Unsere Autoren: Hauke Deeken, Alexandra Lengling, Manuel Krommweh, Prof. Wolfgang Büscher, Uni Bonn
Seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges stehen die Energiemärkte Kopf. Das trifft auch die Schweinehalter. Gefühlt macht sich jede Kilowattstunde Strom bzw. jeder Kubikmeter Gas, der durch den Zähler fließt, bei den Produktionskosten bemerkbar. Besonders betroffen sind die Sauenhalter, die für ihre Abferkel- und Aufzuchtställe viel Heizenergie benötigen. Auf einigen Betrieben haben sich im letzten Winter die Energiekosten pro verkauftem 25 kg-Ferkel auf mehr als 10 € verdoppelt.
Die Situation an den Strom- und Gasmärkten hat sich zwar auch jahreszeitlich bedingt etwas entspannt. Das alte Preisniveau liegt aber in weiter Ferne und der nächste Winter kommt gewiss. Daher ist jeder Schweinehalter angehalten, in seinem Betrieb nach möglichen Einsparpotenzialen zu suchen.
Genau das haben die Forscher des Instituts für Landtechnik der Universität Bonn zusammen mit verschiedenen Industriepartnern im Praxisprojekt „EnergARA“ getan. In einem zweijährigen Langzeittest haben sie untersucht, welches Potenzial die Wärmerückgewinnung über einen Luft-Luft-Wärmetauscher bietet. Gerade unter Einbeziehung der aktuellen Energiepreise ist man dabei zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen.
Wärme aus der Abluft nutzen
Die Ausgangslage für den Versuch sah so aus, dass in einem geschlossenen Schweinebetrieb ohne Wärmerückgewinnung rund 70 bis 90 % der Wärmeverluste über die Abluft erfolgen. Luft-Luft-Wärmetauscher machen sich diesen Umstand mittels eines einfachen Wirkungsprinzips zunutze. So werden im Inneren eines Tauschers Zu- und Abluft in Röhren im Wirbelstromverfahren aneinander vorbeigeführt. Dabei wird die thermische Energie von der warmen Abluft auf die kühlere Frischluft übertragen (siehe Übersicht 1).
Der für die Langzeituntersuchung ausgewählte Sauenhalter liegt in Niedersachsen und hat vor rund vier Jahren seinen Stallneubau mit dieser Technik ausgestattet. Außerdem rüstete er den Stall mit gut 4.100 Ferkel- und 128 Jungsauenplätzen sowie einem Deckzentrum freiwillig mit einem Abluftwäscher aus. Dadurch war bei der Planung des Stalles klar, dass es eine zentrale Abluftführung geben muss. Dies ist auch eine der wenigen baulichen Voraussetzungen für den effizienten Betrieb eines Wärmetauschers.
Frischluft um 14 °C angewärmt
Im Versuchsstall ist das Lüftungssystem so aufgebaut, dass die Abluft Unterflur abgesaugt und zuerst den zwei Wärmetauschern zugeführt wird. Anschließend passiert sie die nachgeschaltete Abluftreinigungsanlage. Bei hohen Luftraten bzw. Außentemperaturen im Sommer wird die überschüssige Abluft über einen Bypass und zusätzliche Ventilatoren direkt in den Biowäscher geleitet.
Grundsätzlich gilt dabei, je höher der Temperaturunterschied zwischen Frischluft und Abluft ist, desto größer ist die thermische Transferleistung der Wärmetauscher. Folglich wurden im Versuch die höchsten Wärmeübertragungen und Energieeinspareffekte in den kalten Jahreszeiten erreicht. Der Spitzenwert wurde bei einer Frischlufttemperatur von -4,1 °C gemessen. Hier konnten die Tauscher die Zulufttemperatur auf 6,7 °C und damit um fast 11 °C aufwärmen. Dies entspricht einer Heizleistung von knapp 95 Kilowatt (kW).
Auch im Sommer in Betrieb
An diese Werte reichte man im Sommer zwar nicht heran. Allerdings wurde selbst in den heißesten Monaten Juni bis August eine Auslastung von annähernd 50 % erreicht (siehe Übersicht 2). Vor allem in den kühlen Sommernächten erwärmten die Tauscher die einströmende Frischluft. Erst bei Temperaturen von 22 bis 25 °C wechselte die Technik in den Stand-by-Modus. Im Jahresmittel erzielte die Anlage so eine durchschnittliche Temperaturaufladung von rund 5 °C bzw. 40 kW.
Der Temperaturänderungsgrad, auch Rückwärmzahl genannt, ist ebenfalls ein interessanter Wert. Er gibt das Verhältnis der tatsächlichen Temperaturänderung im Wärmetauscher, sprich dem Anstieg der Frischlufttemperatur, zur maximal möglichen Temperaturänderung an. Letztere ergibt sich aus der Temperaturdifferenz von warmer Abluft und kalter Frischluft. Er lag während des Versuches im Mittel bei ca. 0,44.
