SUS 5/2023

Robuste Schweine züchten

Kann die Künstliche Intelligenz (KI) bei der Zucht von weniger krankheitsanfälligen Schweinen helfen? Antworten von Dr. Jenelle Dunkelberger, Genetikerin aus den USA.

Topigs Norsvin züchtet seit vielen Jahren auf Robustheit und Sozialverhalten. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass es erhebliche, natürlich vorkommende ge­­netische Variationen in Bezug auf Ge­­sundheit, Robustheit und Verhaltensmerkmale gibt. Obwohl diese Merkmale komplex und tendenziell nur wenig vererbbar sind, können wir also danach selektieren. Und das mithilfe traditio­neller Züchtungsstrategien, die wir auch bei allen anderen wirtschaftlich wichtigen Merkmalen nutzen.

Was ist dabei die größte Herausforderung?

Unsere größte Herausforderung bei der Verbesserung dieser Merkmale ist die Phänotypisierung – also das Sammeln von Daten, die repräsentativ für die Ge­­sundheit, Robustheit oder das Verhalten eines einzelnen Schweins sind. Es ist einfach, beispielsweise dem Körpergewicht oder dem Rückenfett einen Zahlenwert zuzuordnen. Es ist jedoch viel schwieriger, die Gesundheit oder das Verhalten eines Tieres zu quantifizieren.

Wie schaffen Sie es trotzdem?

Beispielsweise laufen bei uns mehrere Projekte, in denen wir mithilfe von ­Vi­­deoaufzeichnungen viele Daten zum Verhalten sammeln. Inzwischen können wir dank KI jedes Tier individuell iden­tifizieren und verfolgen. Das ist natürlich eine große Errungenschaft, reicht aber allein nicht aus, um eine genetische Verbesserung zu ermöglichen.

Sondern?

Der entscheidende Schritt besteht darin, stundenlanges Videomaterial in einen oder mehrere Parameter zu übersetzen oder die Komplexität so zu reduzieren, dass man ein messbares Verhaltens­merkmal eines Schweins erhält. Dies sind letztlich die Daten, die wir brauchen, um in unserem Zuchtprogramm auf ein sozial verträglicheres Verhalten, bessere Gesundheit o. Ä. zu selektieren.

Welche Ansätze gibt es hier?

Unter dem Projektnamen „Findet Nemo“ haben wir eine sogenannte Krankheitsprovokationsstudie durchgeführt. Dafür haben wir Nachkommen unseres End­stufenebers TN Tempo und Nachkommen eines Konkurrenz-Ebers mit einem hochpathogenen Stamm des PRRS-Virus infiziert. Anschließend haben sich die Schweine – wie es für PRRS-Infektionen im Feld typisch ist – auf natürliche Weise mit anderen sekundären Krankheitserregern koinfiziert.

So konnten wir in das Modell sowohl virale als auch bakterielle Krankheits­erreger einbeziehen. Das wichtigste wissenschaftliche Ziel der Studie bestand darin, Unterschiede in der Reaktion auf die Krankheitsbelastung zu quantifizieren und zu bestimmen, wie viel dieser Variation genetisch bedingt ist.

Was haben Sie herausgefunden?

Die Ergebnisse dieses Projekts lieferten Hinweise auf Variationen sowohl zwischen den beiden Ebergenetiken als auch innerhalb der Eberlinien. Die TN Tempo-Nachkommen hatten im Vergleich zur Konkurrenzgruppe 53 g mehr...