Viele Schweinebetriebe müssen ihren Ammoniakausstoß laut TA Luft stark senken. Die Fütterung kann einen erheblichen Beitrag leisten, wie eine neue Studie zeigt.
Fred Schnippe, SUS
Beim Thema Ammoniak macht die Bundesregierung ernst. Bis zum Jahr 2030 soll der Ausstoß von NH3 um 29% sinken. Wobei die Landwirtschaft als Verursacher von 95% der Emissionen gilt. Ammoniak kann mit anderen Luftschadstoffen zu Feinstaub reagieren, der als gesundheitsgefährdend eingestuft wird.
Um gegenzusteuern, hat Berlin die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft verschärft (Beitrag Seite 16). So müssen bereits BImSchG-Betriebe mit mehr als 1500 Mast oder 560 Sauenplätzen ihren Ammoniakausstoß um 40% drosseln. Hierfür sieht das Regelwerk Abluftfilter oder Eingriffe in die Gülletechnik vor. Beide Wege sind teuer.
Das Positive: Die neue TA Luft erkennt die nährstoffreduzierte Fütterung als Maßnahme zur Senkung des Ammoniakanfalls an. Zudem sehen Experten die N/P-reduzierte Fütterung als kostengünstige Variante zur NH3-Minderung.
Bundesweite Studie
Um das Potenzial der Fütterung für die Luftreinhaltung zu bewerten, hat der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) eine bundesweite Studie durchgeführt. Hierzu wurden die zehn führenden Mischfutterhersteller in Deutschland befragt. Sie stehen für rund 45% der Schweinefutterproduktion. Die Futterhersteller wurden befragt, wie sich der Rohproteingehalt in typischen Mastrationen seit dem Jahr 2000 entwickelt hat und inwieweit ihre Kunden die Phasenfütterung umsetzen.
Die Befragung zeigt einen deutlichen Trend zu sinkenden Gehalten an Rohprotein (XP) im Mastfutter. Dies lässt sich über alle Futtersorten hinweg beobachten. Betrug der mittlere XP-Gehalt in der Vormast im Referenzjahr 2000 noch 17,4%, so sank er im Jahr 2010 auf 17,0% und im vergangenen Jahr sogar auf 16,4% bei 88% TS ab (Übersicht 1). In der Mittelmast zeigt sich der Trend zur Eiweißabsenkung noch etwas deutlicher. Innerhalb der 20-jährigen Betrachtungszeit gingen die durchschnittlichen XP-Ge- halte im Mittelmastfutter von 16,0 auf 14,8% zurück.
Proteinwerte stark gesenkt
Auch in der Endmast zeigen sich deutliche Veränderungen. Im Referenzjahr 2000 waren spezielle Rationen für den letzten Mastabschnitt wenig verbreitet. Im Jahr 2010 hatten sich Endmastfutter mehr etabliert und wiesen im Mittel 14,6% Rohprotein auf. Im Jahr 2020 sind Endmastfutter bereits weit verbreitet. Ihr durchschnittlicher XP-Gehalt ging mit 13,7% nochmals deutlich zurück.
Insbesondere in den vergangenen fünf Jahren begann die weitere Unterteilung der Endmast in zwei Phasen. Aufgrund des Nährstoffdrucks erfolgten zahlreiche Versuche mit sehr niedrigen Eiweißgehalten im letzten Mastabschnitt. Hierdurch konnte der XP-Gehalt in dieser letzten Phase im vergangenen Jahr im Mittel auf 12,9% gesenkt werden.
Der zunehmende Einsatz spezieller Endmastfutter verkörpert den Trend zur mehrphasigen Mast. So wurden im Referenzjahr 2000 noch 24% der Schweine einphasig mit Universalfutter versorgt, während die drei- und vierphasige Mast mit zusammen 17% eine untergeordnete Rolle spielen (Übersicht 2). Dies kehrte sich in den vergangenen 20 Jahren ins Gegenteil. So nutzten 2020 immerhin 40% der Betriebe drei- und 29% der Mäster vierphasige Rationen. Universalfutter wurden nahezu bedeutungslos.
Mastleistungen legen zu
Der Trend zu geringeren XP-Gehalten in den Mastabschnitten und die zunehmende Umsetzung der Phasenfütterung führten dazu, dass die Eiweißgehalte im Mastfutter insgesamt deutlich rückläufig sind. So kamen vor 20 Jahren im Schweinefutter noch im Mittel 16,4% Rohprotein zum Einsatz. Im vergangenen Jahr lag der XP-Gehalt in der Mastfütterung im Schnitt hingegen noch bei 14,6% (Übersicht 3, S. 32). Diese Senkung um 1,8 Prozentpunkte entspricht einer relativen Einsparung bei der Eiweißzufuhr um 11% binnen 20 Jahren.
Die Ersteller der Studie prognostizieren, dass sich dieser Trend in den nächsten fünf bis zehn Jahren fortsetzen lässt, wenn auch in etwas vermindertem Tempo. Dem liegt auch die Annahme zugrunde, dass die derzeit 25% besten Schweinebetriebe den Leistungsdurchschnitt in zehn Jahren verkörpern. Demnach könnte der mittlere XP-Gehalt im Schweinemastfutter bis zum Jahr 2030 um weitere 0,6 Prozentpunkte sinken.
