Reportage

Nebenprodukte sparen bis zu 10 € pro Tier

Der Kombibetrieb Fangmann füttert vier verschiedene Nebenprodukte in der Aufzucht und Mast.

Was Nebenprodukte betrifft, hat sich Peter Fangmann zum echten Experten entwickelt. „Anfangs suchten wir nur eine Komponente, die unser Flüssigfutter homogen hält. Dann zeigte sich, dass die Nebenerzeugnisse weitere Vorteile mit sich bringen, vor allem für die Tiergesundheit“, schildert der Landwirt. Heute füttert der Kombibetrieb vier verschiedene Nebenprodukte.
Die Schweinehaltung von Familie Fangmann verteilt sich auf vier Standorte im Südwesten Niedersachsens. Am Stammbetrieb in Dinklage stehen die Sauen. Im Zuge der letzten Preiskrise hat der 51-Jährige auf 650 Muttertiere abgestockt. Mit dieser Herde kann er den Großteil seiner Ferkel selbst mästen.Die Danbred-Sauen erzielen inzwischen 37,5 abgesetzte Ferkel pro Jahr. „Wir konnten unsere Wurfgröße noch steigern, weil wir die Ferkelerzeugung auf unsere neueren Gebäude konzentriert und die Herde verjüngt haben“, erklärt der Praktiker.
Neben dem Stammbetrieb führt Familie Fangmann einen weiteren Eigentumsbetrieb nördlich von Bersenbrück. „Uns war wichtig, dass der zweite Standort gute Entwicklungsmöglichkeiten bietet“, betont der Landwirt. Auf dem zweiten Betrieb hat die Familie mehrere Gebäude neu errichtet. Dazu gehören 2.500 Mast- sowie 4.000 Ferkelaufzuchtplätze. Zudem beherbergt der Standort 350 Jungsauenplätze für die Eigenremontierung. Als weiteres Standbein hat die Familie eine 500 kW-Biogasanlage gebaut. In der Region wurden zudem zwei Mastställe mit insgesamt 3.000 Plätzen zugepachtet.
Die Inhaber Peter und Daniela Fangmann können größtenteils auf einen langjährigen Mitarbeiterstamm zurückgreifen. Im Team gibt es eine klare Aufgabenverteilung. Für die beiden Eigentumsstandorte ist jeweils ein Betriebsleiter verantwortlich. Außerdem hat das Unternehmerpaar fünf Festangestellte sowie eine Aushilfe. Die Mitarbeiter übernehmen eine breite Aufgabenpalette, die auch das Prüfen und Bestellen von Futtermitteln oder das Sortieren der Schlachtschweine umfasst. „Zuverlässige und verantwortungsbewusste Mitarbeiter sind unsere Basis“, schildert Peter Fangmann.

Fokus auf Nebenprodukte

Herzstück des zweiten hofeigenen Standortes ist die Futterzentrale. In dem großzügig angelegten und bis auf 3 m Höhe gefliesten Raum steht die Weda-Flüssigfütterungsanlage. Sie versorgt alle Stallbereiche von der Ferkel- und Jungsauenaufzucht bis zur Mast. Neben dem Hauptanmischbehälter verfügt die Anlage über drei Behälter für die Vormischungen. Für die Mast arbeitet der Betrieb mit zwei je 5.000 l fassenden Vormischtanks, die im sogenannten Batch-Verfahren parallel betrieben werden. „Einer der Tanks enthält die fertige Vormischung, während der andere Tank z.B. gereinigt wird oder die nächste Vormischung erstellt“, erklärt Futtermittelberater Stefan Janning von ForFarmers.
Die Vormischung für die Mast besteht zu 30% aus Feuchtmais. Dieser lagert luftdicht als Ganzkornsilage im 1.500 t fassenden Harvestore-Silo. „Da wir den Mais täglich frisch vermahlen, minimieren wir die Lagerverluste und erzielen eine hohe Schmackhaftigkeit“, stellt Peter Fangmann heraus. Feuchtmais bildet die alleinige hofeigene Futtergrundlage.
Neben dem Mais besteht die Vormischung aus je einem Drittel Wasser und flüssiger Weizenstärke. Dieses Nebenprodukt lagert der Betrieb in einem aufrecht stehenden, 55 m3 fassenden Polyestersilo direkt neben der Futterzentrale. „Die Weizenstärke bietet schnell verfügbare Energie und ist das mengenmäßig wichtigste Nebenprodukt unseres Kunden“, erklärt Berater Ronny Seidler vom Futtermittelbetrieb Dieckmann.

