

Strukturwandel flankieren

Im aktuellen Kommentar fokussiert SUS auf die Krise am Schweinemarkt.

Die Zahlen sind brutal: Zur Viehzählung im Mai standen nur noch 22,3 Mio. Schweine in deutschen Ställen. Das sind fast 10 % weniger als vor einem Jahr und der niedrigste Bestand seit der deutschen Wiedervereinigung. Innerhalb von zwölf Monaten mussten fast 10 % der Schweinehalter ihre Tore schließen.

Und die Krise ist nicht zu Ende. So haben manche LEH-Ketten im ersten Quartal 25 % weniger Schweinefleisch verkauft. Der Handel versucht mit Preissenkungen den Absatz anzukurbeln.

Laut Experten könnten künftig weniger als 700.000 Schweine pro Woche reichen, um unseren Markt zu bedienen. Die Schlachtindustrie reagiert bereits und drosselt ihre Kapazitäten (siehe Beitrag ab Seite 10). Die Hauspreise Mitte Juli zeigen, wie groß der Druck ist.

Auch die Schweinebranche braucht einen Masterplan für die Krise. Denn auf der Erzeugerstufe zeichnet sich ein Strukturbruch ab. In­­zwischen scheiden auch größere Schweinehalter aus, die gestern noch als gut aufgestellt galten.

In vielen Betrieben liegen die Nerven angesichts hoher Schulden und fehlender Perspektiven blank. Hier müssen versierte Berater von Verbänden, Erzeugergemeinschaften und Landwirtschaftskammern un­­terstützen. Auch der Steuerberater und die Bank müssen mit ins Boot. Ein Ampelsystem kann helfen, die Lage realistisch einzuschätzen:

  • Grün heißt, die Rahmenbedingungen passen. Gebäudestruktur, Flächenausstattung, biologische Leistungen, Hofnachfolge etc. ermöglichen eine Betriebsentwicklung.
  • Gelb heißt, einige Rahmenbedingungen sind aus dem Lot. Jetzt gilt es kritisch zu prüfen, ob und wie der Betrieb zukunftssicher werden kann.
  • Rot heißt, mehrere Faktoren blockieren die Zukunft. Dann gilt es, mit dem geordneten Ausstieg das Betriebsvermögen zu sichern.

Hier ist der Staat gefragt. Hilfreich wäre ein Ausstiegsprogramm wie in den Niederlanden. Doch das scheint bei leeren Kassen unrealistisch. Daher liegt der Fokus auf den Zukunftsbetrieben. Vor allem in puncto Genehmigung und Förderung von Tierwohlställen sowie bei der Herkunftskennzeichnung muss Berlin jetzt Planungssicherheit schaffen.