Trotz reduzierter Proteinzufuhr legten die Mastleistungen kräftig zu. Innerhalb der vergangenen 20 Jahre stiegen die durchschnittlichen Tageszunahmen von 710 auf 860 g, während sich die Futterverwertung von durchschnittlich 1:2,98 auf 1:2,77 verbesserte.
Dabei ist zu beachten, dass die Schlachtgewichte im Betrachtungszeitraum um nahezu 4 kg stiegen. Ohne diesen Effekt wäre die Verbesserung der Futterverwertung noch stärker. Unter dem Strich werden heute zur Erzeugung von einem kg Schweinefleisch 7% weniger Futter benötigt als zur Jahrtausendwende.
Protein effektiver genutzt
Beim Protein sind die Effizienzsteigerungen in der Schweinemast noch größer. So waren im Jahr 2020 im Mittel 487 g Rohprotein nötig, um 1 kg Lebendmassezuwachs zu erzielen. Bis zum vergangenen Jahr ging dieser Wert auf 404 g XP zurück. Dies entspricht einer Verbesserung um 17% binnen 20 Jahren. Der Trend könnte sich fortsetzen, sodass im Jahr 2030 nur noch gut 370 g Rohprotein pro kg Schweinefleisch notwendig sind.
Eine verminderte Eiweißzufuhr bei einer gleichzeitig verbesserten Verwertung im Stoffwechsel führt dazu, dass die Schweine weniger überschüssiges Eiweiß ausscheiden. Damit geht der Anfall von Stickstoff und Ammoniak über die Gülle merklich zurück.
Um diesen Aspekt näher zu quantifizieren, geht die Studie von einem Proteinansatz in der Schweinemast von 160 g pro kg Lebendmasse aus. Dieser Wert ist als moderat einzustufen. So wurde z.B. bei Hybridebern ein deutlich höherer Proteinansatz von 184 bis 195 g je kg Lebendmassezuwachs ermittelt. Die Er- steller der vorliegenden Studie haben bewusst den moderaten Proteinansatz zugrunde gelegt, um diesen Punkt nicht zu überschätzen.
Stickstoff-Anfall bewertet
Auf dieser Basis lassen sich die Stickstoffausscheidungen der Tiere ableiten. Die Studie weist für das Startjahr 2000 einen Stickstoffanfall von 52,4 g je kg Lebendmassezuwachs in der Schweinemast aus. Bis zum Jahr 2020 ging dieser Wert auf 39 g zurück (Übersicht 4). Das entspricht einer Verminderung der Stickstoffausscheidungen in der Mast um 26% binnen 20 Jahren.
Bei diesem Parameter sehen die Fütterungsexperten ebenfalls weiteres Verbesserungspotenzial. Demnach könnten die N-Ausscheidungen je kg Zuwachs bis zum Jahr 2025 auf 36,4 und bis zum Jahr 2030 schließlich auf 33,8 g zurückgehen. Dies entspricht einer weiteren Verbesserung um 10 Prozentpunkte in den nächsten zehn Jahren.
Die positive Prognose der Experten fußt u.a. auf der Annahme, dass die biologischen Leistungen in der Mast weiter steigen. Wobei die Futterverwertung zunehmend eine Schlüsselrolle spielt. Auch bei der Phasenfütterung ist das Verbesserungspotenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. So füttern auch heute noch rund 30% der Mäster ihre Schweine maximal zweiphasig.
Allerdings ist vor allem in den vergangenen fünf Jahren ein zunehmender Trend zur mehrphasigen Fütterung zu beobachten. Dies geht mit weiter sinkenden XP-Gehalten einher, um die Tiere näher am Bedarf versorgen zu können. Früher häufig anzutreffende Sicherheitszuschläge verlieren vor allem in Regionen mit Nährstoffdruck an Bedeutung.
Neue Aminosäuren
In welchem Tempo die XP-Absenkung weiter vorangeht, hängt ebenso von den freien Aminosäuren ab. Denn sie haben die Schlüsselfunktion, um die Schweine auch bei niedriger Rohproteinzufuhr mit ausreichend Eiweißbausteinen zu versorgen. Hier bietet die Markteinführung der neu entwickelten Aminosäure L-Isoleucin zusätzliche Spielräume in der Mast. Im Ferkelbereich verfügt zudem mit Arginin eine weitere freie Aminosäure über eine Zulassung. Des Weiteren können Versuche mit Leucin das Angebot an freien Aminosäuren für die Schweinefütterung mittelfristig noch ausbauen.
23% weniger Ammoniak
Die zu erwartende Effizienzsteigerung in der Proteinversorgung trägt auch dazu bei, den Ammoniakausstoß der Schweinehaltung weiter zu vermindern. Der Hebel ist groß. So gilt: Ein Prozent weniger Rohprotein im Futter kann den Ammoniakanfall um rund 11% senken. Für die Reduktionsziele der Bundesregierung gilt 2005 als Referenzjahr. Seither ging der mittlere XP-Gehalt im Mastfutter um 1,5 Prozentpunkte zurück.
Bis 2030 ist insgesamt eine Absenkung um 2,1 Prozentpunkte beim XP-Gehalt möglich. Das entspricht einer Minderung des NH-Anfalls um gut 23%. Die Fütterung in der Schweinemast kann damit einen erheblichen Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten.
Den Originalbericht der DVT-Studie können Sie hier nachlesen.