Schlempe für ältere Tiere

In der Vormast wird die Vormischung mit einem Anteil von 45% eingesetzt. Zudem besteht das Futter für die Vormast zu 40% aus einem Ergänzer, der neben den Eiweißkomponenten auch Getreide und Faserträger enthält. Ergänzend fügt die Anlage dem Vormastfutter eine kleine Menge Wasser sowie zwei weitere Nebenprodukte zu. Dies sind 3% Kartoffeldampfschalen und 6% einer Weizenschlempe aus der Ethanolherstellung. Die beiden weiteren Nebenprodukte lagert Fangmann ebenfalls in Polyestersilos direkt neben der Futterzentrale. Die Ration für die Mittel- und Endmast enthält dieselben Komponenten wie das Vormastfutter. Wesentlicher Unterschied ist, dass der Ergänzeranteil hier auf 31% reduziert und der Anteil der Ethanolschlempe auf 10% erhöht ist. „Schlempe enthält viel Eiweiß und ist für ältere Schweine gut geeignet. Bei den jüngeren Tieren drosseln wir die Menge wegen der geschmacklichen Nachteile“, erklärt der Landwirt.

In der Ferkelaufzucht verzichtet der Betrieb auf Ethanolschlempe und setzt stattdessen auf Molkekonzentrat. Dies ist schmackhaft und fördert die Futteraufnahme. Aus demselben Grund wird den Tieren auch zum Start in der Aufzucht das hochwertige Absetzfutter angeboten, das sie aus dem Abferkelstall kennen.

Neben der gezielten Auswahl der Futterkomponenten achten Fangmann und seine Mitarbeiter bei den Nebenprodukten auf die Eingangskontrolle: „Wir prüfen regelmäßig, wie die flüssigen Komponenten riechen und schmecken. Ein angenehm säuerlicher, nicht stechender Geruch ist eines der Hauptziele.“ Zudem wird der pH-Wert mit einem digitalen Messgerät ermittelt. Beispielsweise sollte der pH-Wert der Kartoffeldampfschalen am Tag der Anlieferung bei 4 liegen. „Im Lagersilo soll dann eine Milchsäuregärung ablaufen, wodurch der pH-Wert nach 12 bis 24 Stunden auf 3,5 sinkt“, schildert Berater Seidler.

Ein weiterer wichtiger Parameter ist der Trockensubstanzgehalt der Nebenprodukte. Diesen analysieren die Mitarbeiter mit einen digitalen Feuchtebestimmer. Das Gerät erhitzt die Produkte bis ihr Wasseranteil verdampft. Das Ergebnis der TS-Messung wird sofort im Fütterungscomputer eingetragen. So liegt der Anlage bei jeder neuen Futterlieferung ein aktueller Analysewert vor. Der TS-Gehalt von Kartoffeldampfschalen soll z.B. zwischen 12 und 14% liegen. Die Nebenprodukte werden auch nach ihrem TS-Gehalt abgerechnet. Da-zu Peter Fangmann: „Die Industrie hat die Nebenprodukte weiter standardisiert, sodass die TS-Werte bis auf wenige Ausnahmen gut eingehalten werden. Das ist unverzichtbar, damit ich die Produkte in puncto Nährwert und Preiswürdigkeit einordnen kann.“

Wichtig ist der TS-Gehalt der Nebenprodukte auch für die Konsistenz des trogfertigen Futters. Der Praktiker setzt auf dickflüssiges Futter mit 25% TS, um eine hohe Energiedichte zu erzielen. Nach seiner Erfahrung tragen die Nebenprodukte maßgeblich dazu bei, dass sich das Futter trotzdem gleichmäßig in den Langtrögen verteilt und homogen bleibt. Um die Zielwerte abzusichern, misst der Betrieb regelmäßig auch den TS-Gehalt des fertigen Futterbreis.

