Futtermittelindustrie betont Systemrelevanz ​ ​ ​

DVT-Präsident Lahde forderte, in Europa eine größere Unabhängigkeit für die landwirtschaftlichen Rohwaren zu schaffen.

Die Bedeutung der Futtermittelbranche auch für die Ernährungssicherung hat der Präsident des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT), Jan Lahde, unterstrichen. Es bleibe eine „wichtige Aufgabe, die Entscheidungsträger davon zu überzeugen, dass Futtermittelrohstoffe systemrelevant sind“, sagte Lahde bei der DVT-Jahrestagung am vergangenen Donnerstag in Berlin. Ebenso sei es wichtig, die Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeitsziele gemeinsam zu gewährleisten und nicht gegeneinander aufzuwiegen. Der als Gastredner geladene Prof. Hermann Lotze-Campen mahnte indes an, dass zur Erreichung der Klimaschutzziele eine Reduzierung der Tierbestände um mindestens 50 % bis zum Jahr 2050 erforderlich sei. Unterdessen dürfte eine politische Einigung hinsichtlich der Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung in Deutschland noch etwas länger auf sich warten lassen. Nach Einschätzung des landwirtschaftspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker, ist damit erst im kommenden Jahr zu rechnen. Der Grund hierfür seien die bekannten Auffassungsunterschiede zwischen seiner Partei und insbesondere den Grünen.

Lahde betonte, dass zur Bereitstellung und Produktion hochwertiger Lebensmittel von Fleisch über Milch bis hin zu Käse, Joghurt, Butter oder Eiern die Sicherstellung der Rohstoffe ebenso wie eine wirtschaftliche Energieversorgung für die Tierernährung essenziell seien. Der DVT-Präsident forderte, in Europa eine größere Unabhängigkeit für die landwirtschaftlichen Rohwaren zu schaffen. Dazu seien weitere Maßnahmen erforderlich, um insbesondere die heimische Eiweißproduktion zu stärken. Lahde bezeichnete die Transformation der Tierhaltung als ein Kernanliegen der Futtermittelbranche. „Der Konflikt zwischen Teller, Trog und Tank muss neu und ideologiefrei bewertet werden“, so der Verbandspräsident.

Lotze-Campen warnte indes, dass die klimabedingten wirtschaftlichen Schäden in der Landwirtschaft enorm sein dürften, sollten die politisch festgelegten Emissionsreduktionsziele verfehlt werden. „Jedes Zehntel Grad Erwärmung erhöht die klimabedingten Risiken“, stellte der Abteilungsleiter des Bereichs „Klimaresilienz“ am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung (PIK) klar. Die nächsten 30 Jahre seien für die langfristige Entwicklung entscheidend. Alle langfristigen Modellierungen gingen davon aus, dass eine Reduzierung des Konsums tierischer Produkte um mindestens die Hälfte erforderlich sei, um das 2 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Der Agrarsektor trägt laut Lotze-Campen mit 25 % zu den globalen Gesamtemissionen bei. Davon seien 70 % dem Tierhaltungssektor zuzuschreiben. Damit stehe die Tierproduktion im Fokus der Einsparmaßnahmen.

Zur geplanten Tierhaltungskennzeichnung stellte Hocker in einer Podiumsdiskussion fest, dass noch in diesem Jahr die parlamentarischen Beratungen über den Gesetzentwurf der Bundesregierung beginnen würden. Hier geht der FDP-Politiker von einer Verabschiedung der Regelung im ersten Halbjahr 2023 aus. Der Vorsitzende des Bundestagsernährungsausschusses, Hermann Färber, kritisierte indes erneut das Ausbleiben politischer Entscheidungen der Koalition zur Tierhaltung. „Ohne baldige Einigung auf ein Finanzierungskonzept für den Umbau der Tierhaltung verabschiedet sich Deutschland von weiten Teilen der heimischen Ferkelzucht“, warnte der CDU-Politiker. Er warf der Ampelkoalition vor, die von der Borchert-Kommission ausgearbeiteten Empfehlungen zu verschleppen. „Die Konzepte liegen auf dem Tisch liegen und müssen nur umgesetzt werden“, betonte der Unionsabgeordnete. AgE