Temperaturspitzen gekappt
Eine besondere Herausforderung für die Lüftungstechnik stellen die Tag-Nacht-Schwankungen und die Übergangsjahreszeiten dar. In diesen Zeitphasen ist die Temperaturamplitude, d. h. die Differenz zwischen der Höchst- und Tiefsttemperatur eines Tages, besonders groß. Das macht es schwierig, ein konstantes Stallklima zu halten.
Die Wärmetauscher haben die Frischluft in kühlen Sommernächten sowie an Kaltwettertagen im Frühjahr und Herbst erwärmt. Dadurch fiel die Temperaturamplitude der erwärmten Zuluft im Mittel rund 34 % kleiner aus, als die der stark schwankenden Außenluft. Eine Bewertung der Tiergesundheit war zwar nicht Bestandteil des Versuches. Dass gleichmäßige Abteiltemperaturen dem aber zuträglich sind, ist wissenschaftlich belegt. Zudem können durch die wärmere Zuluft im Winter höhere Luftraten gefahren werden. Das sorgt für eine niedrige Schadgaskonzentration in der Stallluft.
Überschaubare Baukosten
Die Projektteilnehmer setzten sich auch intensiv mit der ökonomischen Seite dieser Technik auseinander. Dabei flossen in die beispielhafte Kostenkalkulation ein, dass für die Installation der Wärmetauscher zusätzliche Material- und Montagekosten anfielen. Andererseits konnte der Betrieb die konventionelle Gasheizung etwas kleiner dimensionieren.
Unterm Strich wurden die Anschaffungskosten für die Heiz- und Wärmerückgewinnungsanlage auf ca. 120.000 € (brutto) beziffert. Die Kosten einer vergleichbaren Stallanlage ohne Wärmetauscher, aber mit einer leistungsstärkeren Heizung, lägen rund 8.000 € niedriger. Zudem war zu berücksichtigen, dass es aufgrund der Luftführung durch den Wärmetauscher zu steigenden Strömungswiderständen und einem erhöhten Leistungsbedarf der Ventilatoren kommt.
Während der Mehraufwand bei den Investitionskosten in einem mehrjährigen Abschreibungsmodell zu vernachlässigen war, wurde bei den Einspareffekten genau hingeschaut. Hier rechneten die Forscher aus, dass für jede zusätzlich aufgewendete Kilowattstunde Strom im Wärmetauschersystem über das Jahr gesehen fast 7 kWh an thermischer Energie zurückgewonnen werden konnte. Bei einem Einsatz von ca. 42.000 kWh Strom im Versuchsjahr bedeutet das eine Einsparung von mehr als 294.000 kWh Wärme. Das sind umgerechnet rund 40.000 l Flüssiggas bzw. unter Klimaschutzaspekten gut 51.000 kg an CO2-Emissionen.
Die Versuchsauswertung erfolgte vor Beginn des Ukrainekrieges, weshalb in der ursprünglichen Rentabilitätsberechnung für heutige Verhältnisse niedrige Strom- und Gaspreise angesetzt wurden. So bezifferten die Wissenschaftler den Einkaufspreis beim Strom auf 25 Cent (ct) je kWh. In der Gegenüberstellung der Aufwandskosten und der rückgewonnenen thermischen Energie bedeutete das für die Wärmerückgewinnung durchschnittliche spezifische Heizkosten von ca. 4,75 ct/kWh.
In einem Jahr 23.000 € gespart
Die Flüssiggaskosten lagen im Versuchszeitraum durchschnittlich bei rund 5,6 ct/kWh. Dadurch konnte selbst in diesem niedrigpreisigen Gasmarkt in 79 % der Betriebszeit günstiger mit dem Wärmetauscher geheizt werden. Bei der Gegenüberstellung des erhöhten Stromverbrauches mit den gesenkten Flüssiggas- bzw. Heizkosten schlugen am Ende Gesamteinsparungen von jährlich ca. 5.820 € zu Buche. Runtergebrochen auf einen Ferkelplatz waren das 1,41 € pro Jahr.
Noch viel markanter fällt die wirtschaftliche Betrachtung bzw. die Kostenersparnis beim Ansatz aktueller Strom- und Gaspreise aus. So hat der Versuchsbetrieb im Jahr 2022 bei Preisen von 32,3 ct/kWh Strom und 12,5 ct/kWh beim Gas rund 23.000 € an Energiekosten eingespart. Das sind 5,56 € pro Ferkelplatz. Die zusätzlichen Investitionskosten für die Wärmetauscher von rund 8.000 € hätten sich in diesem Preisgefüge bereits nach fünf Monaten amortisiert.
Das Forschungsprojekt „EnergARA“ wurde vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
Fazit
- In einem Stallneubau lief ein Langzeittest mit Wärmetauschern.
- Die besten Einspareffekte wurden im Winter erzielt. Im Hochsommer liefen die Tauscher aber zumindest auf Teillast.
- Die Wärmetauscher pufferten auch die Tag-Nacht-Schwankungen ab.
- In der Spitze wurde die Zuluft um bis zu 14 °C angewärmt.
- Im aktuellen Preisgefüge spart der Versuchsbetrieb über 23.000 € an Energiekosten pro Jahr.