Mischtank

Die Flüssigfütterung greift auf sechs Ergänzer zu. (Bildquelle: Schnippe)

Passgenaue Ergänzer

Ein weiterer Erfolgsfaktor sind die sechs betriebsindividuellen Ergänzungsfutter. Diese machen relativ große Rationsanteile aus, da sie als Hauptkomponenten auch Getreide und Faserträger enthalten. „Wir brauchen spezielle Ergänzer als Ausgleich für die energie- und eiweißbetonten Nebenprodukte. Mit Ergänzern von der Stange kommt man in diesem Fall nicht weiter“, unterstreicht Berater Janning. Dies ist besonders wichtig, da der Betrieb in der Aufzucht und in der Mast stark N/P-reduziert füttert.

Der Landwirt achtet außerdem auf die Futterhygiene. Hier sind folgende Punkte hervorzuheben:

  • Die Milchsäuregärung der Nebenprodukte sorgt für eine hohe Lagerstabilität.
  • Die Molke lagert in zwei Erdtanks, um sie kühl zu halten.
  • Die Ethanol-Schlempe ist trotz Zukauf ganzer Lkw-Ladungen spätestens nach vierzehn Tagen verbraucht.
  • Rührwerke sorgen dafür, dass die Produkte in den Silos homogen bleiben.
  • Als Schiebemedium nutzt die Flüssigfütterung Weizenstärke, die aufgrund des niedrigen pH-Wertes Keime hemmt.

Der Landwirt kontrolliert außerdem regelmäßig die Hygiene in den Vorratssilos. Hierbei achtet er besonders auf die Ethanolschlempe. Denn hier kann es an warmen Tagen zur Hefenbildung und unerwünschten Essigsäureproduktion kommen. „Die übrigen Nebenprodukte sind aufgrund der niedrigen pH-Werte sehr stabil“, schildert der Landwirt. Dass sein Hygienekonzept aufgeht, macht Peter Fangmann auch an den guten Salmonellenergebnissen fest. So ist der Betrieb seit mehr als 20 Jahren kontinuierlich in der Kategorie 1.

Auch die biologischen Leistungen sind sehr gut. So lagen die Tageszunahmen in der Mast im vergangenen Halbjahr im Schnitt bei 950 g. „Durch die Umstellung auf einen wachstumsbetonten Endprodukteber konnten wir um mehr als 100 g zulegen. Die Tiere fressen heute so gut, dass wir etwa 15 bis 20% über der früheren Futterkurve liegen“, so der Schweineprofi.

Trotz der hohen Wachstumsleistung erzielen die Tiere gute Muskelfleischanteile von 60 bis 61%. Dies bringt der Landwirt auch damit in Verbindung, dass sein Team die Tiere durchgehend rationiert und zum Verkauf strikt sortiert. Zudem werden alle Schweine selbst zum Schlachthof gefahren.

Erdtank

Das Molkekonzentrat lagert in Erdtanks. (Bildquelle: Schnippe)

Niedrigere Futterkosten

Neben der Leistung wertet der Landwirt regelmäßig aus, ob seine Futterstrategie finanziell aufgeht. Im Schnitt der letzten Jahre bewertet er den Kostenvorteil der Nebenprodukte auf 3 bis 4 €/dt Trockenfutter bzw. bis zu 10 € je Tier. „Wir profitieren, weil wir vier Nebenprodukte je nach Tieralter gezielt einsetzen. In Betrieben mit ein oder zwei Nebenprodukten dürfte der Vorteil etwa halb so groß sein“, ordnet Fangmann ein.

Auch für die Zukunft sieht sich der Landwirt gut gerüstet. So dürften allein in Norddeutschland im nächsten Jahr rund 800.000 t Nebenprodukte zusätzlich auf den Markt kommen. Diese stammen vor allem aus der Papier- und Verpackungsindustrie, die durch den Onlinehandel angekurbelt wird. In dem Prozess fällt flüssige Weizenstärke an. „Schweinehalter sollten das wachsende Angebot nutzen. Wichtig ist, dass man die Qualität der Nebenprodukte kritisch prüft und die Hygiene im Griff hat“, resümiert Peter Fangmann.

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