Was bewirken mittelkettige Fettsäuren im Tierfutter?

Fettsäuremischungen können bestimmte Krankheitserreger abwehren und das Immunsystem unterstützen.

Seit Jahrtausenden nutzt der Mensch Seifen zum Reinigen und Desinfizieren. Tatsächlich bestand der älteste dokumentierte Seifenherstellungsprozess, der vor 5.000 Jahren im alten Babylonien stattfand, darin, tierische oder pflanzliche Fette mit Asche zu kochen. Wissenschaftlich betrachtet bedeutete das, Triglyceride in Fettsäuren aufzuspalten. Diese Fettsäuren besitzen sowohl hydrophile (wasserliebende) als auch hydrophobe (wasserabweisende) Eigenschaften. Und die einzigartige Kombination dieser Eigenschaften macht die Fettsäuren zu „Reinigungsmitteln", also zu Wirkstoffen, die fettige Bestandteile löslich machen können.

Antimikrobielle Eigenschaften

Die reinigenden Eigenschaften von Seife gehen weit über die Reinigung hinaus. Denn viele Mikroben, darunter auch Bakterien und Viren, sind von einer Membran aus Lipiden umgeben. Reinigungsmittel (sprich: Fettsäuren) können diese Membranen zerreißen und anschließend die Mikroben abtöten. Es ist kein Wunder, dass Chirurgen ihre Hände mit Seife schrubben, um Infektionen in Operationssälen vorzubeugen. Auch unser Körper nutzt diesen Mechanismus als natürlichen Selbstschutz: Unsere Haut enthält antimikrobielle Fettsäuren in Konzentrationen, die für bestimmte Krankheitserreger tödlich sind. Bemerkenswerterweise haben Mikroben auch nach 5.000 Jahren immer noch keine Resistenz gegen die Wirkung von Fettsäuren entwickelt, was ihre anhaltende Wirksamkeit erklärt, berichten Theo van Kempen, Global Tech Lead Pigs bei Agrimprove und Stacie Crowder, Director of Additive Sales and Technical Innovation bei PMI Additives.

Im Laufe der Jahrhunderte haben die Menschen ihr Verständnis der antimikrobiellen Eigenschaften von Fettsäuren perfektioniert. So weiß man heute beispielsweise, dass mittelkettige Fettsäuren (MCFAs) eine wichtige Lipidkategorie sind. MCFAs enthalten 6 bis 12 Kohlenstoffatome und bieten ein Gleichgewicht zwischen Hydrophilie und Hydrophobie, was zu einer sehr wirksamen mikrobiellen Membranzerstörung führt. Sie wirken wie eine Säge, dringen in mikrobielle Membranen ein und zerstören diese, wodurch Krankheitserreger effektiv neutralisiert werden.

Krankheitserregerkontrolle mit MCFAs

Fortschritte in der MCFA-Forschung haben zu Mischungen geführt, die für die Bekämpfung bestimmter Bakterienarten und den Einsatz unter unterschiedlichen Umgebungsbedingungen optimiert sind. Darüber hinaus hat man gelernt, Mischungen herzustellen, die nicht nach Seife schmecken, sodass sie dem Tierfutter zugesetzt werden können, ohne die Futteraufnahme zu beeinträchtigen. Beim Zusatz zu Tierfutter erfüllen MCFA-Mischungen einen doppelten Zweck: Sie desinfizieren das Futter und verbessern die Darmgesundheit.

• Untersuchungen der Kansas State University (Aldrich et al., 2019) haben gezeigt, dass MCFAs sich schnell im Futter bewegen und Salmonellenbakterien abtöten können. In der Studie sank die Salmonellenzahl der Futtermittel innerhalb von 4 Stunden nach der Herstellung des Futters von 100.000 Bakterien pro ml auf nicht mehr nachweisbar.

• Untersuchungen von Pipestone Research, South Dakota State und Kansas State haben gezeigt, dass der Zusatz von MCFA-Mischungen zu Tierfutter das Risiko verringern kann, dass Tiere aufgrund einer Futterkontamination mit PED- oder PRRS-Viren erkranken. Untersuchungen von Agrimprove haben ähnliche Auswirkungen auf das Vogelgrippevirus gezeigt.

• Andere Studien belegen die Fähigkeit von MCFAs, die Anzahl der Krankheitserreger im Darmtrakt zu reduzieren, insbesondere in sauren Umgebungen wie dem Magen. Selbst in geringen Konzentrationen kann MCFA die Anzahl von Krankheitserregern wie E. coli und Streptokokken reduzieren.

MCFAs unterstützen das Immunsystem

Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass MCFA mit dem Immunsystem interagiert und spezifische Membranrezeptoren wie GPR84 aktiviert. Diese Aktivierung löst Immunreaktionen wie Chemotaxis, Phagozytose und Zytokinsekretion aus, die die Fähigkeit des Körpers zur Bekämpfung von Infektionen verbessern.

Forschungsversuche mit MCFA-gefütterten Tieren, die von Stacie Crowder an der Purdue University und PMI Additives durchgeführt wurden, zeigen eine erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen eine Reihe von Krankheitserregern, darunter Viren wie PRRS und Bakterien wie Streptokokken:

• Die PRRS-Viruskopien waren um fast 70 % niedriger, was zu einer deutlichen Reduzierung der Krankheitssymptome führte, einschließlich einer 80 %igen Reduzierung der Lungenläsionen.

• Die Prävalenz von Streptokokken wurde ebenfalls um 40 % reduziert, ebenso wie andere opportunistische Krankheitserreger (z.B. Mykoplasmen um 48 %).

• Interessanterweise nahm die Zahl der Laktobazillen – ein Bakterium, das normalerweise als positiv für die Tiergesundheit gilt – um 60 % zu.

Feldbeobachtungen mit natürlichen PRRS-Infektionen bestätigten diese Ergebnisse (Tran et al., 2023).